Liberty: Roman
Aber du hast überhaupt nicht versucht, mich zu fangen.«
»Wie sollte ich dich fangen, wenn es bereits vier Chagga-Mädchen gibt, die eine Arbeit im Büro haben, aus guten Familien kommen und bereit sind, dir bei allem zu helfen? Und ich bin lediglich ein armes Mädchen von der Küste, die in einer Garküche arbeitet und deren Familie nicht einmal in der Nähe wohnt«, entgegnet sie.
»Aber als wir uns zum ersten Mal begegnet sind, da wusstest du doch, dass ich an dir interessiert bin?« Rachel antwortet nicht. »Oder?«, frage ich nach.
»Ja, aber vielleicht haben dich bloß alle schwarzen Mädchen interessiert.«
»Du hast gedacht, ich wäre so einer?«
»Nein, aber ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass du zurückkommen würdest, wenn du wirklich Interesse hast.« Ich lasse sie reden. »Und wenn alle anderen Mädchen dir bereits die Türen öffnen, bevor sie dich kennengelernt haben, dann würdest du die Tür, die noch immer geschlossen ist, vielleicht lieber selbst aufmachen«, fügt sie hinzu.
Ich wende mich ihr zu. »Glaubst du, ich komme nicht von dir los?«
»Ja«, sagt sie und lächelt.
»Hm.« Und dann lieben wir uns. Die Art, wie sie mich aufnimmt und in sich hält. Es braucht nur sehr wenig, um anzufangen. Es geht nur darum … dass sie mich hält und ich sie halte. Ja, wir rammeln wie die Karnickel, aber manchmal wollen wir uns einfach nur nahe sein. Als ob sie mir Ruhe schenken möchte, wie ein Geschenk. Es ist ein Geschenk. Und sie ist glücklich, schenken zu können.
Marcus
SCHEISSEBEUTEL
Als ich noch meinen Kopierladen hatte, war ich aller Welt Freund. Firestone, Abdullah, Khalid, Ibrahim, Rogarth. Jetzt weichen sie mir eher aus, wenn ich sie auf der Straße treffe. Sie arbeiten für Christian, und er spielt mit der großen Ausrüstung im Golden Shower; so gut, dass das Moshi Hotel blitzschnell die Hälfte der Kunden verliert.
»Wieso kannst du nicht selbst Discos veranstalten?«, fragt Claire.
»Meine Ausrüstung ist zu klein.«
»Es gibt doch auch Discos in den kleineren Bars mit nur einem Raum. Das müsste doch gehen.« Sie versteht nicht, dass die Attraktion nicht nur in der guten Musik und dem tollen Sound besteht, sondern auch der weiße Mann ein Zugpferd ist. Obwohl wir in einer selbstständigen Negernation leben, ist der Neger in seinem Kopf kolonialisiert, und das Weiße ist immer besser.
Nur Phantom ist weiterhin ein guter Freund.
»Bob Marleys Vater war ein weißer Mann«, sagt Phantom. »Aber als der weiße Mann sein Kind mit der dunklen Haut sah, bekam er es mit der Angst zu tun und floh, und Jah hat dieses gemischte Kind zu seiner Stimme auf Erden auserkoren, um den Unterdrückten zu helfen, sich zu erheben. Vertrau nie einem weißen Mann.«
Allerdings hat Claire recht. Ich muss etwas unternehmen. Wir haben nur die Hühner und den Kiosk. Niemand in Moshi will kaufen. Die gesellschaftliche Entwicklung geht bergab, es ist so gut wie kein Geld im Umlauf. Gleichzeitig ist der Markt in Kiborloni überschwemmt mit alten Klamotten aus Europa, denn der Europäer will dem Neger mit gebrauchter Kleidung helfen, die seine Ökonomie zu Staub zerfallen lässt.
Es bleibt die Idee, den Roots-Rock-Kopierladen zu einer Boutique für Snobs umzubauen. Denn die snobistischen Familien wollen nicht gesehen werden, wie sie wie die Hunde auf einem Müllplatz im Staub zwischen den kleinen, schmutzigen Holzbuden von Kiborloni herumstreunen – ihr Hausmädchen könnte dort sein und die feine Dame in Kleiderhaufen wühlen sehen, die europäische Menschen weggeworfen haben. Daher schicke ich Claires Mutter und ihre Schwester als Detektive nach Kiborloni. Sie sollen die schicken Sachen finden, die den Snobs der Innenstadt gefallen. Das ganze Zeug wird geflickt, gewaschen und gebügelt, und dann verkauft Claire es in der Boutique, die wir in Princess umbenannt haben. Und wir ergänzen die Auswahl der Waren um Schminke, Taschen und Haarspangen für Damen. Es funktioniert. Aber es reicht nicht zum Leben, denn plötzlich habe ich eine ganze Familie zu ernähren. Mich, Claire, ihre Mutter und ihre Schwester, ein Hausmädchen und einen Jungen, der sich um den Kiosk kümmert, tsk .
Claire findet junge unverheiratete Mädchen in Soweto und organisiert einen Kurs, in dem sie ihnen das Batik-Handwerk beibringt. Gegen ein kleines Entgelt sollen sie für uns produzieren, dann will Claire die Batiken in Kenia für eine große Summe verkaufen.
Alle guten Songs von Christians LP s habe ich auf Kassetten
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