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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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bezweckt. Verflucht sei die Zeugungsunfähigkeit des hohen Lords!«, stieß Lord Otis heftig hervor.
    Erneut trat Stille ein, die schließlich Lemars Stimme beendete.
    »Otis, ich bin froh, dass ich nicht in Eurer Haut stecke. Sendads Männer halten Levarda für eine Schutzheilige. Meine Männer halten Levarda für eine Heldin. Eine gefährliche Mischung, wenn Ihr mich fragt.«
    »Hört auf, sie Levarda zu nennen! Sie ist ‚Lady‘ Levarda, also gewöhnt Euch die Anrede besser wieder an.«
    »Das fällt mir schwer, vor allem wenn ich sehe, wie sie auf ihrer Stute durch unsere Reihen fegt.«
    Levarda musste bei seinen Worten grinsen.
    »Lemar!«
    »Schon gut. Ich werde in Zukunft daran denken. Aber sorgt Ihr besser dafür, dass Lady Levarda erst gar nicht das Schloss des hohen Lords betritt, sonst – « es entstand eine unheilvolle Pause.
    »Eine interessante Idee, Lemar.«
    Levarda stockte der Atem. Planten die zwei Männer ihren Tod? Sie hörte, wie sich die beiden entfernten.
    Am Ufer zog sie ihre Sachen an, trocknete sich und ihre Kleidung, während sie sich bemühte, ihre Gedanken zu ordnen. Bevor sie sich den Weg durch die Büsche suchte, ließ sie ihre Sinne umherstreifen, damit sie niemandem über den Weg lief. Vorsichtig schlich sie in einem weiten Bogen um das Lager. Erst bei den Pferden verließ sie ihre Deckung. Sie ging zu Sita und gab ihr ein paar saftige Beeren, dann schlenderte sie zurück zum Lagerplatz.
    An mehreren Feuern saßen die Männer beim Essen. Sie hörte, wie sie gegenseitig mit ihren Heldentaten prahlten. Ab und an fiel auch Levardas Name. Zufrieden stellte sie fest, dass in diesem Zusammenhang das Wort ‚Lady‘ nicht vorkam. Vielleicht waren die Umstände wahrhaftig ein Vorteil für sie. Konnte Lord Otis es sich erlauben, sie vor den Augen seiner Männer zu töten? Nein, entschied sie, das würde ihn die Loyalität der Krieger kosten.
    Also musste sie immer in der Nähe der anderen bleiben. Sie war gewarnt, und Lord Otis täuschte sich, wenn er dachte, er könnte sie einfach umbringen. Er gewann nichts, sofern ihr Tod nach Mord aussah. Sollte sein Plan erfolgreich sein, musste es wie ein Unfall aussehen. Grübelnd suchte sie sich ihren Weg zwischen den Feuern, Richtung Frauenzelt.
    »Levarda, wollt Ihr Euch zu uns setzen?«, hörte sie jemanden rufen, als sie eines der Lagerfeuer passierte. »Wir haben noch einen Teller mit Essen für Euch.« Es war Gerolim.
    Sie zögerte kurz, doch es konnte schließlich nicht ganz verkehrt sein, einen Feind besser kennenzulernen.
    »Wenn es Euch nichts ausmacht.« Kurzerhand ließ sie sich im Schneidersitz zwischen Gerolim und einem anderen Mann nieder.
    Er gab ihr einen Teller voll Fleisch und legte ihr ein Stück Brot dazu.
    Levarda spürte erst jetzt, wie hungrig sie war. Gierig nahm sie das Stück Fleisch in die Hand und begann zu essen. Es schmeckte köstlich. Sie kaute, schluckte, tunkte das Brot in das Fett, nahm die Menschen um sich herum nicht mehr wahr. Mit dem letzten Brocken vom Brot wischte sie den Teller blitzblank sauber und leckte sich zuletzt jeden einzelnen Finger ab. Dabei erst hob sie die Augen und bemerkte, dass niemand am Feuer weitergegessen hatte. Alle sahen ihr zu. Sie ließ die Hand sinken und blickte in die Runde. »Was ist? Warum starrt ihr mich so an?«
    Einem der Männer kroch ein breites Grinsen übers Gesicht. »Verzeiht«, sagte er, »aber ich habe noch nie eine Frau so essen sehen.« Die anderen Männer nickten zustimmend.
    Gerolim mischte sich ein: »Sie ist die ganze Strecke mit uns geritten und hat gekämpft, wieso sollte sie nicht auch Hunger haben wie wir?«
    »Schon wahr«, gab der Erste zu, »aber sie hat eine Portion verdrückt, die selbst Andame«, er deutete auf seinen wohlbeleibten Nachbarn, »in dem Tempo nicht schafft.«
    »Das mag sein«, verteidigte sich Levarda, »Ihr musstet Euch ja auch bisher nicht eine einzige Portion zu viert mit drei anderen Frauen teilen.« Sie betrachtete traurig ihren leeren Teller.
    »Hier, fangt! Wir wollen ja nicht, dass Ihr verhungert.«
    Jemand warf ihr einen Apfel über das Feuer zu. Die Männer lachten. Levarda fing den Apfel geschickt auf und biss hinein.
    »Ich bin froh, dass Ihr anders seid als die Frauen, die ich kenne«, brummelte Gerolim, »sonst würde ich jetzt nicht hier am Feuer sitzen.« Er hob seine Hand hoch, schaute sie an und grinste. »Tut nicht einmal mehr weh.«
    Levarda zuckte die Achseln. »Bei uns weiß jedes kleine Kind, was es machen muss, wenn

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