Licht (Gone) (German Edition)
Mensch verlassen. Diana machte sich da nichts vor. Er war ein Krimineller, ein charmanter, jedoch unverbesserlicher Soziopath, der in den Knast wandern würde.
Sie würde ihn besuchen und sich hinter der Sicherheitsscheibe über ihn lustig machen. Und dann würde sie auf ihn warten. Jahrelang. Falls nötig, ihr Leben lang.
Diana, sagte sie sich jetzt, du hast echt ’ne Begabung für die falschen Entscheidungen. Auf eine mehr kommt es also auch nicht mehr an.
In diesem Augenblick veränderte sich etwas in ihr. Das überraschte sie. So wie Alex hatte sie die Hoffnung nie ganz aufgegeben. Sie hatte an dem Gedanken festhalten wollen, dass das ihre Tochter war und sie die Mutter …
Gaia war aber kein süßes kleines Mädchen, sie war eine Bestie mit hübschem Gesicht und strahlend blauen Augen.
Gaia hatte die Ohrstöpsel und das Handy fallen lassen, während Alex sie immer noch weinend anflehte.
Diana hob die Dinger auf und sagte: »Das ist nichts für dich, Gaia.«
»Wieso?«, fragte Gaia verwirrt.
»Das kann dir nicht gefallen. Musik ist etwas für Menschen.«
Gaia wusste eine Menge, aber von Kinderpsychologie hatte sie garantiert noch nie gehört.
»Ich will es aber hören!«
Es wäre fast dunkel, wenn sie am See ankämen. Diana rechnete sich keine großen Chancen aus. Das, was sie vorhatte, war hoffnungslos. Ein von vorneherein zum Scheitern verurteilter und verrückter Plan. Na und? Was hatte sie schon zu verlieren?
Ihr fiel ein alter Song ein. Wie ging der noch mal? Freedom’s just another word for nothing left to lose …
Gaia fummelte an den Ohrstöpseln herum und ließ sich stirnrunzelnd von Diana zeigen, wie das Gerät funktionierte.
Und Diana? Sie besaß genug schwarzen Humor, um sich insgeheim über ihre heldenhaften Absichten zu amüsieren.
Viele Stunden waren vergangen, es war Abend geworden und Dahra war, wenn es hoch kam, vielleicht dreihundert Meter weit gehumpelt. Sie konnte den angeschwollenen und schmerzenden Fuß kaum noch aufsetzen und vom vielen Hinfallen bluteten ihre Hände.
Vielleicht, dachte sie, kommt die Barriere gleich runter und dann tauchen hier lauter Autos auf. Das müsste aber schnell passieren. Noch bevor es stockfinster wird. Sie konntedie Bäume entlang der Straße kaum noch vom Hintergrund unterscheiden.
Als sie den Blick hob, hatte der Himmel sein dunkelstes Blau erreicht. Noch ein paar Minuten und er wäre schwarz. Hoch oben, ziemlich weit im Osten, blinkten die Lichter eines Flugzeugs. Ein Flugzeug voller Menschen. Keine Gefangenen der FAYZ , sondern ganz normale Leute auf dem Weg von San Francisco nach Los Angeles.
Meine Damen und Herren, wenn Sie rechts aus dem Fenster schauen, sehen Sie die FAYZ .
Sollte es eines Tages vorbei sein, gäbe es hier sicher Besichtigungstouren.
Genau an dieser Stelle, an diesem Straßenrand, ist Dahra Baidoo verhungert .
Die Vorstellung ließ sie in Tränen ausbrechen. Was hatte sie getan, um das zu verdienen?
He, da bewegte sich etwas! Sie kniff die Augen zusammen und wirklich: Keine sechs Meter von ihr entfernt stand ein Kojote. Seine Augen glitzerten im Dunkeln. Er war räudig und schmutzig und bestand nur noch aus Haut und Knochen.
Dahra wusste, dass Brianna Jagd auf die Kojoten gemacht hatte. Nach dem Angriff auf die Kids, die zum See geflohen waren, hatte Sam Brianna befohlen, die Mutantenhunde ein für alle Mal auszurotten.
Aber hier war einer, der eindeutig nicht tot war.
Der Kojote schnupperte in der Luft, seine Ohren zuckten hierhin und dahin. Er war auf der Hut, fürchtete den Wirbelwind. Der Hunger war jedoch stärker.
»Hau ab!«, schrie Dahra. »Ich bin mit dem Wirbelwind verabredet. Sie kann jeden Augenblick hier sein!«
Der Kojote kaufte ihr das nicht ab. »Nicht hier«, stieß er gurgelnd hervor. Er kam vorsichtig näher. Von seinen Lefzen troff Speichel.
Dahra war wie gelähmt vor Angst. Der Kojote würde sie nicht sofort töten, er würde sie bei lebendigem Leib fressen. Sie würde erst das Bewusstsein verlieren, wenn sie genug Blut verloren hätte.
Der Kojote war bis auf einen halben Meter an sie herangekommen. Seine Nüstern füllten sich mit ihrem Geruch, sein Maul schäumte vor Gier.
»Nicht«, flüsterte sie.
Der Kojote erstarrte. Seine Ohren drehten sich nach rechts. Er kauerte sich hin.
Und jetzt hörte Dahra es auch: ein Knacken im Unterholz und das Rascheln von Laub.
»Hilfe! Hilfe!« Sie schrie, ohne zu wissen, wer oder was im Wald unterwegs war. Sie wusste nur, dass der Kojote auf
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