Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
Vom Netzwerk:
Düfte zu unterscheiden – er entpuppte sich einmal mehr als unberechenbare Gefahr.
    Sie streckte ihm die Bücher entgegen. Er ließ den Strauß los und nahm sie ihr ab, dabei strichen seine Finger an ihren Händen entlang.
    Als kehrte sich die Wirkung der Kräuter von seiner Berührung um, sah Levarda ihn plötzlich mit nacktem Oberkörper im Bett liegen. Die Bettdecke war bis unter seine Hüften heruntergerutscht. Unter ihm lag eine Frau, ihr Gesicht von ihm verdeckt, indem er sie küsste. Unfähig, ihre Augen von der Szene abzuwenden, blieb Levarda in ihrer Vision gefangen. Sein Kopf rutschte tiefer zur Brust seiner Geliebten und gab den Blick auf sie frei.
    Erschrocken wich Levarda zwei Schritte zurück, schüttelte den Kopf, um sich von dem Bild zu befreien. Immer noch sah sie deutlich ihr eigenes Gesicht, weich mit verklärten Augen und den Spuren seiner Küsse auf ihren Lippen.
    »Lady Levarda, geht es Euch gut?«, rief Adrijana. »Ihr seid auf einmal so blass!«
    Das war alles nur eine Vision, sprach Levarda sich selber Mut zu. Es hatte nichts mit der Gegenwart zu tun. Sie stand hier im Zimmer und Lord Otis lehnte mit den beiden Büchern noch immer am Bettpfosten, seine Aufmerksamkeit konzentriert auf die Seiten eines der Bücher gerichtet, das er aufgeschlagen hatte.
    Er hatte ihre Vision nicht bemerkt. Allein der Gedanke, er hätte sie sehen können, trieb ihr die Schamesröte in die Wangen. Bei Lishar, was war nur in sie gefahren?
    »Ich denke, ich habe zu wenig gegessen. Könntest du mir Brot aus der Küche holen, Adrijana?«
    Die Magd warf einen Blick auf Lord Otis.
    »Hol der Mylady etwas zum Essen. Wir wollen doch nicht, dass sie verhungert.« Seine Augen streiften Levarda, und um seine Lippen lag ein seltsames Lächeln, das ihren Herzschlag beschleunigte. »Und lass die Tür auf.«
    Er klappte das zweite Buch auf, runzelte die Stirn. Schließlich stieß er sich vom Bettpfosten ab und ging zu den Kisten hinüber.
    »Welches von den Tagebüchern habt ihr gelesen?«
    »Burg Ikatuk.«
    »Ihr wisst, dass Ihr damit in die tiefsten Geheimnisse meiner Familie eingedrungen seid?«
    Sie schwieg, denn sie hatte keine Lust, sich noch weiter in den Schlamassel zu reden. Außerdem wollte sie ihn loswerden. Er beunruhigte sie.
    »Wo habt Ihr die Bücher gefunden?«
    Sie deutete auf die Kiste, in der die schlichten Kleider von Mintra lagen.
    Er hockte sich davor und begann sie auszuräumen.
    »Ich kann nichts sehen, zeigt es mir.« Sein Befehlston drückte die Entschlossenheit aus, sie nicht eher in Frieden zu lassen, bis er alles wusste.
    Seufzend ging sie zu ihm. Mit einem kurzen Griff an ihr Amulett verstärkte sie vorsichtshalber ihren Schutzschild. Sie hatte zwar keine Ahnung, wie seine Berührung diese Bilder hatte auslösen können, doch sie wollte sichergehen, dass es nicht noch einmal geschah.
    »Rückt ein Stück beiseite.«
    Er machte ihr Platz. Sie kniete sich neben ihn, tastete, bis sie den Hebel fühlte. Er folgte ihren Händen, und sie zuckte zurück. Gefasst auf eine Berührung, hielt sie den Atem an, doch er vermied sie geschickt. Er betätigte den Hebel selbst, und der Boden glitt zur Seite. Sie sah zu, wie er den gesamten Boden abtastete.
    »Was sucht Ihr? Das Fach ist leer.«
    Er schaute hoch. »Habt Ihr auch die anderen Kisten untersucht?«
    Levarda schüttelte den Kopf, der Gedanke war ihr nicht gekommen. Gemeinsam packten sie die nächste Kleiderkiste aus, tasteten nacheinander Boden und Seitenwände ab, fanden nichts. Bei der letzten Kiste stoppten seine Finger. Er versuchte, den Haken zu betätigen, scheiterte.
    »Lasst mich.« Levardas Fingerspitzen glitten über den Hebel. Sie zog und zerrte, drückte, aber er ließ sich nicht bewegen.
    »Habt Ihr ernsthaft gedacht, Ihr würdet mehr Erfolg haben als ich?«, spottete er.
    Sie warf ihm einen verärgerten Blick zu.
    »Hört auf, es hat keinen Zweck, ich hole eine Axt.«
    Sie schloss die Augen, holte ein wenig Druck von der Luft her, und der Boden sprang auf. Triumphierend sah sie den Lord an. »Geschicklichkeit siegt immer über Gewalt.«
    Bevor sie ihren Disput weiter austragen konnten, fesselte ein rotes Blitzen vom Grund der Kiste her ihre Aufmerksamkeit. Sachte schob Levarda den Zwischenboden beiseite. Vor ihr strahlte ein Amulett aus Mintra ein weiches Feuer aus. Sie hielt die Luft an, die Aura leuchtete sanft aus dem Schatten vergangener Zeiten. So etwas durfte, so etwas konnte es nicht geben! Ein Amulett folgte immer demjenigen, der es

Weitere Kostenlose Bücher