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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Anstrengungen, dem ungewohnten Ritt, der frischen Luft und nicht zuletzt von dem heißen Bad, entschied sie sich, den Kampf für heute ruhen zu lassen. Sie kroch unter die Bettdecke. Aus dem Bad hörte sie einen Schrei, gefolgt von seinen Flüchen. Sie musste grinsen, schloss die Augen und schlief ein.
    In der Nacht wachte sie auf. Er lag neben ihr im Bett unter der Decke, sie spürte die Wärme seines Körpers, fühlte und sah, dass er sie beobachtete. Sie konnte sein Gesicht im Schein des Vollmonds erkennen.
    »Hört auf, mich so anzustarren«, befahl sie.
    Mit ausgestrecktem Finger näherte er sich ihrem Gesicht, strich vorsichtig über ihre Nase. Ihr Schutzschild, vom Vollmond genährt, trennte ihre Feuer voneinander. Sie zuckte vor seiner Berührung nicht zurück. Sie wusste, dass sie diesem Mann Macht über sich gab, sobald sie Angst vor ihm zeigte. Er betrachtete fasziniert seine Fingerspitze, die für einen kurzen Moment silbern aufleuchtete, bevor sie verblasste.
    »Ich habe dich noch nie so voller Energie gesehen.«
    »Ja, und Ihr solltet vorsichtig sein, dann verschone ich Euch vielleicht.«
    »Du würdest niemals einem Menschen mit deiner Kraft Schaden zufügen.«
    »Nein, einem Menschen nicht.«
    Sein Lächeln erstarb. »Und ich bin kein Mensch für dich«, stellte er leise fest.
    Sie wollte ihre verletzenden Worte zurücknehmen, wusste aber nicht, wie. Statt zu antworten, drehte Levarda ihm den Rücken zu.
    Der Schlaf blieb aus. Sie konnte seine Nähe wie ein körperliches Brennen spüren. Ihre Vision schob sich als klares Bild vor ihre Augen. Ein leises Stöhnen entfuhr ihr.
    »Vielleicht solltest du den Kräutern an den Bettpfosten Energie zuführen?«, spottete er.
    Tatsächlich hingen an den vier Pfosten noch ihre Kräutersträuße. Nein, das waren neue. Jemand hatte viel mehr Lavendel darin verarbeitet. Wortlos stieg sie aus dem Bett, wanderte von einem Strauß zum anderen und führte ihnen Erd- und Wasserenergie zu.
    Sein Blick folgte ihr.
    Die Kräuter strömten einen intensiven, beruhigenden Duft aus. Der Mehranteil an Lavendel erhöhte die Wirkung. Sie nahm sich Zeit für die zwei Sträuße am Fußende, sog tief ihre Aromen ein. Sie ließ ihren Atem bis hinunter in ihr Kraftzentrum fließen und wieder heraus. Ein inneres Gleichgewicht stellte sich ein. Zuletzt ging sie zu dem Bündchen, das sich an Otis‘ Kopfende befand.
    Er hatte die Augen geschlossen und sie hörte seine gleichmäßigen Atemzüge. Noch nie zuvor hatte sie ihn beim Schlafen betrachtet. Seine Gesichtszüge völlig entspannt, lag der Hauch eines Lächelns um seine Lippen. Die Führung seiner Augenbrauen und die fein modellierten Ohren waren ihr so vertraut von Agilus‘ Gesicht – Agilus, den sie liebte, als wäre er ihr eigenes Kind.
    Seine Narbe war blasser als sonst. Sie wusste, woher sie stammte, das hatte sie damals gesehen, als sie seine Energie für die Heilung von Sendad nutzte. Nie war es ihr in den Sinn gekommen, ihm diesen Schmerz zu nehmen. Wie alt mochte er gewesen sein, als er mit ansehen musste, wie der Feind seine Mutter abschlachtete? Sie versuchte sich an das Gesicht in der Vision zu erinnern, es gelang ihr aber nicht. Sachte strich sie ihm über sein Haar, das sich erstaunlich weich anfühlte.
     
    Am nächsten Morgen schlief sie lange.
    Als Levarda die Augen aufschlug, befand sie sich allein im Bett. Sie hatte den Rest der Nacht tief und fest geschlafen. Neben ihrem Bett stand eine Truhe. Neugierig ging sie hin und öffnete den Deckel. Langsam ließ sie sich auf den Boden gleiten, starrte auf den Inhalt. Sie griff hinein, zog Hosen, Hemden, Westen, Jacken heraus. Ihre alten Sachen aus Mintra, hier auf Burg Ikatuk? Sogar ihre Lieblingsjacke hielt sie nach einigem Wühlen in den Händen. Sie zog sie über ihr Nachthemd an, sog tief den Geruch des feingegerbten Leders ein. Kaja, ihre Mutter, hatte sie vor einer Ewigkeit liebevoll mit den Symbolen von Sonne, Mond, Wasser, Erde, Luft und Feuer bestickt.
    Die Tür öffnete sich und Lord Otis kam mit einem Tablett herein, beladen mit Essen für mindestens vier Personen. Er stellte es in die Mitte des Bettes und machte es sich mit gekreuzten Beinen auf seiner Seite bequem – mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht und leuchtenden Augen.
    Levarda biss sich auf die Lippen. Sie erinnerte sich an ihre gemeinen Worte in der Nacht. Sie hatte selbst die Entscheidung getroffen, ihn zu heiraten. Er hatte sein Versprechen gehalten, war ihr im Bett nicht zu nahe gekommen,

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