Liberty: Roman
Savio?«
» Tsk «, schnalzt Moses. »Savio ist ein Dieb.«
»Ja«, sage ich. Wir gehen hinein. Die Huren sehen nicht mehr aus wie Huren, so ruhig, wie sie mit den Minenleuten an einem Tisch sitzen und reden. Wir trinken.
Marcus
REDEMPTION
Ich gehe zur Vordertür hinaus. Alles glänzt und ist grün nach dem Regen. Die Erde duftet reich und frisch. Wer steht am Kiosk, trinkt eine Cola und schaut mich an? Tariq aus Swahilitown, der jüngere Bruder von Khalid. Ich gehe hinüber zu ihm. »Gib mir eine Cola und eine Packung Sportsman«, sage ich zu dem Jungen im Kiosk. Ich biete Tariq eine Zigarette an.
»Wie geht’s?«, sage ich. »Bist du jetzt auch in der Discobranche?«
»Nein. Dieser Christian bezahlt ihnen zu wenig. Sie sind der Ansicht, dass er sie betrügt. Und er hat meinen Bruder umgebracht.« Ich rauche meine Zigarette, während Tariq sein Herz auf unfruchtbare Erde ausschüttet.
»Sie wollten reich werden und mit der Diskothek herumreisen. Nach Arusha, Daressalaam, Kampala, Nairobi, Europa. Aber nun ist Khalid ein toter Eisklumpen auf dem Berg.«
»Träume«, sage ich.
»Rogarth würde gern mit dir reden.«
»Warum?«
»Er will dir etwas vorschlagen. Du sollst dich heute Abend im Shukran Hotel mit ihm treffen.«
»Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er sich einen Dreck um mich gekümmert. Ich bin mit der ganzen Branche fertig.«
»Aber er hat einen Plan, der auch dir helfen würde«, sagt Tariq.
»Wenn er mit mir reden will, weiß er, wo ich wohne.«
»Rogarth will dich um Hilfe bitten, um Christian loszuwerden, weil Christian uns alle betrogen hat.«
Aber wie kann man Christian loswerden und dabei profitieren, wenn Christian doch bereits arm ist? Ich soll ihnen helfen, weil ich mich mit allem, was mit Christian zu tun hat, sehr gut auskenne. Aber ich weiß auch von Rogarths großem Interesse an Rachel, bevor Christian auftauchte. Vielleicht möchte Rogarth Rachels sexuelle Mirakel wiedergewinnen?
»Ist mir egal«, sage ich zu Tariq.
»Aber er hat doch auch dich damals mit dem Kopierladen betrogen, und er hat dich aus dem Discogeschäft geschmissen, als die große Anlage kam.«
»Ja, und ich will keine Zeit mehr mit diesem mzungu vergeuden.«
»Aber du kannst Rache nehmen«, sagt Tariq.
»Ich habe damals verloren. Und jetzt brauche ich meine Kräfte, um zu überleben. Mit Rache verdiene ich nichts.« Ich habe meinen Kiosk und die Princess-Boutique, ein Kind von Claire ist auf dem Weg, ich habe Eeva bei Tita in Finnland und Steven mit einer wahnsinnigen Frau in Soweto. Die Lungen sind kaputt vom Batikdampf, und sogar in der Nacht atme ich die stinkende Luft der Hühnerscheiße. Was kann ich mir noch wünschen?
»Wir könnten uns seine Sachen nehmen«, sagt Tariq gedämpft, so dass nicht einmal der Junge im Kiosk ihn hören kann. »Wir könnten ihm seinen Kassettenrekorder, seine Plattenspieler, alle Platten, sein Mischpult, die Lautsprecher, Verstärker, die Lichtmaschine und die Discokugeln abnehmen – alles. Und dann ziehen wir ein neues Discogeschäft auf, zusammen. Du kannst dabei sein.«
»Negerträume«, sage ich und gehe zurück ins Haus. Christian. Jetzt ist er groß, und wenn er Fehler begeht, sind es große Fehler. Aber er ist noch immer eine Art kleinerer Bruder. Es schneidet mir ins Herz, wenn er leiden muss. Christian steckt im Sumpf. Diese Menschen können ihn zerstören. Und ich stecke auch im Sumpf. Keiner von uns beiden gehört dorthin.
Phantom kommt an meine Tür. Die Rastamütze sitzt nicht auf dem Kopf, er hält sie in der Hand und schaut zu Boden.
»Was ist los?«
»Hast du es schon gehört?«, fragt er.
»Was?«
»Das mit Steven.«
»Was ist mit Steven?«
»Er ist tot«, sagt Phantom.
»Tot …?«
»Bei der Sturmflut.«
»Ist er ertrunken?«
»Das Haus wurde weggespült, als sie schliefen«, sagt Phantom.
»Aber … was ist mit Rhema und ihrer verrückten Großmutter?«
»Sie haben sich gerettet.«
» Tsk .«
Claire bringt meinen neuen Sohn zwei Tage vor Weihnachten zur Welt. Ich bin nicht blind. In den Ecken des Zimmers sehe ich es: Schlangenschuppen – eeehhh –, von Claires Mutter in mein Haus gebracht, direkt vom Hexendoktor. Auch die Kirchenfrauen tragen den Busch in sich. Bei Rebekka waren der ganze Glaube und alle Hoffnungen in den Schoß der Kirche gelegt worden. Aber die Liebe von Gott, Jesus und dem heiligen Vogel hielt dem juju der Hexen nicht stand – das neue Kind soll vom Hexendoktor beschützt werden, der mithilfe der
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