Licht und Dunkelheit
gefüllt hatten und gingen gemeinsam mit ihrem Herrn zur Tür. Lord Otis drehte sich im Rahmen noch einmal um.
»Das Kleid, das Ihr da anhabt, steht Euch.«
Tiefe Röte suchte sich ihren Weg über Levardas Wangen. Das Licht in ihrem Innern hüpfte wild umher. Es entwischte der erdigen Aufsicht, und ein neues Flammenmeer ließ den Stoff lebendig schimmern.
Zum Glück hatte sich die Tür bereits hinter ihm geschlossen.
In der Nacht wachte Levarda stöhnend auf. Erschrocken fuhr sie hoch, um sich gleich in die Kissen fallenzulassen. Sie legte die Hand über ihre Augen.
Dieser Traum war furchtbarer als jeder Albtraum, den sie je gehabt hatte. Sie spürte noch immer die Erregung als Widerhall in ihrem Körper. Eine Gänsehaut hatte sich auf ihren Armen gebildet. Sie rollte sich zusammen, verbarg ihr Gesicht in den Kissen. Verdammt, selbst diese Kissen rochen nach ihm. Wuschen seine Diener denn nicht die Bettwäsche, bevor sie jemand anderen darin schlafen ließen?
Verstört sprang sie aus dem Bett. Hier würde sie diese Nacht kein Auge zu bekommen, nicht bei diesen beschämenden Gedanken. Was war nur los mit ihr? Sie war doch kein kleines Mädchen mehr! Vor ihr stand eine schwierige Aufgabe, auf deren Erfolg so viele hofften – und sie träumte von der Liebe.
Erregt lief sie auf und ab. Dann setzte sie sich in den Sessel, nahm ihr Amulett in die Hand und ließ die überschäumende Energie aus ihrem Körper hineinfließen. Als Nächstes knöpfte sie sich die durch Sendads Verletzung geleerten Heilsteine vor. Einen nach dem anderen füllte sie mit der Kraft und spürte, dass sich langsam Ruhe in ihr ausbreitete.
Sie sah auf das Bett, verwarf aber den Gedanken, sich dort zum Schlafen zu legen, sofort wieder. Stattdessen nahm sie sich ihren Reiseumhang, den Adrijana vor dem Kamin zum Trocknen aufgehängt hatte, schob die Sessel beiseite und rollte sich auf dem Fell ein. Ihren Umhang benutzte sie als Decke. Die Augen auf das Spiel der Flammen gerichtet, schlief sie ein.
»Guten Morgen, Mylady!«
Levarda hörte, wie die Vorhänge vom Fenster zurückgezogen wurden.
Ein Kreischen durchschnitt die Stille, gefolgt von Männerschritten, die ins Zimmer stürmten. Erschrocken richtete sie sich auf. Adrijana stand mit der Hand über dem Mund vor dem leeren Bett. Zwei Soldaten liefen mit gezücktem Schwert im Raum herum und suchten ihn hektisch ab.
»Ich bin hier«, meldete sich Levarda verschlafen.
Drei Augenpaare starrten sie verdutzt an. Die Männer grinsten – zwei aus Sendads Truppe – und nickten ihr kurz zu. Dann war sie wieder allein mit ihrer Magd.
»Es tut mir so leid, dass ich dich immer in Verlegenheit bringe«, entschuldigte sich Levarda. Sie erhob sich und ließ sich in den Sessel fallen. Ihre nackten Füße schob sie unter ihren Po und legte den Umhang um sich.
Das Fell war nicht so bequem gewesen, wie sie es gehofft hatte, der Fußboden war in diesem Zimmer aus Stein, härter als die warme Erde. Aber immerhin hatte sie geschlafen – ohne verwirrende Träume. Sie gähnte verschlafen.
Adrijana klatschte in die Hände, die Tür öffnete sich und ein Mädchen kam mit einem Tablett herein, von dem es köstlich duftete.
Sobald es auf dem Tisch neben Levardas Sessel stand, stürzte sich Levarda hungrig auf das duftende, warme Brot mit kaltem Fleisch. Zusätzlich gab es eine Schüssel mit klein geschnittenen Äpfeln, Beeren und Trauben, eine heiße Suppe aus Milch mit gepresstem Hafer und einem Klecks Honig. Adrijana machte derweil ihr Bett, öffnete auch den Vorhang an dem Fenster, das in die andere Richtung blickte. Sonnenlicht flutete durch den Raum, und wohlig reckte Levarda sich den warmen Strahlen entgegen.
Nachdem sie alles bis auf den letzten Krümel aufgegessen hatte, ging sie in das Zimmer mit dem Wasserbecken. Dort stand eine Waschschüssel für sie bereit.
Kaum war sie mit dem Waschen fertig, betrat Adrijana den Raum mit einem Kleid für sie, diesmal aus einer der anderen Kisten, wie Levarda enttäuscht feststellte. Sie überlegte kurz, ob sie sich ein anderes Kleid aus der mintranischen Truhe aussuchen sollte, entschied sich aber dagegen. Die neue Energiequelle in ihr war einfach zu unberechenbar und sie war den Umgang mit ihr nicht gewohnt.
Adrijana musste Levarda beim Anziehen all der Kleidungsschichten helfen. Allein hätte sie sich niemals zurechtgefunden. Im Gegensatz zu den Kleidern aus Mintra besaß das Oberteil eine Schnürung hinten. Sie fragte sich, wer sich so einen
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