Liberty: Roman
der schwarze Mann es nicht mag, in Gummi eingesperrt zu sein, macht er heute eine Ausnahme, denn das Weiße ist ein einziges Abenteuer. Keine Handarbeit und keine ewige Verdammnis mehr. Zum ersten Mal feiert die Pumpe im Inneren, noch dazu in einer weißen Frau: weiß wie der Schnee auf dem Gipfel des Kibo.
DER KUSS DES LEOPARDEN
Die Pläne der mobilen Sägewerke am West-Kilimandscharo reifen und werden von der SIDA genehmigt. Asko fliegt nach Schweden, um die großen Waldmaschinen zu kaufen, die nach Tansania verschifft werden sollen: Traktoren, Bulldozer und Lastwagen mit Kränen, um die Stämme vom Boden zu heben. Wenn die Sägewerke anfangen zu arbeiten, werden mehr wazungu kommen, Experten für alles, was mit Holz zu tun hat. Bereits jetzt ist geplant, die Plywood Factory in Boma la Mbuzi wiederaufzubauen, die pleite ging, als sie 1979 verstaatlicht wurde. Wenn sie wieder in Betrieb ist, sollen dort das Verkaufsbüro und das Holzlager der mobilen Sägewerke am West-Kilimandscharo untergebracht werden. Das ganze Holzprojekt wird TanScan heißen, benannt nach der Zusammenarbeit zwischen Tansania und Skandinavien, denn die wazungu -Mitarbeiter kommen aus Schweden, Norwegen und Finnland.
Askos Abreise schafft eine neue Situation. Noch am selben Tag fehlt Tita Backpulver, am nächsten eine Dose Thunfisch. Und immer eine schwarze Tüte mit Zucker.
»Es ist gefährlich, wenn Asko kommt«, sage ich.
»Nur ruhig, er kommt erst in ein paar Tagen nach Hause«, sagt Tita und betreibt Akrobatik im Bett.
»Er kann mich sogar umbringen.«
»Pst«, sagt sie und steckt mir die Zunge in den Mund, damit ich gar nichts mehr sagen kann.
Ja, ich kenne diese Situation. Die mzungu hören nur auf ihre eigenen Bedürfnisse. Als ich ein Junge war, damals bei meinen Eltern in der Serengeti, fuhr mein Vater Touristen in einem VW-Bulli umher.
Unter dem Sonnenhut mit einem Band aus falschem Leopardenfell ist der Kopf eines Touristen rot wie der Arsch eines Affen. Er trägt die gleiche Jacke und die gleichen Shorts wie die weißen Jäger, aber er schießt nur mit der Kamera. Das Auto hat Zebrastreifen, und am Dach gibt es eine Vorrichtung, um es aufzuklappen, damit der Tourist stehen und sich die Tiere ansehen kann. Vater redet mit ihnen, während wir fahren.
»Sie dürfen nicht den ganzen Oberkörper aus der Öffnung stecken, nur den Kopf. Bitte stellen Sie sich nicht auf die Sitze – es ist gefährlich.«
Die Touristen steigen herunter. Kurz darauf stehen sie wieder auf den Sitzen – der gesamte Oberkörper hängt aus dem Auto. Vater hält an. »Sie dürfen nur den Kopf herausstrecken; sobald wir Tiere sehen, kann es gefährlich werden.« Sie stellen sich wieder auf den Boden. Vater fährt weiter. Sie steigen wieder auf die Sitze. Er stoppt den Wagen, ohne dass es Tiere zu sehen gäbe.
»Das ist Vorschrift«, sagt er. »Ich darf nicht fahren, solange Sie nicht auf dem Boden stehen.«
»Okay«, sagen sie und steigen wieder von den Sitzen. Mein Vater fährt nicht weiter. Er sagt: »Wenn Sie es noch einmal machen, muss ich Sie zurück zur Lodge bringen.« Zwei wazungu -Männer unterhalten sich. Sie geben meinem Vater irgendetwas und sagen: »Jetzt fahr schon weiter. Und kein Gerede mehr, wo wir stehen.« Mein Vater schaut weder auf die mzungu noch auf das, was er in der Hand hält, er stopft es einfach in die Tasche, lässt den Wagen an und fährt. Die Touristen klettern nach oben. Vater findet den Leoparden, der sich im Baum ausruht. Eine japanische Frau klettert aufs Dach. Vater sagt nichts – auch er spürt den Hunger nach Fleisch. Die wazungu haben ihn mit Geld stumm gemacht. Die japanische Frau hat eine große Filmkamera, die duku-duku-duku-duku von sich gibt, fast wie ein Pickup-Truck. Sie ist mutig, stellt sich aufs Dach und filmt. Ich bin unten im Wagen und gucke hinaus. Der Leopard auf dem Ast erhebt sich und springt, mit ausgefahrenen Klauen. Ich kann es durch die Dachöffnung sehen, die Klauen landen direkt auf den japanischen titi . Sie fällt über den Rand des Autodachs, der Leopard gibt ihr den roten Kuss auf den Hals – keine Japanerin mehr.
Kurze Zeit später wurde mein Vater als Fahrer gefeuert. Die Touristen hatten sich über den gierigen Chauffeur beschwert, der die ganze Zeit meckerte und die Japanerin umbrachte. Stattdessen wurde er Parkwächter und losgeschickt, um Wilderer zu fangen.
Jetzt bin ich der Leopard mit meinen Klauen auf Titas titi . Aber ich gebe ihr keinen roten Kuss auf den Hals, sondern
Weitere Kostenlose Bücher