Licht (Gone) (German Edition)
sind sie nicht. Und wenn du schon nicht mitkämpfst, dann fährst du jetzt wenigstens raus und rettest sie. Los! Tu was Sinnvolles mit deiner Kraft.«
Sie erblickte Brianna, die humpelnd näherkam und bei jedem Schritt laut fluchte. Ihre Haare waren zur Hälfte weg und die rechte Gesichtshälfte leuchtete knallrot.
»Brianna!«, schrie Dekka. Sie kam gerade an Land, ließ Orc kurzerhand in den Sand fallen und stürzte zu Brianna.
Brianna sackte in ihren Armen zusammen und wirkte auf einmal so schwach und klein wie nie zuvor.
»Sie ist schwer verwundet!«, rief Dekka.
Die Kids tauchten nun aus allen Richtungen auf und näherten sich den vier Mädchen.
Orc kam schwerfällig auf die Beine und blickte sich verwirrt um.
Astrid erteilte erste Anweisungen. Ihre Stimme blieb ruhig, obwohl sie innerlich am Ausrasten war. Seht nach, welche Autos noch fahren. Sucht nach Überlebenden. Wenn jemand zu schwer verletzt ist, um von selbst zu kommen, holt mich. Bringt alles her, was noch an Essen da ist.
Briannas linkes Ohr war weg. Ihre linke Gesichtshälfte und die Haut bis zum Nacken sahen aus wie geschmolzenes Wachs.
»Orc«, sagte Astrid. »Ich muss dich um etwas bitten und ich tu’s nur ungern, aber jemand muss den Rand der Siedlung bewachen, falls Gaia zurückkommt. Vielleicht ist sie ja verletzt und dann …«
Plötzlich bekam sie einen Schwächeanfall und alles drehte sich. Das war der Schock.
Diana fing sie auf.
Astrid setzte sich hin, nahm ihr Gesicht in beide Hände und versuchte nachzudenken: Sieh das Ganze, Astrid. Überleg, was zu tun ist.
Ich werde Sams Mutter nicht treffen, dachte sie. Das Endspiel ist noch nicht vorbei.
In diesem verfluchten Spiel ging es nur darum zu überleben. Die nächste Minute, noch eine Stunde …
Was waren die Fakten? Der Lieferwagen, den sie manchmal benutzten, war intakt. Sein Tank war noch zu einem Viertel voll. Im Winnebago, einem der großen Wohnmobile, war der Tank zu einem Achtel voll.
Das hieße aber auch, dass rund dreißig Leute zurückblieben und zu Fuß gehen müssten. Aber wenigstens konnten die Schwerverletzten transportiert werden – vorausgesetzt, es fand sich jemand, der ein Wohnmobil fahren konnte, ohne es in den Straßengraben zu lenken.
Sie müsste bei denen bleiben, die zu Fuß gingen.
Sie würden dabei draufgehen.
Mit dem nachlassenden Schock stieg nun auch wieder der Lärmpegel. Die Kids weinten und schluchzten, etliche suchten nach ihren Freunden und Geschwistern und riefen sie beim Namen. Die Leute bebten vor Angst. Niemand glaubte, dass Gaia erledigt war und sie nichts mehr zu befürchten hatten.
Jack war auf den See hinausgerudert.
Der Junge, der ihn begleitete, ließ den Strahl einer Taschenlampe über das Wasser gleiten und rief: »Ist hier jemand?«
Diana stand einfach nur da. Sie starrte Orc hinterher, der in die Richtung davontrottete, in die Gaia geflohen war, und murmelte in einem fort: »Sie wird alle töten. Sie tötet uns alle.«
»Ich bringe Brianna in den Lieferwagen«, sagte Dekka. Sie hielt ihre Freundin wie ein Kind in den Armen. »Und noch einen anderen Jungen, dem es extrem schlecht geht.«
Astrid nickte. Dekka würde sich nicht davon abhalten lassen, Brianna zu begleiten. Sie blickte in Briannas gerötete Augen und versuchte, die fürchterlichen Verbrennungen in ihrem Gesicht auszublenden.
»Du hast viele Leben gerettet, Wirbelwind«, sagte sie sanft. »Du bist eine Heldin.«
»Und was für eine!«, fügte Dekka hinzu, während ihr Tränen über die Wangen liefen.
»Lana wird sie heilen. Sieh zu, dass du so viele wie möglich im Lieferwagen unterbringst.«
Zehn Minuten später fuhr der Lieferwagen los.
Computer-Jack brachte drei kreidebleiche Überlebende an Land. Nur drei.
»Viele treiben noch auf dem Wasser«, sagte er.
»Dann hol sie raus!«
Erst als Jack kopfschüttelnd »nicht nötig« murmelte, verstand Astrid, wie er es gemeint hatte. Sie bat ihn, dabei zu helfen, die Verletzten zum Wohnmobil zu tragen.
Orc kehrte zurück und berichtete von einer Blutspur, die nach Westen führte, also in Richtung der Barriere. Sollte Gaiader Kuppelwand folgen, wäre sie jetzt auf dem Weg in die Wälder des Nationalparks.
Von den ausgebrannten Fahrzeugen stieg schwarzer Qualm auf, während die Boote auf dem See längst alle gesunken waren und nur noch einzelne Trümmer auf dem Wasser trieben. Es stank nach verbranntem Gummi und verkohltem Fleisch.
»Okay, alle mal herhören!«, rief Astrid. Ihre Worte gingen jedoch im
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