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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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mich um die Princess-Boutique mit Damenbekleidung in der Stadt, weil Claire für einige Tage ihren dicken Bauch ausruhen muss. Ich sitze mit Cola und einer Zeitung vor der Tür, versteckt hinter der Sonnenbrille.
    »Hej, Marcus.«
    Solja? Solja!
    »Solja!«, rufe ich und stehe so abrupt auf, dass die Flasche umfällt und die Zeitung im Zuckersaft schwimmt.
    »Hej«, sagt sie und schaut mich komisch an.
    »Hej. Ich dachte, ihr seid weg.«
    »Weg?«
    »Das Haus steht leer.«
    »Ach so, meine Mutter ist mit Rebekka nach Shinyanga gezogen«, sagt Solja.
    »Und was ist mit dir? Willst du eine Cola?« Ich öffne den Kühlschrank, während sie sich setzt.
    »Ich bin das letzte Jahr in der Schule«, sagt sie und zündet sich eine Zigarette an. Ich stelle ihr die Cola hin.
    »Und wo wohnst du?«
    »Na, im Internat«, sagt Solja, als wäre ich sehr dumm, weil ich überhaupt nichts weiß.
    »Sind sie ordentlich zu dir?«
    »Ja, es läuft gut.«
    »Aber … wie geht’s Rebekka? In Shinyanga? Dort gibt’s doch bloß eine riesengroße Wüste mit ein paar Schuppen. Ist da eine Schule? Hat sie jemanden zum Spielen?«
    »Es gibt ein paar Mönche und Nonnen, von denen die Kinder der Reichen unterrichtet werden.«
    »Kriegt sie eine Gehirnwäsche mit Gott und der Jungfrau Maria?«
    Solja lacht. »Nein, Marcus. So schlimm ist es sicher nicht.«
    Ich frage nach allem, was mit Rebekka zu tun hat, wie eine nervöse Mutter, obwohl ich merke, dass Solja es ziemlich irritierend findet. Aber ich muss etwas Neues von meinem kleinen schwedischen Baby hören. Wir reden nicht über Christian, der noch immer sein großes Chaos in Moshi anrichtet. Ich fange nicht an, über ihn zu sprechen. Solja fragt auch nicht. Sie bleibt für zwei Zigaretten und eine Cola, dann steht sie auf und gibt mir zum Abschied die Hand. Meine große weiße Tochter benimmt sich wie eine Fremde gegenüber ihrem schwarzen Vater. Tsk .
    DOLCHSTOSS
    »Trink jetzt ein Bier mit mir«, sagt bwana Benson. Es ist der nächste Morgen, die Gäste sind gegangen, an der Bar ist es ruhig. Es gibt nur mich, Benson, seinen Sohn David und einen Mann, den ich nicht kenne. Ich bin betrunken, aber noch einsatzfähig.
    »Ich werde dich dann nach Hause fahren«, sagt David.
    »Okay, prosten wir uns noch einmal zu«, sage ich.
    »Es ist gut, wieder Gäste zu haben«, sagt bwana Benson. »Du hast wirklich Musik besorgt, die sie anlockt, Marcus.« Er hebt sein Glas, um mit mir anzustoßen. »Was ist mit dem weißen Jungen?«, fragt er. »Wird er in Moshi bleiben?«
    »Keine Ahnung. Seit er mich beim Start gebraucht hat, redet er nicht mehr mit mir.«
    »Ah ja, verstehe. Der weiße Junge hat eine Arbeitserlaubnis erhalten, weil sein Vater hier ist und weiß, wie das System funktioniert.« Bwana Benson nickt langsam.
    »Nein, nein«, sage ich und trinke. »Es gibt keine Erlaubnis. Er ist hier wie ein Geist, reiner Betrug. Nur mit Touristenvisum und falschem Namen bei der Disco-Lizenz. Er ist ein ganz großer Schwarzarbeiter.«
    »Ah ja«, sagt bwana Benson. »Aber im Grunde ist er mir egal, denn jetzt hat das Golden Shower den guten Sound, und mit dem Royal Crown geht es abwärts.«
    Erst im Auto wache ich durch den Schock der kühlen Morgenluft auf. Bwana Benson ist clever – er gibt mir Bier aus und plaudert ein bisschen, aber in Wahrheit ist er eine Schlange in meinem Geist, die nach Informationen sucht. Wer war der vierte Mann am Tisch? War er von der Einwanderungsbehörde? Jetzt kann er Christian erpressen, wenn Christian die Stempel haben will, um zu bleiben. Dann wird Christian ärmer, und mit seinem Geschäft geht es weiter bergab. Oder Benson bezahlt den Mann von der Einwanderungsbehörde, um Christian direkt ins nächste Flugzeug zu werfen.
    Ich hätte Christian auch erpressen können, aber nein. Für mich war der Junge wie ein Bruder. Ein schlechter kleiner Bruder. Manchmal hilft er, und bei anderen Gelegenheiten lacht er, wenn er seinen älteren Bruder auf der Straße fallen sieht. Vielleicht hätte ich gegenüber bwana Benson nichts sagen sollen, aber hier in Tansania macht Christian nur alles kaputt. Er sollte in Europa auf eine Schule gehen. Und so, wie er sich selbst mit seinen afrikanischen Dummheiten zerstört, ruiniert er auch andere Menschen. Mich.
    Ich wache nach nur wenigen Stunden auf. Der Tag ist schlecht, weil Marcus der große Trottel ist, der hinter der lächelnden Maske nie die Heuchelei erkennt. Ich hätte über Christians Angelegenheiten meine Klappe halten sollen.

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