Liberty: Roman
an, wobei sie die Worte sortiert, die sie mir sagen will. Ich kenne diese Form der Körpersprache, gleich wird sie als Mutter auftreten, als Erwachsene – zu spät. Ich nutze die Gelegenheit und drehe mich um.
»Christian?« Ich gehe aus dem Garten auf den Hofplatz, durch das Tor und zurück auf die Straße. Vorbei an Blumenfeldern, meine Zigarette rauchend. Die Rauchwolken sammeln sich hinter mir, ich drehe mich nicht um. Niemand ruft, niemand läuft mir nach. Als ich Marcus erreiche, schaue ich in den Rückspiegel des Motorrads. Rotbraunes Gesicht vom Staub, weiß um die Augen, die Schwimmbrille auf der Stirn erinnert an zwei abgeschliffene Hörner.
»Wir können«, sage ich. Er lässt den Motor an, ich setze mich hinter ihn, wir bewegen uns. Fort.
Ich kann gerade noch ein Bad nehmen und mich umziehen, bevor Vater nach Hause kommt. Ich erzähle ihm nicht, dass ich Mutter gesehen habe. Er ist vollkommen nüchtern und hat mir etwas zu sagen.
»Ich habe mir einen Job in Moshi besorgt.«
»Wieso das denn?«
»Ich bin diesen Mærsk-Zirkus leid.«
»Und was ist mit den Esplanaden?« Ich dachte, er wollte zurückzugehen und in der Kopenhagener Zentrale arbeiten.
»Hast du Lust, nach Dänemark zu ziehen?«, stellt er die Gegenfrage.
»Nein, überhaupt nicht.« Die gescheiterte Ehe ist keine gute Basis für Mærsk, und was soll er mit mir machen, wenn er einen anderen Auslandseinsatz annimmt?
»Es gibt da einen DANIDA -Job beim Nordic Projekt. Beratung der Genossenschaftsbewegungen in den Bergen.«
»Arbeitet Thorleif nicht für die?«
»Es ist tatsächlich Thorleifs Job, auf den ich mich beworben habe. Seine Frau ist nach Norwegen zurückgegangen, und jetzt will er auch nach Hause, sobald ein neuer Mann da ist.«
»Werden wir dann in Moshi wohnen?«
»Ja, wenn ich den Job bekomme.«
»Ich bin damit einverstanden. Aber ich hätte gern ein Motorrad, damit ich nicht immer darauf warten muss, ob du mich fahren kannst.«
»Darüber lässt sich reden«, sagt Vater und dreht sich um.
»Und Mutter?«
»Ich weiß es nicht – du musst sie selbst fragen«, erwidert er und schaut auf seine Hände, die er mit Zigaretten und dem Feuerzeug beschäftigt.
Ich setze mich an den Schreibtisch und versuche, meine Hausaufgaben zu machen. Versuche, nicht an Irenes Brüste zu denken. Ihre Brüste. Vater ist in der Messe – vermutlich, um zu trinken. Soll ich zu Nanna schwimmen gehen? Aber sie liegt nur in ihrem hellblauen Kunststoffbikini auf der Liege und streckt den Arsch in die Luft. Dieser Hintern ist so vornehm, dass er wie ein Stück Königliches Porzellan behandelt wird: putzen, abwischen und in einer Vitrine zur Schau stellen – nur angucken, nie anfassen. Fast nie. Und ihr Vater ist ein Idiot.
Als es dämmert, bekomme ich Hunger. Mir bleibt nur die Messe. Der Wachmann ist noch nicht gekommen. Ich muss zu Irene gehen und sie bitten, auf das Haus zu achten. Ihre Tür ist angelehnt.
»Irene?«
» Eh-ehhh ?«
»Ich gehe in die Messe. Der Wachmann ist noch nicht da.«
»Okay«, sagt sie. Mehr nicht. Ich gehe rüber. Vater ist nicht zu sehen – auch sein Wagen nicht. Miriam ist da.
»Wo sind deine Eltern?«
»Weiß ich nicht.«
Miriam muss sich ziemlich fest an der Gin-Flasche festgehalten haben, wenn die Situation meiner Eltern noch nicht bis zu ihr gedrungen ist. Ich esse Barbecue-Huhn und trinke eine Cola. Gehe zurück zum Haus. Rauche auf der Veranda. Der Wachmann ist gekommen. Setze mich ins Wohnzimmer, schalte die Stereoanlage ein. Ich höre Irene zur Küchentür hereinkommen, um Kaffee für den Wachmann zu kochen und ihm etwas zu essen zu geben. Sie kommt den Flur entlang, lehnt sich an die Wohnzimmertür.
»Was ist das für Musik?«
»Bob Marley.«
»Gut. Wo ist der bwana ?«
»Weiß ich nicht.« Sie geht durchs Zimmer und bleibt auf dem Flur zu den Zimmern stehen. Ich verfolge sie mit meinen Blicken – ich kann nicht anders.
»Komm«, sagt sie. Ich stehe auf. Sie sitzt auf meinem Bett. Ich setze mich neben sie, berühre ihre Brüste über dem T-Shirt. Sie legt eine Hand auf mein Glied. Zieht mit der anderen Hand ihr T-Shirt über den Busen. Ich öffne meine Hose, sie hilft mir. Als mein Glied frei ist, greift sie mit Daumen und Zeigefinger nach meiner Vorhaut.
»Warum ist es so?«
»Was meinst du?« Sie fährt mit der Handkante darüber.
» Kata hapa «, sagt sie – hier schneiden –und vollführt eine Schneidebewegung an der Vorhaut, die sie über die Eichel gezogen hat. Sie ist Muslimin.
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