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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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ist, dass ein Mädchen den Rauch riecht und petzt. Ich drücke die Kippe aus und stehe auf. Als ich um die Ecke biege, sehe ich Mutter, die vor dem Klassenzimmer leise mit meinem Lehrer spricht. Ich drehe mich um, verschwinde wieder hinter der Ecke und bleibe dort stehen. Versuche zuzuhören.
    »Okay, danke«, sagt meine Mutter. Ich bin auf der Toilette, hat sie erfahren – ich muss also aus dieser Richtung kommen. Woran denkt sie? Ist sie vollkommen wahnsinnig? Ich verschwinde, so schnell ich kann, hinter dem Gebäude und vom Schulgelände, hinunter zum Fluss. Setze mich und rauche noch eine Zigarette. Mir wird schwindlig. Sie ist gekommen und hat nach mir gefragt. Alle in der Klasse haben sie gesehen. Alle wissen, was sie getan hat. Was soll ich jetzt machen? Meine Tasche steht in der Klasse. Ich bleibe die ganze letzte Stunde weg und halte mich bereit, als es klingelt – sowie der Lehrer das Klassenzimmer verlassen hat, gehe ich hinein.
    »Ah, da bist du ja, Mann«, sagt Jarno.
    »Ja, hier bin ich.«
    »Sie ist wieder gegangen – deine Mutter.«
    » Tsk .« Ich hole meine Tasche und gehe zum TPC -Bus.
    »Deine Mutter war in der Schule«, sagt Nanna. »Hast du sie gesehen?« Ich werfe Nanna einen Blick zu. »Entschuldige«, sagt sie und schaut auf den Boden.
    Natürlich soll ich das nicht hören. Er ist total besoffen. Ich wache auf, als die Verandatür knallt. Er fällt über die Möbel, flucht. Ein Glas zerspringt auf dem Boden. Es klingt, als würde er lallend mit sich selbst reden. Vorsichtig stehe ich auf und öffne die Tür einen Spalt. Unter der Tür zum Wohnzimmer sehe ich einen Lichtstreifen. Und dann erklärt er laut auf Englisch: »Ich will mit meiner Frau reden. Hol sie.« Was ist da los? Ist er durchgedreht? »Sie is’ meine Frau«, sagt er, wieder auf Englisch. »Ich will mir ihr reden, jetzt, du dummes Schwein. Wir haben ’n Sohn zusammen. Wir müssen reden.« Er brabbelt vor sich hin. Es entsteht eine kleine Pause. »Kirsten, bist du das?« Offenbar ist Mutter auf der Simba Farm ans Telefon gegangen. Vater murmelt irgendetwas, das ich nicht verstehe. Dann höre ich ihn deutlich. Mir läuft es kalt den Rücken hinunter – seine Stimme trieft vor Verachtung. »Annemette?«, sagt er. »Ich glaube, sie war nich’ meine Tochter. Du hast dich doch mit allen Möglichen ins Bett gelegt, wenn ich nich’ da war. Du bist eine entsetzliche Frau. He, verflucht noch mal.« Ich höre, wie er auflegt, irgendetwas vor sich hin murmelt. Und dann schluchzt er. Es klingt grässlich. Er schnieft, lallt und schluchzt. Ich halte es nicht aus. Schließe vorsichtig meine Tür. Zünde mir eine Zigarette an. Stehe am Fenster. Nach ein paar Minuten höre ich ihn schnarchen. Ich gehe ins Wohnzimmer. Er sitzt aufrecht auf dem Sofa, mit offenem Mund, den Kopf in den Nacken gelegt. Auf dem Fußboden liegen Glasscherben. Ich friere. Drehe mich um. Gehe ins Bett.
Marcus
    WEISSER REGEN
    Ich untersuche es gründlich. Wenn Tita im Liegestuhl in der Sonne liegt, wird die weiße Haut so wie bei einem Hühnchen beim Barbecue; wenn ich ihr das gelbe Höschen ausziehe, sieht es aus, als hätten sie Sahnehöschen an. Die Gewohnheiten sind sehr unterschiedlich. Du wirst nie eine tansanische Frau erleben, die freiwillig in die Sonne geht – sie würde kohlrabenschwarz werden, beinahe blau, und alle würden sie für eine Feldarbeiterin halten, die es nicht geschafft hat, das Bauernleben hinter sich zu lassen.
    Ich funktioniere gut als Ersatz, aber Asko bereitet Tita mentale Probleme.
    »Wieso wollen diese Frauen mit ihm zusammen sein?«, fragt sie sich. Wir sitzen auf dem kleinen Platz mit Dusche und Holzboden, den eine Holzwand umgibt, die zusammen mit ihrer Sauna gebaut wurde. Es ist später Nachmittag – das Hausmädchen hat frei, und der Gärtner ist in die Stadt geschickt worden, um Hundefutter zu kaufen. Asko ist mit Jonas in Mwanza, und Tita holt Dosen mit Carlsberg-Bier. »Die wissen doch genau, dass er mit mir verheiratet ist.«
    »Ja, das wissen sie, aber der Regen fällt auch auf sie, wenn er mit ihnen redet – sie sind auf der Leiter bereits eine Stufe höher. Etwas Gutes wird passieren.«
    »Was für ein Regen?«
    »Die Geschenke. Sie fahren mit ihm in dem großen Auto, gehen ins Restaurant, essen feines Essen, trinken Flaschenbier. Der mzungu lässt es ständig regnen – die Ernte wird fantastisch. Er gibt ihnen Geld für ein Kleid oder hilft bei der Miete, und …« Tita unterbricht mich.
    »Glaubst du, er macht

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