Licht und Dunkelheit
mit einem feinherben Geruch, für ihren Geschmack ein wenig zu herb, umströmten ihre Nase. Das Becken war tief genug, dass sie darin untertauchen konnte, himmlisch entspannend nach der anstrengenden Reise.
Sie spürte, wie die Hitze den Schmutz aus ihren Poren brannte. Es war wie ein Wunder – ein kleiner See im Innern einer Burg.
Lachend tauchte sie auf, schüttelte sich das Wasser aus den Haaren, nur, um gleich wieder unterzutauchen. An diesen Luxus könnte sie sich gewöhnen. Nur langsam kühlte das Wasser ab. Einmal erlaubte sich Levarda, es mit ihrer Energie zu erhitzen. Dann entschied sie sich seufzend, das Becken zu verlassen. Sie sah sich suchend um und entdeckte ein Tuch, in das sie sich hüllte. Sie hob ihre Kleidung auf, ging zum Becken und wusch sie aus. Kaum war sie fertig, hörte sie einen entsetzten Schrei.
»Lady Levarda?«
»Ich bin hier, in dem Raum mit dem See«, antwortete sie der Magd.
Vorsichtig ging die Tür auf. Adrijana schlüpfte mit verängstigter Miene herein.
»Ein Glück, ich dachte, ich müsste sterben.«
»Wieso solltest du sterben, wenn ich in einem anderen Raum bin?«
»Nein, Mylady, aber wenn Ihr geflohen wäret, dann! Lord Otis hätte mich auf jeden Fall hingerichtet. Es standen ja noch keine Wachen vor der Tür.« Adrijana schlug sich ertappt die Hand vor dem Mund. Sie sah Levarda entsetzt an.
»Interessant«, bemerkte Levarda, »und ich glaubte, wir wären Gäste.« Sie lächelte die Dienerin beruhigend an. »Ich werde mich hüten, eine falsche Bewegung zu machen. Ich fände es schade, wenn es dich auf Erden nicht mehr gäbe.«
Erleichtert kam die Magd zu ihr herüber. »Wo habt Ihr Eure Reisekleider, Mylady?«
Levarda deutete zum Becken, wo sie ihre nasse, aber saubere Kleidung hingelegt hatte.
Adrijana runzelte die Stirn. »Was habt Ihr getan? Ihr benehmt Euch wirklich eigenartig«, tadelte die Magd.
Levarda befand sich in einer misslichen Lage. Die Chance, ihre Kleidung schnell zu trocknen und wieder anzuziehen, war vertan. Es blieb ihr nichts anderes, als sie über dem Kamin zu trocknen.
»Stellt Euch vor, Lord Otis wäre nichts eingefallen, dann hättet Ihr jetzt nichts zum Anziehen gehabt.«
»Du hast etwas für mich?« Neugier flammte in Levarda auf. Wie hatte er das Problem so zügig gelöst?
Das Mädchen strahlte. »Ja, und glaubt nicht, es wäre einfach gewesen. Der Herr war schlechter Laune, weil er sich mit der kleinen Wanne begnügen musste. Und dann wurde er zornig, als er hörte, Ihr hättet keine Kleidung. Zum Glück fiel ihm ein, weshalb Ihr keine mehr habt, denn mir verschlug es vor lauter Angst die Sprache.«
Eben in diesem Moment hörte Levarda die Schritte von Männern, die ächzend etwas Schweres auf den Boden stellten.
Adrijana fuhr herum. »Bleibt hier, Mylady, rührt Euch nicht. Ich hole Euch, wenn Ihr rauskommen könnt.« Flink huschte sie aus dem Raum.
Amüsiert über den Eifer des Mädchens holte Levarda ihren Kamm aus der Tasche, setzte sich auf die einfache Holzbank, die vor dem Kamin stand, und begann, die Knoten aus ihrem Haar zu entfernen.
Sie war gerade damit fertig, als die Magd mit einem Kleid hereinkam. Ihr Gesicht war auf der eigentlich unverletzten Seite krausgezogen, und es gefiel Levarda, wie offen das Mädchen seine Stimmungen zeigte. Es schien unzufrieden mit der gebotenen Kleiderauswahl zu sein, wohingegen Levarda die Machart des Kleides sofort in ihren Bann zog.
Sie stand auf und nahm es der Dienerin aus der Hand. Ganz eindeutig – ein Gewand aus Mintra, mit seinem lebendigen Gewebe. Ihre Finger glitten über den weichen Stoff. Es war in einem dunklen, fast schwarzen Rot gehalten, ein Kleid vom Element Feuer, mit langen Ärmeln sowie einer Schnürung bis knapp unter Schlüsselbeinhöhe, wo es in einer Rundung endete.
»Das ist altmodisch und zeigt nichts von Eurer Weiblichkeit«, maulte die Magd, als Levarda in das Kleid schlüpfte. »Ich hoffe nur, die anderen Kisten erweisen sich als ergiebiger, sonst habe ich eine Menge Arbeit vor mir, bis alle Kleider umgenäht sind.«
Levarda schwieg, fühlte intensiv das Prickeln des Stoffes auf ihrer Haut. Die Energie ihres Feuers verband sich direkt mit dem Kleid und ließ den Stoff matt glänzen.
»Hmm, der Stoff ist hübscher als ich dachte, daraus lässt sich etwas machen. Nur der Ausschnitt muss tiefer, die Schnürung von vorne nach hinten, eine Perlenverzierung an die Brust …«
Levarda hörte nicht mehr zu. Sie rannte aus dem Raum in das Schlafzimmer, wo jetzt
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