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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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nicht mehr aus.
    Und was empfand er für sie?
    Sie war nicht mehr als ein Besitz, den er wie ein Kind seinem ärgsten Feind vorgeführt hatte: Sieh her, sie gehört mir und nicht dir. Jede seiner Berührungen am Abend war nicht der Zärtlichkeit seiner Gefühle entsprungen, sondern dem Bedürfnis, zu zeigen, dass er das Recht besaß, ihr nahe zu sein.
    Tränen rannen ihre Wange hinunter. Sie ließ sie laufen, zu müde, um sie wegzuwischen.
    »Ich habe dir wehgetan.«
    Sein warmer Finger wischte die Träne von ihrer Wange.
    Sie zog mit trockenem Schluchzen die Luft ein. Wieder einmal hatte sie nicht bemerkt, dass er ins Zimmer gekommen war.
    Er nahm ihre Hand, hielt inne. »Du bist eiskalt, Levarda. Verdammt, warum sitzt du hier auf der Fensterbank? Warum liegst du nicht im Bett?«
    Sie entzog ihm ihre Hand, lehnte den Kopf an das Fenster, schlang die Arme um sich. »Du wolltest mich in Ketten legen.«
    »Wie kommst du darauf?«
    Sie hatte gehofft, er würde es leugnen. Wo war der Mensch hin, den sie in ihm gesehen, gefühlt hatte?
    »Der Soldat, der mich bewachte, hat es mir verraten.«
    »Ich werde ihm die Zunge herausschneiden lassen«, knurrte er.
    Sie ruckte herum. »Das wirst du nicht!«
    Reumütig ließ er den Kopf hängen. »Es tut mir leid, Levarda, aber ich musste sicher sein, dass dir nichts geschieht.«
    Bevor sie sich selbst daran hindern konnte, streckte sie die Hand aus und strich über sein Haar. Oh, Lishar, wieso quälst du deine Tochter mit der Liebe zu diesem Mann?
    Er hob den Kopf, fasste ihre Hand und küsste ihr Handgelenk genau dort, wo ihr Puls schlug. Wärme floss von diesem Punkt in ihren Körper.
    Du gibst ihm viel zu viel Macht über dich, schalt Levarda sich selbst, doch diese Stimme verstummte, als er ihre andere Hand an sich zog und dort die gleiche Stelle küsste.
    »Lass mich dich wärmen«, sagte er leise. Er hob sie vom Fenstersims, legte sie aufs Bett. Ohne Eile ließ er seine Lippen über ihre Haut wandern, bis die Hitze durch ihren Körper strömte und jede Kälte vertrieb.
    Langsam entspannte sie sich, verdrängte ihre Sorge, gab sich ihm völlig hin. Sie liebten sich innig und zärtlich, anders als je zuvor. Levarda ließ all ihre Schutzschilde fallen, nahm ihn in sich auf, bis er sie ausfüllte bis zum letzten Winkel ihrer Seele. Sie konnte sein Feuer in jeder Faser ihres Körpers spüren, das Licht in ihr vibrierte von seiner Nähe. Wie hatte sie sich jemals von dieser Energie und Liebe abgeschnitten fühlen können?
    Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht, zeichnete mit dem Finger ihre geschwungenen Augenbrauen nach, beugte sich zu ihrem Ohr und flüsterte: »Ich liebe dich.«
    Erschöpft ließ er sich ins Bett zurückfallen.
    Levarda legte ihren Kopf auf seine Brust und lauschte dem Klang seines Herzens.
     
    Sie hatte sich noch nicht entschieden, wie sie mit dem Brief von Lord Eduardo verfahren sollte. Ihr Innerstes sträubte sich gegen eine heimliche Zusammenkunft hinter Otis‘ Rücken. Ihr letzter Alleingang hing ihr in den Knochen, aber Lord Eduardo bestand ausdrücklich darauf, sich allein mit ihr zu treffen.
    Hatte sie sich so verändert? Ihren Mut verloren und ihre Selbstsicherheit – eine Frau, die sich gehorsam den Befehlen ihres Mannes fügte? Nein, sie traf weiterhin ihre eigenen Entscheidungen. Sie würde ihn später über den Brief informieren.
    Sie setzte sich an ihre Aufzeichnungen. Die Angst hatte der Dunkelheit ihre Kraft gegeben. Ihr inneres Licht hatte die Schatten aus dem Körper des hohen Lords vertrieben, so wie das Leuchten ihres Amuletts den Griff der Tentakel gelockert hatte. Aber wie konnte sie überhaupt diese Macht ausüben? Von wem oder woher bezog diese Dunkelheit ihre Energie, die stärker war als die Energie der Elemente, die Basis allen Lebens?
    Otis kam herein, stellte sich hinter sie und küsste ihren Nacken. »Was schreibst du da?«
    »Ich halte fest, was ich bisher über die Schatten herausgefunden habe.«
    »Eine hervorragende Idee – darf ich es lesen?«
    Sie schlug das Buch zu, in dem sie ihre Aufzeichnungen niedergeschrieben hatte. Er hatte es ihr geschenkt.
    »Erst, wenn du mir das dritte Buch von Larisan aushändigst.«
    Er sah sie aufmerksam an. »Also gut, aber du kannst es nur auf Ikatuk einsehen.«
    »Einverstanden.«
    Er hielt die Hand auf.
    Sie lächelte. »Du kennst die Bedingungen.«
    »Und ich habe ihnen zugestimmt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, zuerst du.«
    »Soll das heißen, du traust mir nicht?«
    Statt zu

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