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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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sein Zustand verschlechterte sich mit jedem Augenblick, der verstrich. Sie suchte nach der Stelle, aus der er all das Blut verlor, und fand sie in der Nähe des Herzens. Das überstieg ihre Kräfte.
    Sie tauchte aus seinem Körper auf in ihr Bewusstsein und öffnete die Augen. Um sie herum wimmelte es wie in einem Ameisenhaufen. Sie erblickte Lord Otis, der auf Sendads anderer Seite kniete, sah die Energie um seinen Körper lodern und setzte alles auf eine Karte.
    »Steht auf«, richtete sie sich ohne Umschweife an ihn. »Tretet hinter mich. Legt Eure Hände auf meine Schultern«, schoss sie atemlos Befehle auf ihn ab. Für Höflichkeit war keine Zeit.
    Er starrte sie an.
    »Macht, sonst stirbt er vor Euren Augen. Wollt Ihr dafür verantwortlich sein?«
    Er stand gehorsam auf, trat hinter sie, und noch bevor er sie berührte, schloss Levarda ihre Lider. Mit der Energie des Wassers empfing sie seine Feuerenergie, hielt sie von ihrer eigenen fern, die sich bereits nach der Verbindung verzehrte. Sie führte beide Kräfte zusammen zur Wunde an Sendads Herz.
    Noch nie hatte sie etwas dergleichen gewagt. In der Theorie ihrer Heilbücher gab es eine Schilderung darüber, wie man Energien zweier Heiler verband, um eine Wunde zu verschließen, doch taten dies immer ausgebildete Mintraner, die ihre Kräfte bändigen konnten. Sie musste beides tun: heilen und die Feuerenergie kanalisieren. Dafür schien sein Vorrat unerschöpflich, außergewöhnlich bei einem Mann. Frauen beherbergten normalerweise mehr Energien als Männer, zumindest galt das in Mintra.
    Die Blutung ließ tatsächlich langsam nach und stoppte endlich. Sendads Herz schlug langsam, aber regelmäßig.
    In Levardas Gedanken zogen Bilder eines furchtbaren Kampfes vorbei. Ein Mann, der eine Frau tötete, die wiederum versuchte, ein Kind zu schützen. Ein Schwert zerschnitt brutal das zarte Kindergesicht hinter der Frau, als es durch deren Leib fuhr. Levarda fühlte den Hass in dem kleinen Jungen auflodern. Er öffnete seine Hand und ein Blitz schoss heraus und tötete den Schwertträger. Erschrocken drängte sie die Bilder zurück. »Ihr könnt mich loslassen«, brachte sie erstickt hervor.
    Sofort löste Lord Otis seine Hände von ihren Schultern. Levarda zitterte am ganzen Körper. Aus der Kutsche reichte Lina ihre Kiste mit Süßigkeiten. Gierig stopfte sich Levarda trockene Aprikosen, mit Honig überzogene Nüsse und geröstete Bananen in den Mund.
    »Wird er überleben?«, fragte Lord Otis, während er ihr beim Kauen zusah. Sein Gesicht sah bleich und eingefallen aus.
    »Ich weiß es nicht«, gab sie zu. »Er hat viel Blut verloren und ist sehr schwach.« Sie wandte ihren Kopf zur Kutsche. »Melisana, reich mir bitte meine Tasche – die neben der Kiste.«
    Sie öffnete die Tasche und holte eine Rolle Verband und blutstillende Moose heraus. »Richtet ihn auf.«
    Ohne Umschweife packte er diesmal Sendad unter den Achseln und brachte ihn in eine sitzende Stellung.
    Mit flinken Fingern löste Levarda den Knoten von seinem Umhang.
    »Was macht Ihr da?«, Lord Otis‘ Stimme schwankte zwischen Schärfe und Entsetzen.
    Sie blickte kurz auf, während sie die Schnallen von Sendads ledernem Brustpanzer löste. »Ich kann ihm schlecht einen Verband über seiner Kleidung anlegen.«
    Vorsichtig entfernte sie sein Untergewand. Dort, wo die Schwertklinge den Stoff zerteilt hatte, waren dessen Ränder mit der Wunde verwoben. Sie seufzte tief, riss dann mit einem Ruck den Stoff los und sofort begann das Blut wieder zu fließen. Levarda nahm die Moose, presste sie an Brust und Rücken gegen die Wunde. Wie aber sollte sie so den Verband anbringen?
    Diesmal kam ihr Lord Otis ohne Aufforderung zu Hilfe. »Lemar, komm her und halte Sendad fest«, befahl er. Dann nahm der Lord selbst die Verbandrolle aus Levardas Schoß und wickelte sie gleichmäßig fest um die Brust des Verletzten. Als er mehrere Runden gewickelt hatte, konnte Levarda ihre Hände von der Wunde nehmen. Er übergab ihr den Rest der Rolle, und geschickt vollendete sie den Verband. Aus dem kleinen Beutel an ihrem Gürtel nahm sie einen Heilstein für Stichwunden, führte ein Band hindurch und schlang es um Sendads Hals.
    Mit den Fingern strich sie darüber. So wurde er aktiviert und ließ mit einem matten Schimmern seine Kräfte langsam in den verletzten Körper strömen. Levarda hob die Kleidung auf, in der Absicht, Sendads Nacktheit zu verhüllen, doch Lord Otis nahm sie ihr wortlos ab und kleidete seinen Offizier

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