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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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hat, ich möchte einen anderen Raum.« Levarda wandte sich zur Tür, aber die Magd hielt sie scheu am Arm zurück.
    »Es wäre sehr unhöflich, Lady, ein so großzügiges Angebot von Lord Otis abzulehnen.«
    Levarda hielt inne. Sie war müde, fühlte sich schmutzig und brauchte einmal Zeit für sich allein. Sie wusste, dass Lord Otis ihrem Wunsch nach einem anderen Zimmer nicht einfach nachgeben würde. Ihr fehlte im Moment die Kraft für eine Auseinandersetzung mit ihm. Dennoch musste sie eine dringende Frage klären.
    »Wo wird Lord Otis sein Quartier beziehen?«
    »Kein Sorge, Mylady, es gibt genügend Räume auf dieser Burg.« Die Spitze in ihren Worten war unüberhörbar.
    Levarda beschloss, nicht weiter nachzufragen und das zugewiesene Zimmer erst einmal zu akzeptieren. Sie hatte keine Ahnung, was Lord Otis mit dieser Geste beabsichtigte, die sein Dienstpersonal offensichtlich genauso befremdlich fand wie sie.
    Sie sah sich um. Ein großes, ausladendes Bett dominierte den Raum. Es gab einen Kamin, zwei gemütliche Sessel und einen kleinen Tisch auf einem Teppich aus mehreren zusammengenähten Bärenfellen. Im Kamin brannte ein kleines Feuer, das seine Wärme in das Zimmer abgab. Auf der anderen Seite stand ein Schreibtisch am Fenster. An der Wand zog sich ein langes Regal mit Büchern entlang. Überrascht trat Levarda an das Regal und überflog die Titel.
    »Ihr könnt lesen?«
    Levarda hatte Adrijanas Anwesenheit völlig vergessen.
    »Ja, aber das ist nicht so ungewöhnlich.«
    Die Stille hielt nur kurz, dann kam die nächste Frage.
    »Ihr stammt nicht aus Forran?«
    Die Bestimmtheit, mit der die Magd das sagte, erschreckte Levarda. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie einen Fehler gemacht hatte.
    »Wieso fragst du das?« Levarda sah ängstlich an sich herab. Gut – die Hose war unter ihren Röcken nicht zu sehen.
    »Eine Frau, die lesen kann, ist im Land Forran sehr ungewöhnlich«, stellte Adrijana schlicht fest. »Um Eure Reisekleidung macht Euch mal keine Gedanken. Alle Frauen kommen hier in einem solchen Zustand an.«
    Sie schwieg und musterte Levarda schüchtern. Offensichtlich war ihr der letzte Satz unabsichtlich herausgerutscht.
    Levarda gefiel ihre ehrliche Art. »Keine Sorge, du kannst in meiner Gegenwart offen reden. Schließlich weiß jeder, dass Lady Smira nicht die erste Frau ist, die sich der hohe Lord zur Gemahlin ausgesucht hat.«
    »Die Knechte bringen gleich Eure Kleidertruhen hoch, dann suche ich etwas Nettes für Euch heraus.«
    »Meine Truhen?«, echote Levarda entsetzt. Seit sie auf dem Wagen gestanden und ihren Gürtel gerettet hatte, war der Gedanke an ihre Kleider völlig in Vergessenheit geraten. Alles, was sie noch an Kleidung besaß, trug sie am Leib, mit Ausnahme ihres Nachtgewandes, das in der Stofftasche war, in der sich auch all ihre Kräuter, Öle, Tücher, Bandagen und Werkzeuge befanden.
    »Wenn Eure Kleider dreckig sind«, sagte Adrijana, um sie zu beruhigen, »ich bekomme sie schon wieder sauber.«
    Levarda schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich habe gar keine Kleider mehr.«
    »Keine Kleider?«, Adrijana riss die Augen auf.
    »Wir mussten den Wagen nach einem Angriff zurücklassen.« Dass da nur eine Truhe gewesen war, erwähnte sie nicht, denn sie schämte sich etwas ihrer wenigen Habseligkeiten wegen. – Ein seltsames Gefühl, das ihr Unbehagen verursachte. War sie bereits dabei, sich zu verändern?
    Adrijana runzelte die Stirn, doch dann hellte sich ihr Gesicht auf. »Keine Sorge, Lady Levarda, ich spreche mit Lord Otis, dem wird bestimmt etwas einfallen.«
    Noch ehe Levarda die Magd aufhalten konnte, war diese bereits aus dem Zimmer gestürmt. Levarda seufzte tief, aber dann schüttelte sie ärgerlich den Kopf. Sollte sich doch ruhig Lord Otis darum kümmern, immerhin war es seine Schuld, dass sie nichts mehr besaß.
    Sie wollte sich eben erschöpft in einem der Sessel niederlassen, da entdeckte sie, dass unter einer zweiten Tür in dem Raum feine Nebelschwaden hervorzogen. Vorsichtig drückte sie die Klinke herunter und öffnete sie mit wachsendem Erstaunen über die Wärme, die ihr entgegenschlug.
    Ein großes steinernes Becken, eingelassen in die rückwärtige Wand des Raumes, war bis zum Rand mit dampfendem Wasser gefüllt. Ein Kamin mit einem prasselnden Feuer trieb Levarda den Schweiß auf die Stirn.
    Sie zögerte nicht, schloss die Tür und entledigte sich hastig ihrer Kleidung. Das Wasser umschloss sie heiß, als sie sich hineingleiten ließ. Duftessenzen

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