Licht über den Klippen
aufgehängten Mänteln verborgen.
Ich stellte meine Stiefel an die Wand, ging um die schmale hintere
Treppe zu den alten Dienstbotenzimmern herum und stieg die eine schiefe Stufe
zur Küche hinauf.
Mark erkundigte sich, wo er das Kästchen hinstellen solle.
»Wo du möchtest.« Das Kästchen ohne Inhalt bedeutete mir nichts.
Claire, die uns gefolgt war, fragte: »Wie ist es gelaufen?«
»Prima, danke«, antwortete ich.
»Eva hat einen Schwips«, erklärte Mark.
»Ach was.«
»Sagst du doch selbst. Du solltest mal deine Augen sehen.«
»Wenn sie so ausschauen wie deine, brauche ich, glaube ich, einen
Kaffee.«
»Ja. Ich mach uns einen«, sagte er und nahm den Wasserkocher.
Claire legte die Hand auf meinen Ellbogen. »Was um Himmels willen
habt ihr zwei getrunken?«
»Scrumpy.«
»O je. Dann wirst du dich hinsetzen müssen.«
Sie dirigierte mich in das große vordere Zimmer, das wir der vielen
Bücherregale wegen immer die »Bibliothek« genannt hatten, und drückte mich in
einen Sessel beim Klavier. Dann kam Mark mit Kaffee für alle und machte es sich
auf dem Sofa neben mir bequem. Mit dem von der Feuchtigkeit gelockten Haar sah
er fast wieder aus wie der Junge von damals.
»Du solltest raufgehen und ein Bad nehmen«, sagte Claire.
»Die Treppe würde ich im Moment nicht schaffen.« Ich ließ den Kopf
nach hinten sinken, richtete mich jedoch gleich wieder auf, weil mir erneut
schwindelig wurde.
Claire fragte, wo wir die Asche hingebracht hätten.
»Zum Leuchtfeuer«, antwortete Mark.
Wenn Claire wusste, was das bedeutete, ließ sie es sich nicht
anmerken. »Ist schön da oben«, meinte sie nur.
»Ja«, bestätigte ich. »Wo steckt Sue?«
»Ich bin hier«, antwortete Sue, die gerade hereinkam und zuerst Mark
und dann mich ansah. »Alles in Ordnung?«
»Bei mir schon«, sagte Mark. »Aber Eva hat zu viel getrunken.«
Ich seufzte. »Du musst reden. Schau dich doch an.«
»Bin ich derjenige, der hier doppelt sieht?«
»Kinder«, ermahnte Claire uns mit ruhiger Stimme.
Susan setzte sich neben mich. »Wer sieht doppelt?«
Mark legte den Kopf ein wenig schräg. »Eva wollte mir weismachen,
dass es im Wilden Wald zwei Pfade gibt.«
Das konnte ich leider nicht abstreiten. »Es ist seine Schuld.«
Susan musterte mich voller Mitleid. »Was habt ihr getrunken,
Whisky?«
»Nein, Scrumpy.«
»O je. Wie konntest du nur?«, fragte sie Mark.
»Bevor du zu einem voreiligen Schluss gelangst, solltest du hören,
dass Eva deine Teestube jetzt, nach dem Genuss von Scrumpy, für eine gute Idee hält.«
Ich stieß ihn mit dem Ellbogen in die Rippen. »Aua!«, beklagte er
sich lachend.
»Ich fand die Idee auch schon vor dem Scrumpy gut.«
»Tatsächlich?« Susan wirkte erfreut.
»Ja. Ich habe Mark gerade gesagt, dass ich dir gern helfen würde,
das Ganze in die Gänge zu bringen. Ich könnte die PR für dich machen.«
»Als Gegenleistung für Kost und Logis«, erklärte Mark Claire und
Susan. »Sie bleibt den Sommer über bei uns.«
Er erwähnte nichts von meinen Plänen, im Herbst, nach der
Feriensaison, ein Cottage in der Nähe zu mieten, vielleicht deshalb, weil er
Claires Großzügigkeit kannte und sie mir bestimmt das ihre angeboten hätte.
»Wirklich?«, fragte Susan. »Toll. Eva, das wird wie in alten
Zeiten.«
Mark sah sie über meinen Kopf hinweg an, um sie daran zu erinnern,
dass die Dinge ohne Katrina eben nicht mehr so wie früher waren.
Ich versuchte, diesen heiklen Moment zu kaschieren, indem ich sagte:
»Ich werde also viel Zeit haben, dich in puncto Teestube zu beraten.«
»Wenn du möchtest, zeige ich dir das Gewächshaus gleich morgen«,
schlug Susan vor. »Felicity will mir helfen, es auszuräumen. Da drin verstauben
Sachen seit meiner Studienzeit.«
Claire lächelte. »Wahrscheinlich noch länger.«
»Wer ist Felicity?«, erkundigte ich mich.
»Eine Freundin aus dem Ort. Ich denke, du wirst sie mögen. Oder,
Claire?«
»Ja, Felicity mögen alle.« Claire bedachte ihren Stiefsohn, der
immer tiefer ins Sofa sank, mit einem liebevollen Blick. »Wenn du noch länger
da sitzen bleibst, Mark, schläfst du ein.«
»Mm.« Er schloss die Augen und döste tatsächlich weg.
»Männer«, meinte Susan schmunzelnd. An mich gewandt, fügte sie
hinzu: »Du solltest dich auch ein bisschen hinlegen. Es war ein anstrengender
Tag.«
Sie hatte recht, doch der Kaffee wirkte bereits. Also unterhielt ich
mich mit Claire und Susan über allerlei Dinge, während Mark leise vor sich hin
schnarchte.
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