Licht (Gone) (German Edition)
nicht sah.
Aber sie lebte. Astrid war am Leben und mit den anderen Überlebenden auf dem Weg nach Perdido Beach.
Sam räusperte sich. Dann, ohne den Kopf zu wenden, sagte er: »Alex? Tut mir leid, was dir passiert ist. Das hier ist eine schreckliche Welt. Meistens zumindest. Wir können dir nicht helfen. Du musst dich allein durchschlagen.«
»Und wir machen Jagd auf Gaia?«, fragte Caine.
Sam nickte.
Sechzehn
35 Stunden, 33 Minuten
Sinder war am Nachmittag gekommen und hatte Lana den ganzen Abend und bis spät in die Nacht mit Taylor geholfen. Es sah tatsächlich so aus, als könnten sie Taylors Gliedmaßen mit vereinten Kräften wieder anwachsen lassen.
Taylor war nicht ganz Pflanze, aber auch nicht ganz Tier. Sie war ein blutloser, goldhäutiger Freak mit der Zunge einer Echse, Haaren aus Gummi und toten Augen.
»Kannst du aufstehen?«, fragte Lana sie.
Sie wussten weder, ob Taylor sie verstand, noch, ob sie die Kontrolle über ihren eigenen Körper hatte. Was immer der kleine Pete in seiner Ahnungslosigkeit angerichtet haben mochte, das Mädchen wiederherzustellen, war eine echte Herausforderung.
Taylor stand nicht auf. Sie ließ ihre lange schmale Zunge hervorschnellen, rührte sich aber nicht vom Fleck.
»Ich begreife das nicht«, sagte Sinder.
Sanjit betrat mit Patrick das Zimmer. »Wie geht es ihr?«
»Sie ist wieder ganz«, antwortete Sinder, da Lana Sanjit nur fuchsteufelswild anstarrte und sich weigerte, mit ihm zu sprechen. Dabei war ihre Lust auf eine Zigarette gar nicht mehr so stark, sie wollte aber trotzdem eine.
Und dann war auf einmal das Bett leer. Taylor war weg.
Sie starrten alle drei auf die Stelle, wo sie eben noch gesessen hatte.
»Interessant«, sagte Sanjit. »Das habe ich jetzt nicht erwartet.«
Er hatte es kaum ausgesprochen, da tauchte Taylor ebenso unvermutet wieder auf.
Ihre Reptilienzunge schnellte aus dem Mund, ihr Kopf schwang langsam von einer Seite zur anderen, dann verschwand sie erneut.
»Sie teleportiert sich«, sagte Lana.
In den nächsten fünf Minuten tauchte sie nicht mehr auf, und als sie bereits drauf und dran waren, es aufzugeben und nicht länger auf sie zu warten, war sie wieder da – diesmal stand sie in einer Ecke des Zimmers. In ihrer linken Hand hielt sie einen hellgelben Klumpen. Sie warf ihn aufs Bett.
Sinder hob ihn vorsichtig auf. Er war so groß wie ein halber Brotlaib. »Das ist Käse.«
Der Gegenstand in Taylors rechter Hand war eine halbvolle Schachtel Marlboro.
Lana ignorierte Sanjits Stöhnen. Sie nahm das Geschenk grinsend an und sagte: »Endlich zahlt sich diese Heilerei auch mal aus.«
Taylor verschwand und kam nicht wieder.
Eine Minute später wurde die Tür eingetreten und Dekka betrat mit der bewusstlosen Brianna in den Armen den Raum.
Alex erinnerte sich daran, wie er in seinem Bett im Haus seiner Großmutter in Atascadero aufgewacht war. Beim Frühstück hatte er ferngesehen, dann hatte er auf der Arbeit angerufen und sich krank gemeldet und seinem Kumpel Charlie eine SMS geschickt. Ihn gefragt, wann er ihn abholen würde.
Danach hatte er dafür gesorgt, dass auf seinem iPhone genug Speicherplatz für die Videos war, das Seil, die Leiter und seine Haken zusammengesucht und noch rasch einen Müsliriegel in den Rucksack geworfen.
Seiner Großmutter hatte er gesagt, er wolle Klettern gehen, was ja nicht ganz unwahr war. Sie hatte ihn gebeten, sie am Samstag zum Costco zu fahren, wozu er sich wohl oder übel bereit erklärt hatte.
Sein Leben war nicht spektakulär gewesen, aber auch nicht schlecht. Normal jedenfalls. Doch dann war alles mit einem Schlag anders geworden, so wie er es nie für möglich gehalten hätte. Auf einmal war er körperlich und psychisch ein Wrack. Früher war er nie in die Kirche gegangen und jetzt vergötterte er ein menschenfressendes Mädchen. Er war noch so weit bei Sinnen, um zu begreifen, dass das der reinste Wahnsinn war.
Alex wanderte am Ufer des Sees entlang. Die aufgehende Sonne verlieh dem Ort etwas Gespenstisches. In der Luft lagder Geruch nach verkohltem Menschenfleisch und ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen.
»Nahrung für die Götter.« Er lachte schluchzend auf.
Ja, es war so gar nicht das, womit er gerechnet hatte, als er an der Barriere auf die Leiter stieg, um ein paar coole Videos zu drehen.
»Aber hey, so ist das Leben.«
Das hier war eine ganz neue Erfahrung. Der Schmerz in seiner Schulter nahm gerade wieder zu. Seltsam war das. Er kam und ging. Die meiste
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