Licht (Gone) (German Edition)
einmal Schiss hatte.
Er knurrte tief.
Das Geräusch kam immer näher.
Der Kojote stieß ein enttäuschtes Jaulen aus, dann trollte er sich.
»Helft mir!«, schrie Dahra.
Das, was sich zwischen den Schatten auf sie zubewegte, ergab im ersten Moment keinen Sinn. Es war eine Gestalt, aber für einen Menschen war sie viel zu breit.
Doch dann erkannte sie ihn und wäre vor Erleichterung fast in Ohnmacht gefallen.
»Orc!«
Orc stieg die Böschung zur Straße herauf und ging neben ihr in die Hocke.
»Dahra, was tust du hier?«
»Ich bin gestürzt – mit dem Rad. Mein Knöchel ist verstaucht. Hilfst du mir? Ich muss zum See.«
»Solltest du nicht zuerst zu Lana?«
»Nein, zuerst zum See. Bitte! Ich habe eine wichtige Nachricht für Astrid.«
Orc nickte. »Kein Problem. Ich trage dich.«
Er hob sie hoch und hielt sie wie eine Puppe an die Brust gedrückt. Dieser Riese, der aussah, als käme er aus einer anderen Welt, hatte ihr immer Angst gemacht.
Doch jetzt, in der Geborgenheit seiner Arme, fühlte sie sich sicher.
Dreizehn
40 Stunden, 3 Minuten
Für Astrid brach die nächste Nacht ohne Sam an. Sie empfand seine Abwesenheit wie einen dumpfen Schmerz, der nie ganz wegging, den sie tagsüber aber einigermaßen ausblenden konnte. Doch sobald sie allein im Bett lag, sehnte sie sich mit jeder Faser nach ihm.
Astrid versuchte nachzudenken. Und sich möglichst nicht von ihrem Verlangen nach Sam ablenken zu lassen. In ihrer gemeinsamen Koje erinnerte einfach alles an ihn. Sie hätte so gerne mit ihm gesprochen …
Der Steg knarrte unter schweren Schritten und gleich darauf geriet das Boot mächtig ins Schwanken.
Astrid griff nach ihrer Schrotflinte und glitt aus der Koje. Edilios Wache hätte den Eindringling anhalten müssen. Dann hörte sie ein Plätschern, als würde jemand pinkeln – das musste die Wache sein.
Astrid schlich mit ihrem Gewehr im Anschlag bis ans Ende des Gangs und stieg vorsichtig die Treppe zum Deck hinauf.Oben angekommen, hatte sie Dahra Baidoo im Visier, die noch dazu in Orcs Armen lag.
»Nicht schießen!«, presste Dahra hervor.
»Was ist passiert?« Astrid stellte ihr Gewehr ab und half Orc, Dahra auf eine gepolsterte Bank zu legen.
»Ich war auf dem Weg hierher – mit dem Fahrrad«, sagte Dahra. »Ich bin gestürzt und hab mir ganz böse den Knöchel verstaucht.«
»Er ist auf das Dreifache angeschwollen«, bemerkte Astrid.
»Ja, das ist mir auch schon aufgefallen«, erwiderte Dahra trocken. Sarkasmus war gewöhnlich nicht ihre Art, aber Astrid konnte ihr das kaum zum Vorwurf machen.
»Wie soll ich dir helfen?«
»Sobald ich dir erzählt habe, warum ich hier bin, müsste mich jemand zu Lana bringen.«
»Vielleicht kann dich ja irgendwer hinfahren«, meinte Astrid, obwohl sie nicht sicher war, ob es klug wäre, dafür ihre letzten Benzinvorräte anzuzapfen. »Also, warum bist du hier?«
»Habt ihr was zu essen?«, fragte Dahra.
»Ich schätze, es ist okay, wenn ich dir einen Teller Nudeln gebe. Euch beiden.«
Es dauerte seine Zeit, bis das Wasser auf dem kleinen tragbaren Grill zu kochen anfing. Während sie darauf warteten, erzählte ihr Dahra, warum sie gekommen war.
»Ich habe Sams Mutter an der Barriere getroffen. Sie möchte mit dir sprechen.«
»Mit mir ?«, wunderte sich Astrid. Ob es etwas mit ihrer Beziehung zu Sam zu tun hatte?
»Sie sagt, die Stimmung draußen wird von Tag zu Tag schlechter. Und sie hat Recht. Ich habe ein Schild gesehen, auf dem stand: Lasst sie nicht heraus! Ich vermute, dass sie darüber reden möchte. Sam war nicht da, Edilio ist beschäftigt, also fiel die Wahl auf dich.«
»Ich war also die letzte Wahl?«
Dahra zuckte mit den Schultern. »Sie möchte dich an der Barriere treffen. Wahrscheinlich hat sie schon früher mit dir gerechnet, aber bei mir ging’s nicht schneller. Tut mir leid. Vielleicht kommt sie morgen wieder. Nimm was zu schreiben mit. Du weißt schon, um mit ihr zu kommunizieren.«
»Danke, Dahra. Und dir auch, Orc.« Astrid lächelte ihn an, zögerte kurz, doch dann machte sie einen Schritt auf ihn zu und schlang die Arme um seinen mächtigen Bauch.
Orc war so gerührt, dass er kein Wort über die Lippen brachte und sich nur betreten räusperte.
Astrids Blick wanderte zur Barriere. Wieder einmal dachte sie an Sams Befürchtungen, was die Überlebenden nach dem Endspiel erwartete. Es genügte nicht, einen Krieg zu überstehen, man musste auch für die Zeit danach planen.
Sie war froh, dass Connie Temple Kontakt
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