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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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schelten lassen.
    Sie schloss die Augen, beschwor sehnsüchtig Bilder ihrer Heimat herauf. Sie sah sich im Kreis der Ältesten, gewürdigt für ihre Leistungen, die sie gegenüber den Menschen ihres Volkes erbracht hatte. Niemals wäre jemand in ihrem Land so gedemütigt worden. Nie wäre es einem Mintraner eingefallen, sich so über einen anderen zu stellen.
    »Ihr dürft Euch erheben. Ab jetzt werdet Ihr in der Kutsche reisen.«
    Wortlos stand Levarda auf. Dann sah sie Lady Smira tief in die blauen Augen. »Vergesst nicht, Mylady, ich bin keine Eurer Dienerinnen. Ich bin aus freien Stücken hier.« In Gedanken fügte sie hinzu: Und ohne mich seid Ihr dem Tod geweiht. Sie kehrte ihr den Rücken und wandte sich zum Ausgang.
    »Wohin geht Ihr?«, fragte ihre Cousine ängstlich.
    »Ich sorge dafür, dass es einen Ausweg gibt, wenn Ihr versagt«, erklärte sie der jungen Frau kühl.
     
    Levarda schlug den Weg zum See ein. Niemand hielt sie auf. Sie bemerkte aber neugierige, mit Achtung erfüllte Blicke. Grimmig lächelnd, die Augen zum Boden gerichtet, schloss sie, dass ihre neueste Heldentat bereits die Runde gemacht hatte.
    Auch wenn die Anerkennung der Männer für sie den Tod eines Räubers nicht rechtfertigte, wäre sie vielleicht einmal wichtig, wenn es hart auf hart käme. Hoffentlich würde es nie dazu kommen.
    Sie hatte den See erreicht. Ihr Blick schweifte über das Ufer, das nicht geradlinig verlief, sondern sich in vielen Biegungen und Windungen in der Landschaft ausbreitete.
    Sie kroch durch das Gebüsch, bis sie eine geschützte kleine Ausbuchtung fand, hängte ihre Tasche ins Geäst, stieg ins Wasser und zog sich aus. Genussvoll tauchte sie in ihr kühles Element ein, doch bevor sie sich völlig ihrem Vergnügen hingab, wusch sie zuerst sorgfältig ihre Kleidung, dann sich selbst ausgiebig, bis der Wohlgeruch einer frischen Frühlingswiese an ihr haftete.
    Ihre Kleidung ließ sie in der Bucht treiben, sie selbst tauchte ins Wasser ein, schwamm mit kraftvollen Zügen tiefer, glitt über dem Seeboden dahin, spürte das Wasser ihren Körper entlangziehen.
    Tiefe, absolute Stille schloss sie ein. Dies war der Moment, wo sie Frieden empfand. Einen Frieden, den sie lange nicht mehr verspürt hatte. Sie kostete diesen Augenblick aus, bis der Mangel an Sauerstoff sie an die Wasseroberfläche zwang.
    Vorsichtig durchbrach sie die Spannung des Wassers. Ihre Augen erforschten das Ufer. Niemand, der ihr Vergnügen gestört hätte. Sie wiederholte den Vorgang, bis sie den Frieden auch im letzten Winkel ihres Körpers verspürte. Erst dann tauchte sie zu der kleinen Bucht am Ufer zurück. So leise wie zuvor durchschnitt ihr Kopf die Wasseroberfläche. Sie erstarrte. In der Nähe hörte sie gedämpft, aber deutlich, wie sich zwei Männer unterhielten. Eine Stimme gehörte Lord Otis, die andere Lemar.
    »Ihr habt meinen Befehl missachtet. – Warum?«
    Zu Levardas Bedauern klang die Stimme von Lord Otis erstaunlich gefasst.
    »Ihr hättet mir sagen können, dass sie so weit sehen kann, dann wäre ich umgekehrt. Aber da waren nur etwa vierzehn Mann, die uns verfolgten. Es wäre strategisch unklug gewesen, dafür den Vorsprung aufzugeben.«
    »Ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt. Allerdings wäre es mir lieber gewesen, Lady Levarda nicht ein zweites Mal in ein Gefecht verwickelt zu sehen.«
    »Da gebe ich Euch recht. Wenn sie dem Henker zugeführt werden muss, könnt Ihr meine Männer vergessen.«
    »Wie meint Ihr das?«
    Diesmal klang Lord Otis‘ Stimme schärfer. Levarda konnte in der Dämmerung regelrecht fühlen, wie Lemar die Achseln zuckte.
    »Sie scheint nicht nur zu wissen, wie man mit einem Bogen umgeht, sie kann auch das Schwert schwingen.«
    »Das Schwert?«
    »Gerolim wurde von einem verdammt muskulösen, großen Typen bedrängt. Bei dem Gefecht verlor er sein Schwert und es wäre um ihn geschehen gewesen, hätte sie es nicht aufgehoben und dem Mann direkt ins Herz gestoßen.«
    Aus Lemars Stimme hörte Levarda Bewunderung heraus.
    »Es ging durch seinen Brustkorb wie Butter.« Er hielt inne, fügte dann hinzu: »Ich möchte niemals gegen sie kämpfen müssen, …« Er holte Luft, doch anscheinend schnitt ihm Lord Otis das Wort ab. Stille entstand und Levarda wagte nicht, sich zu rühren. Schließlich hörte sie einen tiefen Atemzug.
    »Ich hätte nicht zulassen sollen, dass diese Frau mitkommt.«
    »Und direkte Konfrontation riskieren?«, erwiderte Lemar.
    »Ich frage mich, was Lord Blourred mit ihr

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