Licht und Dunkelheit
Henkers schwebt nicht mehr über Euch«, warf Lord Eduardo galant ein.
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Mein Platz ist hier am Hof, an der Seite von Lady Smira und Agilus, nicht an der Seite eines Mannes.«
»Ihr werdet Eure Meinung überdenken, wenn Ihr den Antrag eines Mannes erhaltet, der Euch zu schätzen weiß.« Lord Eduardo zwinkerte ihr zu.
»Mein guter Freund! Heißt das, Ihr verheimlicht mir etwas?« Lady Eluis‘ scharfer Blick richtete sich auf Lord Eduardo, der begann, sich zu winden.
»Nein, aber Ihr müsst zugeben, dass jeder Mann heute feststellen konnte, dass Lady Levarda eine Frau mit tiefen mütterlichen Gefühlen ist. So etwas ist gefragt.«
Lady Eluis runzelte die Stirn. »Ihr habt recht, Lord Eduardo. In gewisser Hinsicht wäre Lord Otis eine geschickte Wahl, Lady Levarda. Versprecht mir, dass Ihr Euch ein Angebot seinerseits überlegen werdet.«
»Ich versichere Euch, er hat mir keinen Antrag gemacht«, erwiderte Levarda, nur teilweise belustigt von der Hartnäckigkeit der beiden.
»Nein, natürlich nicht, denn den erhält immer zuerst der hohe Lord, und der entscheidet, ob er ihn in Eurem Namen annimmt oder nicht«, klärte Lady Eluis sie auf.
»Dann werde ich wohl den hohen Lord Gregorius um eine Audienz bitten müssen, damit er mich nicht verheiratet.«
Die älteren Herrschaften fingen an zu kichern wie kleine Kinder. Verärgert runzelte Levarda die Stirn.
»In diesem Fall müsst Ihr mir versprechen, dass Ihr mir bis ins kleinste Detail berichtet, was für eine Antwort Euch der hohe Lord darauf gegeben hat«, brachte Lady Eluis schließlich mühsam hervor.
Die nächsten Tage waren angefüllt mit Feierlichkeiten. Lord Otis mied Levarda, forderte weder sie noch eine andere Hofdame zum Tanz auf. Die Tage verflogen, und die Abreise von Lady Smiras Familie kam schneller als gedacht.
Lady Tibana hatte Levarda komplett ignoriert. Beim Abschied von ihrer Tochter bedankte sie sich bei Levarda für ihre Bemühungen und drückte förmlich ihre Hoffnung aus, dass Agilus noch Geschwister bekommen würde.
Levarda hegte den Verdacht, dass sie ahnte, etwas stimme mit der Geburt des Kindes ihrer Tochter nicht.
Lady Smira störte das Babygeschrei in ihrer Nachtruhe, obwohl Agilus in einem eigenen Zimmer schlief, daher schlug Levarda vor, dass das Baby in ihr Turmzimmer ziehen solle, und die hohe Gemahlin gab ihr nach.
Erneut stand Levarda im Mittelpunkt von Klatsch und Tratsch, doch hatte sie eine ungewisse Ahnung, dass Agilus bei ihr sicherer aufgehoben war. Während sich Volk und Hof noch im Freudentaumel befanden, träumte sie immer öfter von Prinz Tarkan. Morgens erinnerte sie sich nie daran, worum es in ihren Träumen gegangen war. Alles lag in Dunkelheit, und das bereitete ihr Unbehagen, denn sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie etwas Wichtiges übersah. Außerdem konnte sie die Worte von Lady Eluis und Lord Eduardo zum Thema Heiraten nicht vergessen. Als Erstes erkundigte sie sich bei ihrer Cousine, ob der Herrscher von Forran gedachte, sie zu verheiraten. Diese beruhigte sie.
Lord Gregorius hatte ihr als Dank für die Unterstützung zur Geburt seines ersten Sohnes einen Wunsch freigestellt, und Lady Smira wollte ihrerseits dem hohen Lord nahelegen, dass Levarda auch in Zukunft bei ihr blieb. In Anbetracht dieser kleinen Bitte und ihrer herausragenden Rolle bei der Heilung des hohen Lords und der Betreuung seines Thronfolgers erschien ihr eine Audienz beim hohen Lord nicht mehr so dringlich. Wer würde eine Heilerin an ein anderes Herrscherhaus verheiraten und damit riskieren, sie zu verlieren? Nein, der Gemahl ihrer Cousine mochte ein Mann sein, aber er war nicht einfältig.
Einige Tage später klopfte es abends an Levardas Tür. Mit einem Blick auf das schlafende Kind in der Wiege ging sie zur Tür.
Lord Otis stand draußen mit Sendad und Lemar.
Levarda trat auf den Flur und zog vorsichtig die Tür hinter sich zu, was der erste Offizier mit einem Hochziehen seiner Augenbrauen quittierte.
»Darf ich nicht eintreten?«
»Agilus schläft, ich möchte nicht, dass Ihr ihn weckt. Was wollt Ihr?«, flüsterte sie.
»Etwas, das ich hier draußen nicht mit Euch bereden kann.«
Levarda warf den beiden Offizieren an seiner Seite einen schnellen Blick zu. Lemar unterdrückte ein Grinsen, wohingegen Sendad ernst dreinsah.
Widerstrebend ließ sie die Männer ein. Die Offiziere positionierten sich rechts und links der Tür. Aus der Wiege kam ein Laut, und Levarda huschte
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