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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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die feine Röte im Gesicht der Magd. Erst da wurde ihr bewusst, was Lord Otis‘ Worte bedeuten mochten.
     
    Die Nacht glitt dem Tag davon, als Levarda auf dem Fenstersims saß. Sie hatte versucht, auf dem Fell zu schlafen, und es war misslungen. Sie fühlte überall die blauen Flecken und hatte sich selber heilen müssen. In dem Bett zu schlafen, wagte sie nicht nach der Vision vom Nachmittag.
    Auf dem Hof bereiteten sich die Männer auf den Abmarsch vor. Umbra wartete auf seinen Reiter.
     
    Gestern hatte Adrijana mit Levardas Hilfe die Kleider neu sortiert. Als weiteres Friedensangebot half ihr Levarda beim Nähen. Das gab ihr ebenfalls Gelegenheit, mehr Weite in die Gewänder einzuarbeiten. Irgendwann hatte sie in das Schweigen hinein gesagt: »Du musst das nicht tun.«
    Ein feines Lächeln erschien auf Adrijanas Gesicht. »Seid Ihr mir böse, wenn ich es mache?«
    »Nein, wie ich dir bereits sagte, empfinde ich für Lord Otis nichts.«
    »Er braucht es. Die nächste Zeit wird für ihn anstrengend werden.«
    »Dann hilfst du ihm, sich zu entspannen?« Ein amüsierter Ausdruck trat auf Levardas Gesicht.
    »Ich mache Euch das Leben leichter.«
    »Das weiß ich zu schätzen. Dennoch, du brauchst es nicht zu tun, wenn es nicht das ist, was du willst. Ich helfe dir, versprochen.«
    »Das braucht Ihr nicht, er zwingt keine Frau in sein Bett«, wich Adrijana aus.
    Levarda hatte selbst die Fähigkeiten des Hausherrn erlebt. Sie zweifelte, dass die Magd überhaupt eine Ahnung hatte, wie gefährlich ihr Herr war. Den restlichen Tag hatten sie schweigend miteinander verbracht.
     
    Lord Otis trat auf den Hof und schwang sich auf Umbra. Auf sein Zeichen hin setzten die Soldaten sich in Bewegung.
    Levarda beobachtete, wie sie eine Zweierreihe bildeten und aus der Burg ritten. Der Ausmarsch dauerte lange. Der erste Offizier blieb mit einem tänzelnden Umbra im Hof, bis die letzten zwei Reiter das Tor hinter sich ließen. Er schaute zu ihr hinauf, als hätte er gespürt, dass Levarda ihn beobachtete. Ihre Blicke trafen sich, dann gab er Umbra die Zügel und jagte seinen Männern nach. Im Schatten des Tores entdeckte sie Adrijana, die ihrem Herrn nachsah.

Adrijana
    D ie Burg erschien Levarda um einiges stiller an diesem Tag. Sie freute sich auf ihren Ausflug mit Sendad. Diesmal stand sie pünktlich in der Halle. Bernar hatte sie wie am Tag zuvor an ihrer Tür erwartet.
    Sie wandte sich Rika zu, die mürrisch unten vor der Treppe wartete. »Es ist in Ordnung, wenn uns Bernar begleitet, Rika, du kannst zu Hause bleiben.«
    Bernar nickte unmerklich, so machten sie sich nur zu dritt auf den Weg zum See. Levarda passte sich mühelos Sendads Tempo bei der Wanderung an. Sie redeten nicht, was ihnen beiden behagte. Mit ihm konnte sie auf die Laute der Natur lauschen und ihre Sinne ausstrecken. In der Luft hing der Geruch von Seraren, die das Ende des Frühlings verkündeten, ein süßlich schwerer Duft von Büschen mit winzigen roten Blüten. Nach kurzer Zeit hörten sie Bernar hinter sich keuchen. Sie warfen sich einen Blick zu und verlangsamten ihr Tempo.
    Der Umgang mit Sendad fiel Levarda leicht. Sie verstanden sich ohne viele Worte. Sie mochte seine ruhige Art, seine Besonnenheit. In Mintra hätte sie ihn zu ihren Freunden gezählt. Hier, in diesem Land, wusste sie nicht, ob es so etwas wie Freundschaft zwischen Männern und Frauen gab.
    Sie folgten einem schmalen Pfad. Erst führte er über den östlichen Teil der Wiesen hin zu dem Berg, dann wand er sich durch einen Wald einen Hügel empor.
    An der höchsten Stelle hielten sie an. Sendad zeigte in das Tal und dort lag er – der See. Rundherum von Bergen umschlossen, glitzerte sein Wasser in der Nachmittagssonne. Den Weg hinunter zum See säumten Wiesen, auf denen viele Kräuter wuchsen, und die an einer Seite des Seeufers nahtlos in einen Schilfbereich übergingen. Zwischendrin gab es vereinzelt Bäume.
    Langsam begannen sie den Abstieg zu dem See, folgten einem Pfad, der sich in Schlangenlinien den Hang hinunter wand. Sendad führte sie zu einer Stelle, an der es einen Steg gab. Daran schaukelte ein kleines Ruderboot sacht auf dem Wasser.
    »Und – wie gefällt Euch der See?«
    Levarda strahlte von innen nach außen. »Er ist wunderschön.«
    »So schön wie Euer See Luna?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Schöner.«
    Sie zog sich die Schuhe aus, lief barfuß zum See und bis zu den Knien in das Wasser hinein, froh, dass sie in weiser Voraussicht auf ihre Beinkleider

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