Licht (Gone) (German Edition)
Kopf allein, der immer noch fluchte, wenn auch flüsternd.
»Ich hab eine Idee«, sagte Dekka. »In meinem Wohnmobil steht eine Kühltasche. Ich hol sie und mach einige Löcher rein. Dann legen wir den Kopf und ein paar schwere Steine hinein und versenken ihn an einem langen Seil im See. Vielleicht bringt ihn das sogar um.«
Astrid seufzte. »In Ordnung. Ich kümmere mich um die Steine.«
Acht
68 Stunden, 42 Minuten
Drake konnte alles hören, auch wenn sich ein gewisser Echoeffekt dazugesellte. Aber dafür, dass sein Kopf in zwei Hälften zerteilt war, war sein Gehör erstaunlich intakt.
Er wusste, was sie vorhatten. Und es jagte ihm Angst ein.
Er war wochenlang lebendig begraben gewesen – das hatte Spuren hinterlassen. Er war zwar kein richtiger Mensch mehr, empfand aber immer noch Furcht.
Und Schmerz. Anders als früher, aber dennoch. Er konnte seinen in alle Winde verstreuten Körper spüren. Und alles in ihm gierte nach seiner Peitschenhand. Oh, er würde es diesen beiden Weibern heimzahlen. Und wie! Vor allem Astrid. Wie lange hasste er sie schon? Wahrscheinlich seit ihrer ersten Begegnung – Hass auf den ersten Blick.
Und jetzt das …
Die Kampflesbe Dekka bohrte gerade mit einem Schraubenzieher Löcher in die Kühltasche. Leicht war das nicht. Sie stach auf den Plastikbehälter ein wie im Blutrausch.
Astrid stand einfach nur da, sah ihr dabei zu und warf ab und zu einen triumphierenden Blick auf Drake.
»Fertig!«, rief Dekka schließlich.
Astrid ging in die Hocke. Sie packte ihn an den Haaren und plötzlich befand er sich in der Luft und schwang hin und her.
Er sah die Kühltasche und den aufgeklappten Deckel. Am liebsten hätte er geschrien, aber abgesehen davon, dass er das gar nicht gekonnt hätte, würde er ihnen diesen Gefallen niemals tun.
Astrid legte ihn in die Kühltasche. Dabei hätte sie ihn wahrscheinlich lieber geworfen.
»Ich habe eine Fahrradkette, die kann ich um die Tasche wickeln«, sagte Dekka. »Dann verschnüre ich das Ganze noch mit dem Seil, falls wir ihn nach oben holen müssen.«
»Drake«, sagte Astrid. »Zum letzten Mal: Sag uns, wo Gaia und Diana sind.«
Einen schrecklichen Moment lang überlegte Drake, ob er es ihnen tatsächlich sagen sollte. Aber die Qualen, mit denen der Gaiaphage ihn dann strafen würde, wären viel schlimmer als das, was die beiden ihm antun konnten. Im Vergleich dazu war das hier nichts.
Also beschimpfte er sie weiter.
Sie packten schwere Steine in die Zwischenräume neben seinem Kopf. Als Astrid den Deckel zuklappte, wurde es bis auf die kleinen, durch die Löcher dringenden Lichtstrahlen dunkel.
Während sie die Kette und danach das Seil herumwickelten, schwankte die Kühltasche.
»Das sollte halten«, hörte er Dekka sagen.
Drake spürte, wie die Tasche hochgehoben wurde. Und dann, wenig später: ein Platschen.
Die Tasche sank mit ihm in die Tiefe und durch die kleinen Löcher drang Wasser herein. Es besprühte ihn von allen Seiten und bald stand es ein paar Zentimeter hoch. Drake wollte einen Fluch ausstoßen, doch seine durchschnittene Kehle sog das Seewasser auf und füllte damit seinen Mund.
Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis die Kühltasche auf dem Grund des Sees aufschlug.
Und es vergingen noch einmal zehn Minuten, bis das Wasser über seinen Mund, seine Nase, die Augen und schließlich auch seine Haare gestiegen war.
Er war aber nicht tot.
Winzige Fische schwammen durch die Löcher herein. Sie knabberten an seiner Haut, hörten aber gleich wieder damit auf, als sie merkten, wie er schmeckte. Sie schwirrten um ihn herum und leuchteten im Dunkeln wie Glühwürmchen.
Die Vorstellung, Taylor ohne Zigarette gegenübertreten zu müssen, machte Lana zu schaffen. Sie war nicht süchtig. Nein, nein. Nur ein schwacher Mensch wurde süchtig, und sie war nicht schwach.
Und weder die Tatsache, dass sie schon den ganzen Tag um einiges nervöser und ungehaltener war als sonst, noch die stundenlange Suche nach ihren Kippen und dass sie Sanjit dabei verflucht hatte, bewies irgendetwas.
Doch als sie die Tür aufschloss, wünschte sie sich nichtssehnlicher, als sich eine Zigarette anzustecken. Damit Taylor sich nicht aus dem Staub machte – was ziemlich unwahrscheinlich war, aber man konnte ja nie wissen –, hatte sie Sanjit gebeten, einen Riegel an der Tür anzubringen. Was diese Dinge betraf, war er sehr geschickt. Wäre echt ein Jammer, wenn sie ihn erschießen müsste.
Taylor einzusperren, war an sich schon seltsam.
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