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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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um Gottes Hilfe bittest und er hilft nicht, dann wird auf die alten Bräuche mit Zauberei aus dem Busch zurückgegriffen.
Christian
    In der Mittagspause gehe ich zum Kijana-Haus. Vor dem Gebäude gibt es einen Platz mit Bänken, auf denen die Schüler mit Raucherlaubnis sich treffen dürfen. Ohne Raucherlaubnis darf sich hier niemand aufhalten. Savio, Mick und ein paar andere ältere Schüler sitzen dort. Ich setze mich zu ihnen.
    »Hast du eine Raucherlaubnis?«, fragt Mick.
    »Nein«, erwidere ich und stecke mir eine Dunhill an – Mutter hat eine Packung herumliegen lassen.
    »Dunhill«, sagt Savio. Ich reiche ihm das Päckchen.
    »Nehmt euch«, sage ich und rauche.
    »Okay.« Savio nimmt sich eine Zigarette und gibt die Schachtel an Mick weiter. Der Vizeinspektor Thompson erscheint.
    »Christian«, sagt er. »Du hast doch keine Raucherlaubnis?«
    »Sind Sie sicher?«
    »Komm mit«, befiehlt Thompson, dreht sich um und steuert sein Büro an. Ich werfe meine Zigarette auf den Boden, trete sie aus, stehe auf.
    »Behaltet die Packung«, sage ich beiläufig und folge Thompson.
    »Danke«, sagt Savio.
    Eine Woche Schulverbot wegen Rauchens. Die Alten reden nicht mit mir – aber das haben sie im Grunde auch vorher nicht getan. Ich faulenze im Bett. Höre, wie Autos angelassen werden und davonfahren. Ich höre das Geräusch des Bügelbretts, das aufgestellt wird, kurz darauf läuft im Wohnzimmer Musik. Stevie Wonder, Hotter than July . Ich ziehe mich an und trete auf den Flur. Komme bis zur Ecke, mitten im Wohnzimmer tanzt Irene. Die Bewegung ihrer Hüften, der vibrierende Arsch, die hüpfenden Brüste. Sie bemerkt mich und hört auf.
    »Christian«, sagt sie und schaut mit schräg gelegtem Kopf zu Boden, ein kleines Lächeln auf den Lippen. Dann geht sie zur Anlage und will abschalten.
    »Lass es laufen.« Ich komme ins Wohnzimmer. »Du tanzt gut – vielleicht kannst du es mir beibringen.« Ich hebe die Arme in die Luft, bewege meine Füße ein wenig, schnipse.
    »Ich muss bügeln.«
    »Lass uns ein bisschen spielen.« Auf Swahili ist ›tanzen‹ dasselbe Wort wie »spielen« – cheza . Sie schaut aus dem Fenster, um nachzusehen, wo der Gärtner ist.
    »Nein. Er kann uns sehen«, sagt sie. »Wieso bist du nicht in der Schule?«
    »Weil ich schlimm gewesen bin. Und wenn er uns sehen kann, na und?«
    »Dann spricht er hässlich über mich. Wie schlimm?«, fragt sie, und ich denke an die Tochter eines einheimischen Arbeitskollegen meines Vaters in der TPC . Er hat erzählt, man habe seine Tochter von der Schule geworfen, weil sie schlimm gewesen sei – das heißt, sie war schwanger.
    »Ich wurde dabei erwischt, wie ich geraucht habe.«
    » Tsk, tsk .« Irene schüttelt den Kopf. »Ich werde dir ein paar Toasts rösten.« Sie geht in die Küche. Als ich gegessen habe, zünde ich mir eine Zigarette an. Sie schüttelt wieder den Kopf – und muss doch lächeln. Ich reiche ihr die Zigarette. »Also wirklich!«, sagt sie. Nimmt sie aber und zieht. Jetzt schüttele ich den Kopf. » Tsk, tsk «, und stehe auf.
    Als ich nach Hause komme, finde ich einen Zettel auf dem Tisch. Vater und Mutter sind in den Moshi Club gefahren, um Golf zu spielen. Ich sollte offenbar nicht mitkommen. Vielleicht ist es ein Teil der Strafe, weil ich geraucht habe. Irene kommt, um Maisgrütze für die Hunde und Kaffee für den Wachmann zu kochen.
    »Ich setze den Kaffee auf«, sage ich. »Wollen wir hinterher spielen?«
    »Nein – ich möchte nicht.«
    »Du musst es mir beibringen, nur ein bisschen.«
    »Nein, ich bekomme Probleme.«
    »Möchtest du, dass ich mein ganzes Leben lang tanze wie ein weißer Mann? Mit einem großen Pflock im Arsch?« Sie lacht.
    »Okay, aber nur ein bisschen. Und kein Spektakel!«
    »Wir wollen doch nur spielen«, beruhige ich sie. Und wir tanzen. Sie zeigt es mir: Der Hintern muss rotieren. Mir fällt es bei den Schulfesten schwer, zu tanzen – ich kann es nicht, weiß nicht, was ich mit meinen Armen, den Beinen, eigentlich dem ganzen Körper anstellen soll. Sie lacht mich aus.
    Wir tanzen mehrere Abende. Wir lachen gemeinsam. Die Alten gehen jetzt jeden Abend in den Moshi Club oder fahren zu Larssons. Beide trinken inzwischen mehr. Sie begreifen nicht, warum ich nicht mitwill. »Ich lese«, behaupte ich. Ich werde besser – alles rotiert, wenn ich den Tanzboden betrete. Und dann, eines Abends, will sie nicht tanzen.
    »Nein«, sagt sie. »Nicht mehr.«
    »Warum nicht?« Sie sieht wütend aus.
    »Der Wachmann hat es

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