Liberty: Roman
ist, hätte ich die Platten und alles andere in mein Haus mitnehmen können – und alles einschließen können. Und ich hätte der Einwanderungsbehörde von ihm erzählen können und dem Mann von der Steuer. Ich hätte dafür sorgen können, dass er sofort aus dem Land geschmissen wird. Ja, ich würde sogar juristisch sagen können, wir hätten zusammen Geschäfte gemacht, aber er hat das gesamte Geld bekommen. Ich habe Papiere, ich habe Buch geführt: Daten, Beträge, der gesammelte Betrag – und einiges davon ist mit seiner Handschrift geschrieben. Die Rechnungsbücher liegen in meinem Haus.
All diese Schritte könnte ich unternehmen, er könnte sogar ins Karanga Prison kommen – aber das würde sogar mir widerstreben. Und es würde, ach … Es ist, als würde man einen Affen betrachten; du kannst ihn nicht erschießen, du hast Mitleid mit ihm, ja. Denn seine Augen sind wie deine Augen. Ich höre jetzt einfach auf, lasse die Kaffeetasse stehen, gehe zurück – und schließe den Laden auf.
»Ich hoffe, du verstehst, dass das, was jetzt entsteht und wächst, notwendigerweise einmal zusammenbrechen wird. Der Trend des Lebens ändert sich nie. Du hast eine harte Zeit vor dir«, sage ich.
Er antwortet nicht.
Christian
Ich habe mit bwana Benson einen Termin vereinbart. Ich habe einen Notgenerator gekauft, um die Anlage betreiben zu können, wenn der Strom ausfällt, und mich vergewissert, dass der Generator leistungsfähig genug ist. Ich bin so gut wie pleite. Für das letzte Geld lasse ich Hunderte von kleinen Plakaten drucken, fast schon Flyer, A6-Format. In den Reggae-Farben Rot, Gelb, Grün und Schwarz – das Plattencover von Bob Marley & The Wailers Uprising herunterkopiert und unseren Namen draufgesetzt: Rebel Rock Soundsystem . Sowie eine kleine Karte, damit man zum Golden Shower findet. Ich habe Rachel eine alte Nähmaschine gekauft. Sie sitzt zu Hause und näht gelbe Hemden für die ganze Truppe, die aus mir, Rogarth, Khalid, Abdullah und Firestone besteht. Rogarth und ich werden uns als DJ s abwechseln, Khalid sitzt an der Tür und kassiert den Eintritt, Firestone hält Wache auf dem Parkplatz. Sonst verschwinden Scheibenwischer, Frontscheiben, Seitenspiegel und Radkappen, wenn gute Autos ohne Aufsicht auf dem Parkplatz stehen. Oder es kommt jemand, der weiß, wie man den Strom kurzschließt, um den Wagen wegzufahren. Nicht gut für den Kundenstrom. Im Golden Shower ziehen wir die Kabel für die Lautsprecher über die Dachsparren des Restaurants, damit wir die Anlage rasch aufbauen können. Ich will nicht riskieren, die Anlage eine Woche dort stehen zu lassen, nicht einmal die Lautsprecher von Samstag früh bis Samstagabend. Wer wäre verantwortlich? Niemand. Wir fahren, gehen und radeln herum, um die Plakate mit Klebeband und Heftzwecken aufzuhängen. Wir hängen viele auf. Die Leute sollen sie abreißen und mit nach Hause nehmen. Die smarten Typen aus der Innenstadt haben ihre Zweifel. » Tsk , nein«, sagen sie. »Versteht ihr, auf keinen Fall wird eine größere Menge Menschen da rauskommen, eine große Disco muss im Zentrum sein. Das Moshi Hotel besetzt den Markt.«
Wir starten an einem Freitagabend. Es wird dunkel. Wir haben so gut wie kein Licht – nichts blinkt. Nur eine Discokugel, um ein wenig Glanz zu verbreiten, und ein paar fluoreszierende Lampen. Ich bin unruhig, doch um neun Uhr passiert es. Die Leute strömen herein. Sie kommen von den Ausläufern des Kilimandscharo, aus Old Moshi. Sie kommen aus Majengo, sogar aus Kiborloni. Die Chagga kommen, um zu feiern – die richtigen Menschen. Und ich denke darüber nach: Wer wohnt in der Innenstadt von Moshi? Reiche Chagga und Asiaten in ihren Wohnungen. Dort zu wohnen ist teuer. Aber die Männer fahren dorthin, wo die Damen sind: in Autos mit Fahrern oder mit dem Taxi. Das Golden Shower ist der richtige Ort. Oder Swahilitown, wo die Moslems wohnen, Halbaraber, Küstenbewohner. Meist sind sie arm und nicht sonderlich discobegeistert, aber wenn sie es sind, muss es sich fernab der lokalen Umgebung abspielen. Um der Überwachung durch die Familie zu entgehen! Wir haben die perfekte Lokalität. Ibrahim kommt, um sich die Premiere anzusehen.
»Eine schöne Disco«, sagt er und lächelt. Ja, der Abend läuft wirklich gut. Die Leute tanzen, trinken, essen und tanzen weiter. Kein Ärger. David ist glücklich, sogar der verrückte bwana Benson lächelt. Wir haben ein PA -System mit einem Zwölfkanalmixer. Wir können brutal laut spielen, aber
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