Liberty: Roman
das?«
»Ja, natürlich.«
»Aber es sind … Huren?«
»Nein, es sind Mädchen, die hoffen, der mzungu nimmt sie eines Tages mit nach Europa. Eine Art Handel – sie geben ihre Schönheit, um ein Ticket zu bekommen.«
»Ich verstehe nicht, wie die Mädchen so etwas glauben können«, sagt Tita.
»Der Hauptgrund ist ihre Armut. Und ihre Unwissenheit. Eine schlechte Mischung. Wenn sie den farbigen Mann – den weißen Mann – sehen, ist die erste Schlussfolgerung, nun werden wir reich, nun bekommen wir ein gutes Haus. Jetzt werden wir nach Europa fahren. Jetzt werden wir so gut wie im Himmel leben. Nun wird die ganze Familie reich. So ist das. Sie wird nach Europa kommen und kann der Familie in Tansania helfen.«
»Aber das ist doch total naiv!«
»Sie ist jünger, und sie kann ihn zufriedenstellen, und sie weiß, dass er seine Frau wie einen Stein fallen lassen wird. Beim Sex wird das schwarze Mädchen ein Mirakel sein. Sie wird für den weißen Mann eine Menge Wunder bewirken, bis er seine Frau schließlich verlässt und denkt, seine Frau ist unerträglich. Wenn sie als Arme etwas erreichen wollen, werden sie ihn die ganze Zeit sexuell hypnotisieren. Und der weiße Mann ist total verhext. Er wird sein Zuhause vergessen.« Schon bevor sie antwortet, weiß ich, dass ich zu viel gesagt habe.
»Du sagst … bin ich nicht sexy?«
»Oh doch, sehr. Für mich bist du die wunderbarste Frau überhaupt.«
»Kann ich keine Wunder vollbringen? So wie die schwarzen Mädchen?«
»Du musst verstehen …«, beginne ich und denke einen Moment nach, denn ein Gespräch über die schwarze Beere könnte meine weiße Beere eintrocknen lassen. Ist die weiße Liebe denn so verschieden? War es etwas ganz anderes, als Katriina Jonas, den Sohn des weißen Waldkönigs, einfing? Ich sage die Wahrheit: »Die Mädchen werden in den meisten tansanischen Stämmen zur Schwester ihres Vaters geschickt, um zu lernen, wie man eine Frau wird, wenn sie anfangen, aus der Blume zu bluten.«
»Und? Was bedeutet das?«
»Das Mädchen lernt, wie sie als Frau mit einem Mann leben muss. Wie sie ihn zu behandeln hat. Wie sie mit dem Mann Sex haben muss, wo sie ihn anfassen soll und wie, wie der Mann es mag, wie sie ganz allgemein mit ihm umzugehen hat, wie sie ihm gutes Essen zubereitet, all so etwas. Wenn der Mann sie schlecht behandelt, muss sie gut zu ihm sein. Der Mann ist König.«
»Und wenn er sie nun nicht mit nach Europa nimmt?«
»Dann muss sie leiden – die Investition ist fehlgeschlagen. Sie muss es wieder versuchen, wenn sie nicht zu alt und verbraucht ist.«
»Das ist so … zynisch«, sagt Tita. Die afrikanische Frau betrachtet ihre Papaya als Ware, als ein Stück Land; es ist ihr Eigentum, das sie zu verkaufen hat – wenn ein reicher Mann es kaufen will, bekommt er das Stück Land, um zu pflügen und seinen Samen zu säen. »Ich verstehe nur nicht …«, sagt Tita und schnieft. »Warum liebt er mich nicht mehr, bin ich hässlich?«
Ich dachte, wir würden in die Sauna gehen und in der weißen Blume für ein wenig Aufregung sorgen, aber Tita ist traurig.
Ich wünsche mir eine Liebe – in meiner eigenen Hautfarbe und in meinem Alter, damit ich nicht das Gefühl habe, schwer arbeiten zu müssen, sondern wie ein Kind zu spielen.
Christian
Am Nachmittag kommt Nanna. Ich rede nicht sehr viel. Sie möchte etwas sagen, glaube ich, aber ich glaube kaum, dass es sich um etwas Gutes handelt. Also konzentriere ich mich auf den Versuch, ihr das T-Shirt auszuziehen. Ein einziges Mal ist es mir bisher gelungen.
»Lass das«, sagt sie und schubst mich weg.
»Und ich dachte, du wärst deshalb gekommen.« Sie wischt die langen dunklen Haare vor ihren Augen zur Seite.
»Hast du mit …«, beginnt sie. Ich sage nichts. »Deiner Mutter geredet?«
»Nein.« Das ist streng genommen die Wahrheit. Sie hat angerufen – und ich habe aufgelegt.
»Aber …«
»Ich will nicht mit ihr reden – sie ist abgereist.«
»Bleibt ihr hier?«
»Mein Vater und ich?«
»Ja.«
»Tja, davon gehe ich aus.«
»Na ja, ich meine nur …«
»Nur was?«
»Weil … mein Vater darüber redet, dass Mærsk … Mærsk mag es nicht, wenn so etwas passiert.«
»So etwas?«, wiederhole ich und fühle mich müde. »Es werden doch ständig Leute geschieden.«
»Ich weiß nicht«, sagt Nanna. Sie geht kurz darauf. Vater kommt nach Hause. Er ruft auf der Simba Farm an. Hat im ganzen Gesicht Zuckungen, noch bevor er eine Verbindung bekommt. Ich gehe in mein Zimmer, um
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