Liberty: Roman
Tansanianer. In den Pausen starre ich Shakila an – das schnellste Mädchen der Schule. Und nachmittags habe ich ein paar Mal in der Woche Fußballtraining. Sonst spiele ich Fußball mit Emmanuel und den anderen Jungen der TPC , obwohl Rogarth behauptet, sie seien Diebe. Ich spiele nicht mehr so viel Golf, denn Mutter will jedes Mal mit, und mit ihr und Rogarth herumzulaufen ist mir einfach zu blöd.
»Wo ist Mutter?«, frage ich, als ich aus der Schule komme.
»In der Krankenstation der Arbeiter«, sagt Vater.
»Dort ist sie ständig.«
»Ich glaube, sie vermisst ihre Arbeit.«
»Aber sie braucht doch nicht zu arbeiten«, wende ich ein.
»Deine Mutter ist eine moderne Frau«, antwortet er. »Sie hat nicht viel von einer Hausfrau.«
Kurz darauf kommt sie nach Hause. Vater erzählt ihr, dass er John und Miriam auf ein paar Drinks eingeladen hat.
»Weißt du, wie John die Feldarbeiter behandelt?«, fragt ihn Mutter.
»Was meinst du?«
»Die Arbeitsbedingungen sind absolut unzumutbar. Sie haben nicht einmal ordentliche Schuhe. Die ganze Zeit kommen sie in die Krankenstation mit Wunden an den Füßen und Beinen.« Mutter nimmt mama Brian Annemette ab. Wir setzen uns und essen.
»Er ist nicht für die Arbeitsbedingungen verantwortlich«, sagt Vater.
»Aber er könnte versuchen, sie zu verbessern«, meint Mutter.
»Es sind vierhundert Feldarbeiter. Sie ernähren ihre Familien. Die Plantage gibt ihnen Häuser, Schulen und medizinische Hilfe. Das ist nicht schlecht für Afrika.«
»Ich rede über John. Er ist ein Scheißkerl«, erklärt Mutter. Vater seufzt.
»Ich gehe rüber zu Nanna, Hausaufgaben machen«, sage ich und sehe zu, dass ich verschwinde.
Endlich bekomme ich die Hand unter Nannas Pullover und spüre ihre kleinen Brüste. Sie sind weich – es fühlt sich wunderbar an. Aber ich darf den Pullover nicht anheben, um sie mir anzusehen. Sie duftet herrlich. Und schubst mich weg.
Als ich nach Hause komme, sitzen Miriam und John im Wohnzimmer. Mutter spricht über die Rechte der Feldarbeiter. John redet mit ihr wie mit einem naiven Kind: »Ich behandele die Arbeiter so, wie sie sind.«
»Sie sind keine Tiere«, widerspricht Mutter.
»Neger«, entgegnet John, »in Afrika.« Mutter steht auf und geht in den Flur.
»Sie will nach der Kleinen sehen«, sagt Vater. Miriam und John trinken aus und verabschieden sich. Mutter kommt zurück ins Wohnzimmer.
»Ich weiß, dass es brutal klingt«, sagt Vater. »Aber ich denke, nach tansanischem Standard sind das ausgezeichnete Jobs für ungelernte Arbeiter.«
»Ja, ich weiß. Es ist nur … Ich werde mich um eine Arbeit im KCMC bemühen – ich muss irgendetwas Nützliches tun«, sagt sie. »Oder nachmittags an der Schule Dänisch unterrichten.«
»Das ist eine gute Idee«, findet Vater.
»Ich kann mich jedenfalls nicht die ganze Zeit hier auf dem Gelände der TPC aufhalten.«
»Dann musst du lernen, auf tansanische Weise Auto zu fahren.«
»Ja.« Mutter seufzt. Sie ist immer noch unsicher, weil in Tansania Linksverkehr herrscht.
Annemette hat Probleme mit dem Magen. Mama Brian nimmt sich ihrer vormittags an, wenn Mutter in der Krankenstation der TPC hilft. Vater und Mutter haben viel zu tun. Ich darf im Großen und Ganzen tun und lassen, was ich will. Nur manchmal fängt Mutter an, mich zu erziehen.
»Christian, du könntest wenigstens deinen Teller abräumen«, sagt sie. Oder wenn ich vom Fußball komme: »Ich rieche Rauch in deinen Sachen.«
»Na ja, ein paar von den großen Jungs rauchen.«
»Bist du sicher, dass du nicht dabei bist?«
»Ja.«
»Du sollst nicht rauchen«, ermahnt sie mich. »Es ist ungesund.«
»Du rauchst doch auch.«
»Du sollst uns nicht nachmachen«, mischt sich Vater ein und lächelt. »Du sollst tun, was wir dir sagen.«
»Um Himmels willen«, erwidere ich.
Im Übrigen geschieht nicht viel auf der TPC .
»Setz dich jetzt hin und hör zu«, sagt Mutter. Sie und Vater lesen sich abends gegenseitig Tanja Blixens Afrika – Dunkel lockende Welt vor, während sie Gin-Tonic trinken und Zigaretten rauchen – es gibt kein Fernsehen in Tansania.
»Ich habe keine Lust, mir das anzuhören.«
»Du kannst doch mal ein bisschen mit uns zusammensitzen.«
»Ich gehe rüber zu Nanna.« Es erinnert an den Kirchgang an Heiligabend, wenn sie sich aus dem Buch vorlesen.
In Nannas Zimmer sitzen wir auf der Bettkante und küssen uns. Sie öffnet ihre Lippen, aber meine Zunge stößt an ihre Zähne. Und ich habe meine Hand unter den Saum
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