Licht und Dunkelheit
nahm das Glas entgegen. »Ich hätte Euch auch so vertraut.«
»Tatsächlich? Gut zu wissen. Braucht Ihr viel Mut, um mir die Idee zu erzählen? Ihr solltet wissen, dass ich nichts machen werde, was in irgendeiner Weise Zweifel über die Herkunft des Kindes aufkommen lassen könnte. Eher lebe ich mit den Konsequenzen.«
»Ich weiß.«
Sie schwieg und trank das Glas in einem Zug leer. Interessiert beobachtete er sie.
»Ich gestehe, Ihr macht mich neugierig.«
Levarda hielt ihm ihr Glas hin und er füllte es ein weiteres Mal, diesmal allerdings nur halb.
»Könntet Ihr Euch kurz umdrehen?«
Er zögerte.
»Ihr wisst, dass Eure Reflexe wesentlich schneller sind als meine, und außerdem steht die Tür offen, und zwei Soldaten davor. Welche Chance hätte ich, Euch zu verletzen?«
Gehorsam drehte er sich um.
Levarda stellte ihr Glas ab, öffnete die Verschnürung ihres Kleides weit genug, dass sie mit der Hand unter ihre Brust gelangte, und zog einen Beutel heraus, verschnürte dann ihr Kleid wieder.
»Ihr könnt Euch umdrehen.«
Langsam legte sie den Beutel auf den Tisch. Lord Otis erstarrte, als sein Blick darauf fiel.
Röte schlich sich in ihr Gesicht. Verlegen betrachtete sie den Beutel und mied jeden Augenkontakt mit ihm.
»Ich bin gespannt, was nun kommt.«
Seine Stimme war sanft, streichelte ihre Haut und ließ darauf eine Gänsehaut entstehen. Ihr Herz klopfte gegen ihr Kleid und sie spürte, dass sich Schweiß auf ihrer Stirn bildete.
»In meinem Land gibt es eine Tradition«, hob sie an, zu sprechen. »Nichts darf verschwendet werden. Wenn eine Frau beschließt, sich einen Bettgefährten zu nehmen, …«
»Ach nein«, warf Lord Otis ein, »und was unterscheidet Euch darin dann von uns?«
»Dass es auf freiwilliger Basis geschieht. Niemand wird gezwungen.«
»Ich zwinge auch niemanden.«
»Aber Eure Bettgefährtinnen sind abhängig von Euch. Wie könnten sie sich Euch verweigern?«
»Woher wollt Ihr wissen, dass es nicht bereits vorgekommen ist?«
»Ihr lenkt ab«, kritisierte Levarda.
»Fahrt fort, ich höre Euch ab jetzt stumm zu.«
»Jedenfalls entscheiden die Frauen, ob sie von dem Mann ein Kind haben möchten oder nicht.«
»Armer Mann.«
»Ihr wolltet mir stumm zuhören.«
Ärgerlich sah ihn Levarda an, schlug aber sofort die Augen nieder, als sie das Funkeln in seinen Augen bemerkte. Sein Zeigefinger legte sich auf seinen Mund und er wartete.
»Wie gesagt, es darf nichts verschwendet werden. Aus diesem Grund wird die …«, sie holte tief Luft für die nächsten Worte, »... lebensspendende Kraft des Mannes der Erde zurückgegeben, vorzugsweise an eine Pflanze, die Früchte trägt.«
Sie hielt inne, schloss die Augen, sortierte ihre Gedanken. Ab jetzt war alles reine Theorie, eine wage Idee. Saubere Energie der lebensspendenden Kraft würde dem Körper von Lord Gregorius auf eine andere Art zugeführt, durch das Essen. Eine natürliche Art der Energieaufnahme, die unbemerkt von den Abwehrmechanismen der dunklen Energie das Zentrum direkt erreichen konnte. Sie öffnete die Augen, wagte es aber nicht, Lord Otis direkt anzusehen. Hastig stieß sie die nächsten Worte aus, bevor sie den Mut verlor.
»Stellt mir Euren Beutel mit Inhalt zur Verfügung, mit dem Ritual führe ich ihn einer Pflanze zu, die gerade Früchte bildet, und drei Tage später gebt Ihr etwas davon an sein Essen.«
War es möglich, dass sich die Röte in ihrem Gesicht noch steigern konnte? Ihre Wangen glühten. Sie musste es schaffen, ihren Atem zu drosseln, entfesselte dafür die Energie der Luft und kühlte endlich ihren Körper ab.
»Wäre es egal, wann das getan wird?«
»Nein, nicht ganz. Die Frucht müsste vier Tage später reif genug zum Essen sein. Und seine Gemahlin sollte sich in einer fruchtbaren Phase befinden, damit er danach –« Sie brach ab, unfähig, den Satz zu Ende zu bringen.
Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus.
Levarda nutzte die Zeit, um sich wieder komplett unter Kontrolle zu bringen.
Dann schien Lord Otis etwas einzufallen. »Darf ich Euch etwas Intimes fragen?«
Sofort war es mit ihrer Selbstkontrolle vorbei. Nein, auf keinen Fall, dachte sie. Stattdessen antwortete sie zögernd: »Ja.«
»Haben solche Beutel nur die Frauen in Eurem Land oder auch die Männer?«
»Natürlich nur die Frauen.«
»Ich nehme an, der Inhalt müsste frisch sein. Wie erfahre ich, dass der Zeitpunkt gekommen ist?«
»Ich schicke Adrijana zu Euch.«
»Ich verstehe.«
Es entstand eine Pause, in
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