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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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Eltern.«
    »Ich wasche sie einfach mit der Hand«, sagt Irene. »Kein Problem. Aber was ist mit dem Mittagessen?«
    »Meine Mutter macht das Mittagessen. Darum brauchst du dich nicht zu kümmern, du musst nur mithelfen.«
    Aber Mutter bereitet das Mittagessen nicht zu. Sie wäscht auch keine Wäsche. Sie fährt zum Markt und kauft ein, und das dauert beinahe den ganzen Tag. Und danach spielt sie Golf.
    » Tsk «, zischt Irene, als sie die Tüte mit Weizenmehl vom Markt öffnet. Unsere Lieferung aus Dänemark ist aufgebraucht, darum hat Mutter etwas gekauft.
    »Was ist?«
    »Viel Ungeziefer.« Ich sehe es mir an. Rüsselkäfer krabbeln darin herum. Das Mehl zu sieben, hilft nicht – sie sind so klein, dass sie durch die Maschen des Siebs fallen. Die Wahlmöglichkeiten sind einfach: Kauf Mehl ohne Rüsselkäfer, und du weißt, dass die Säcke mit DDT durchtränkt sind. Das will Mutter nicht. »Das lagert sich im Körper ab«, behauptet sie, »man wird davon unfruchtbar.« Ich bin für Mehl mit Rüsselkäfern. Jetzt sind sie da, und wir werden sie mitessen. Die Rüsselkäfer haben vom Mehl gelebt. Sie bestehen aus Mehl. Aber sie führen beim Brot auch zu einem muffigen Beigeschmack. Und wenn man sie nicht tötet, vermehren sie sich, bis schließlich kein Mehl mehr übrig ist. Nur noch Rüsselkäfer. Je länger man mit dem Backen wartet, desto animalischer wird das Brot – ungenießbar für Vegetarier.
    »Frier es ein«, sage ich. »Dann sterben die dudu .«
    In der Nacht hatte ich einen feuchten Traum. Vielleicht habe ich von Irene geträumt. Ich mag meine Unterhose nicht in die Wäsche werfen, vielleicht sieht sie den eingetrockneten Fleck. Spüle sie im Badezimmer und trockne sie in meinem Zimmer.
    Eines Tages gibt Mutter mir einen Haufen Kleider.
    »Gib sie Irene«, sagt sie. »Ich brauche sie nicht mehr.« Ich klopfe an Irenes Tür.
    »Die sind für dich.« Sie scheint sehr glücklich zu sein. Als sie am Sonntag in die Kirche der TPC geht, trägt sie etwas davon.
    »Lass es stehen«, sagt Irene, wenn ich vom Tisch etwas abräumen will. Wenn meine Eltern zu Hause sind, ist sie unablässig in Bewegung. Eines Nachmittags gehe ich barfuß ins Wohnzimmer. Es ist sonst niemand zu Hause. Irene liegt auf dem Sofa und blättert in einer Illustrierten. Ich lehne mich an die Türfassung. Sie bemerkt mich. Und springt auf.
    » Hamna shida «, sage ich. » Wazee hawapo – die Alten sind nicht zu Hause.« Sie lässt sich skeptisch im Sofa zurücksinken. Ich gehe in die Küche.
    »Möchtest du etwas?«, fragt sie.
    »Nein«, antworte ichund nehme mir eine Cola aus dem Kühlschrank. Stelle sie mit einem Glas, in das ich Eiswürfel und eine Zitronenscheibe getan habe, auf ein Tablett. Trage es hinein. » Karibu mama «, sage ich – bitte sehr, gnädige Frau. Irene lacht und bedankt sich. Wenn ich so dicht an sie herankomme, stehe ich durch das Öl, das sie sich in die Haare reibt, im Duft von Kokosnüssen.
    »Kannst du ein bisschen Musik machen?«, fragt sie, wie ein Gast in einem Lokal.
    »Einen Augenblick, gnädige Frau«, sage ich und schalte die Anlage ein. Ich ziehe mein Päckchen Zigaretten aus der Tasche und halte es hoch. »Willst du rauchen?« Irene zuckt die Achseln. Ich gehe in die Küche. Sie kommt nach.
    »Nicht draußen«, sagt sie, als ich durch die Hintertür gehen will.
    »Wieso nicht?«
    »Mein Onkel kann es sehen«, sagt sie. Der Gärtner. Benjamin. Wir teilen uns eine Zigarette in der Küche.
    »Du bist ein gutes Mädchen«, sage ich. Sie lächelt.
    »Und du, du bist ein schlimmer Junge.« Ich glaube, wir haben den gleichen Gedanken.
    Am Samstagnachmittag komme ich nach Hause, und Irene wäscht einen Riesenhaufen Wäsche in einem Bottich. Mutter hat Irene nicht beigebracht, die Waschmaschine zu benutzen. Und Vater kann Irene auch nicht fragen, denn daheim ist er entweder betrunken oder er schläft. Und wenn Mutter endlich nach Hause kommt, schließt sie sich im Gästezimmer ein. Sie schlafen nicht mehr in einem Zimmer.
    »Ich werde es meiner Mutter noch einmal sagen.« Irene steht mit dem Rücken zu mir – ihr Hinterteil wippt, während sie die Wäsche im Bottich energisch bearbeitet.
    » Eeehhh «, antwortet Irene, mehr nicht.
    »Dass sie die Wäsche waschen oder dir beibringen soll, die Maschine zu benutzen«, füge ich hinzu.
    » Eeehhh «, sagt Irene und schluchzt. Ich schaue sie an. Sie richtet sich auf. Hält einen Unterarm vor die Augen, so dass ich sie nicht sehen kann. Seifenschaum tropft ihr von

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