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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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es sich verletzt.« Das entsprach nicht komplett der Wahrheit, doch sie wollte nicht, dass sich die Männer zu viele Gedanken über ihre Fähigkeiten machten.
    »Sind denn dort, wo Ihr herkommt, alle Frauen so wie Ihr?«
    Levarda überlegte, wie sie antworten sollte. Vielleicht würden die Männer sie besser verstehen, wenn sie ihnen von Mintra erzählte. Oder war darin eine Gefahr zu sehen, dass sie so anders lebten? Es könnte sie immerhin zum Nachdenken bringen. Und wenn nur einer von ihnen daraufhin Frauen mehr Respekt entgegenbrachte, war das eine Veränderung, die dieses Land ihrer Meinung nach brauchte. »Ein Mensch gleicht nie vollkommen einem anderen. Aber ich denke, so meint Ihr Eure Frage nicht. Ja, es gibt Frauen wie mich, dort wo ich herkomme. Sie reiten und gehen auf die Jagd mit Pfeil und Bogen. Genauso gibt es Frauen, die nähen, kochen oder sich um das Land kümmern.«
    »Was machen die Männer, wenn die Frauen jagen und kämpfen?«
    »Dasselbe.« Amüsiert betrachtete sie die verständnislosen Blicke der Soldaten um sich herum. »Seht ihr, bei uns wird Arbeit nicht in Männer- oder Frauenaufgaben eingeteilt. Ein jeder hat seine Begabungen, Talente, Schwächen oder Begrenzungen. Wäre es nicht furchtbar, einen Mann zu zwingen, ein Schwert zu schwingen, wenn er mit verständiger Hand aus dem Boden die Nahrung wachsen lässt?«
    »Das machen bei uns auch Männer, aber kein Mann käme er auf die Idee, ein Kleid zu nähen.« Der Sprecher machte eine Grimasse, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Oder zu kochen!«
    »Tatsächlich nicht?«, fragend zog Levarda eine Augenbraue hoch. Ihr Blick glitt zu ihrem Teller, dann zu einem Mann, der dabei war, einen Riemen seines Steigbügels zu flicken. Der Soldat brummelte etwas Unverständliches in seinen Bart, ohne aufzublicken und schüttelte den Kopf.
    Levarda schwieg. In einer Gesellschaft wie dieser, in der Frauen keinerlei Rechte besaßen, wäre es tollkühn, Verständnis für diese Dinge zu erwarten. Dennoch akzeptierten die Krieger sie am Feuer, und sie konnte ihnen sogar offen ins Gesicht blicken. Das war mehr, als sie jemals zu hoffen gewagt hatte.
    In ihrem Land galten Frauen als vollkommene Wesen, denn sie trugen das Feuer des Lebens in sich. Ein Mann strebte nur zeitlebens nach dieser Vollkommenheit. Der Rat der Ältesten bestand zum überwiegenden Teil aus Frauen. Es erregte mittlerweile Besorgnis im Land, dass hauptsächlich Männer Mintra verließen, und zum ersten Mal in ihrem Leben verstand Levarda, wie sich manche Männer in ihrem Volk fühlen mochten – benötigt fast ausschließlich zum Zeugen von Kindern. Das konnte kein sehr ausgefülltes Leben sein.
    Es herrschte ein angenehmes, müdes Schweigen in der Runde, doch schien eine unausgesprochene Frage im Feuer zu schwelen. Levarda lauschte in das Knistern der Zweige, die die Flammen verzehrten.
    »Werdet Ihr kämpfen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist?« Es war kein Mann aus der Runde, der die Frage gestellt hatte, sondern Timbor, der jüngste Offizier der Garde des hohen Lords. Gelassen stand er an einen Baum gelehnt Levarda gegenüber.
    Sie wusste nicht, ob er dort die ganze Zeit gestanden hatte. Wissend, worauf Timbor anspielte, wollte sie ihn dennoch zwingen, seinen Gedanken auszusprechen.
    »Wenn welcher Zeitpunkt gekommen ist, Timbor?«, sanft schwang ihre Stimme durch die Nacht.
    Der Offizier stieß sich vom Baum ab, ging in die Hocke. Die Männer machten ihm respektvoll Platz. Levarda konnte die Spannung mit den Händen greifen. Er sah ihr in die Augen, musterte ihr Gesicht. »Wenn wir Euch zum Henker führen, weil der hohe Lord es uns befiehlt.«
    Ihr Lachen glich dem lockenden Gurren eines Nevarn, des Raubvogels, der hoch in den Lüften schwebend seine Beute mit einem betörenden Singsang in Sicherheit wiegte.
    »Dafür müsste Euer Herrscher in seinem Urteil gefehlt haben. Denn war nicht er es, der sich Lady Smira zur Frau aussuchte? Und traf er nicht eine ausgezeichnete Wahl? Schenkte ihre Mutter doch sechs Söhnen und einer Tochter das Leben.«
    Die meisten Männer am Lagerfeuer nickten erleichtert, aber nicht alle, und Timbor ließ nicht locker. »Nehmen wir nur mal an, es käme zu diesem Tag.«
    Die Soldaten sahen Levarda ins Gesicht. Die Flammen des Feuers tanzten auf ihrer Haut. Ihr Blick wanderte zu jedem Einzelnen, bis er zuletzt auf dem Offizier ruhte.
    »Dann, Timbor, werde ich mein Schicksal ohne Widerstand annehmen.«
    Ihre Augen blieben auf den jungen Mann gerichtet

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