Licht und Dunkelheit
bitten.
In der Nacht schlug sie die Augen auf, weil es in ihrem Bett ungewöhnlich warm war. Neben sich sah sie Lord Otis liegen, komplett in seinen Waffenrock gekleidet. Was wollte ihr Unterbewusstsein ihr damit sagen? Vorsichtig streckte sie die Hand aus, überwand die kurze Distanz und zog sie erschrocken zurück, als sie merkte, dass der Mann neben ihr lebendig war und kein Bild ihrer Phantasie. Bevor sie schreien konnte, lag seine Hand bereits auf ihrem Mund.
»Ihr wollt Agilus doch nicht wecken, oder?«
Sie schüttelte den Kopf. Langsam nahm er seine Hand weg.
»Was wollt Ihr hier?«, krächzte sie.
Ein gefährliches Lächeln erschien auf seinen Lippen. In seinen Augen brannte ein Feuer.
»Lady Levarda, willigt Ihr ein, meine Frau zu werden?«
»Ihr habt meine Antwort zu dieser Frage erhalten.« Sie nahm all ihren Mut zusammen. »Nein.«
»Ich habe Euch nicht verstanden, sagt es noch mal.«
»Nein. Lord Otis, versteht doch, es ist kein Weg, den ich gehen kann, selbst wenn ich es wollte.«
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich.
»Was ich nicht tue«, fügte sie hastig hinzu, um die Endgültigkeit ihrer Entscheidung deutlich zu machen.
»Seid vernünftig, Ihr wisst genau, dass es nicht geht. Ihr selbst habt zu spüren bekommen, was passiert, wenn ich bei einem Kuss die Kontrolle verliere. Ihr wart damals vernünftig genug und seid gegangen. Eure Entscheidung in dieser Nacht war richtig.«
Sie biss sich in die Unterlippe, als sie das Grinsen in seinem Gesicht sah. Sofort brannte die Röte in ihren Wangen. Die Nacht mit ihren Möglichkeiten hatte sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. Seine Anwesenheit in ihrem Bett machte die Sache nicht einfacher.
»Ich habe meine Meinung geändert«, erklärte er gefährlich gelassen. Er rückte ein Stück näher, ließ seine Energie zu ihr herüberfließen, und da sie vergessen hatte, sich zu schützen, entzündete sich ihre daran. Das Licht strahlte hell in ihrem Innern, heller als je zuvor.
Aus seinem Gesichtsausdruck schloss sie, dass er um seine Wirkung wusste. Er spielte mit ihr, aber das war ein gefährliches Spiel, das ihn sein Leben kosten konnte. Es war an der Zeit, ihm klarzumachen, wie gefährlich es war, denn ihre Worte schien er nicht zu verstehen. Ihre Hand wanderte zu ihrer Bettdecke und sie zog sie vorsichtig zurück.
»Ist es das, was Ihr wollt, Lord Otis?«
Er hielt ihre Hand fest. »Nein, Levarda, ich will, dass du meine Frau wirst. Ich möchte, dass du mir gehörst.«
Gehörst! Sie war kein Besitz, sondern ein Mensch. Eine Tochter von Mintra, die ihr Leben Lishar geweiht hatte, damit sie allen Menschen dienen konnte.
Levarda nutzte ihre zweite Hand, um die Decke wegzuziehen. Erneut reagierte er unglaublich schnell und packte auch diese Hand. Sie merkte, wie sein Atem sich beschleunigte, fühlte den Anstieg seiner Energie, so dicht war er ihr. Sein Gesicht beugte sich zu ihr, seine Lippen legten sich auf ihre. Sie öffnete die Lippen, konzentrierte sich darauf, die Kontrolle über die Energie zu behalten. Diesmal wollte sie seinen Kuss erwidern. Aber sie besaß in diesen Dingen keine praktische Erfahrung. Es gab einen hellen Lichtblitz, einen Rückschlag, der sie ins Bett drückte und ihr die Luft nahm.
Lord Otis fand sich auf dem Boden wieder, verblüfft, aber lebendig.
Levarda atmete auf, erleichtert, dass ihm nichts passiert war. Aus der Wiege hörte sie ein Wimmern. Sie sprang auf und nahm Agilus in den Arm, sang ihm leise ein Lied vor.
Langsam stand Lord Otis auf und prüfte seinen Körper auf Verletzungen.
Soweit Levarda es beurteilen konnte, hatte er keinen ernsthaften Schaden davongetragen. In Gedanken schalt sie sich für ihren Leichtsinn. Es hätte ganz anders ausgehen können.
Die gleichmäßigen Atemzüge des Kindes signalisierten ihr, dass es eingeschlafen war. Sanft legte sie es in seine Wiege.
Lord Otis wich vor ihr zurück, als sie auf ihn zuging.
Sie sah in an, legte den Kopf kokett zur Seite. »Ich denke, Ihr habt Eure Lektion gelernt«, erklärte sie und legte sich in ihr Bett.
Er sammelte sich, setzte sich in sicherem Abstand an das entfernteste Ende. »Ich hatte nicht erwartet, dass es so schwierig ist mit Euch.«
Amüsiert stellte sie fest, dass er die höfliche Anrede verwendete. »Wir werden genug Zeit haben, einen Weg zu finden, wenn wir verheiratet sind.«
Sie schüttelte über so viel Sturheit den Kopf.
»Ich heirate Euch nicht.«
»Sagt Ihr mir, wovor Ihr Angst habt?«
»Ihr meint, abgesehen
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