Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
Vom Netzwerk:
darin standet Ihr. Ihr wart nicht allein, ich zählte acht Frauen und vier Männer, die in verschiedenfarbigen Roben um Euch herum standen. Sie sprachen darüber, wie ernst die Lage im Land Forran sei, dass Töchter leiden müssten, um die Macht des hohen Lords Gregorius zu sichern. Einige vertraten die Meinung, man müsse einschreiten und die Herrschaft der Männer im Land Forran brechen. Andere widersprachen und meinten, Mintra müsste sich heraushalten. Sie glaubten, mit der Zeit würden die Forraner verstehen, dass es ohne die Bereitschaft der Frauen, Kinder zu gebären, keine Zukunft für ihr Volk gäbe. Der hohe Lord müsste diese schmerzliche Lektion lernen, dass nicht er über Leben und Tod entscheidet, sondern Lishar und Lethos. In einem waren sich aber alle einig. Niemand wollte, dass ein Opfer für einen Mann gebracht wird, dessen Macht allein durch seine Geburt begründet ist und nicht durch die Weisheit in seinen Taten. Für einen, der diese Macht nicht zum Wohl seines Volkes einsetzt, sondern mit Gewalt nur für seinen persönlichen Vorteil nutzt. Das Risiko, zu scheitern, wäre zu hoch, denn nicht nur der Körper einer Frau sei entscheidend dafür, ob Leben entstehen kann, sondern der Samen eines gesunden Mannes sei dazu vonnöten. Selbst bei einem Erfolg und einer Schwangerschaft bei Lady Smira wäre nur die Macht dessen gestärkt, der zu Unrecht handelt. Sie fragten, wo der Sinn läge, das zu unterstützen. – In der Stille hörte ich Eure Stimme sagen: Werden mehr Menschen sterben, wenn wir helfen oder wenn wir dem Schicksal seinen Lauf lassen? Alle schwiegen, bis auf einen Mann, der aus den Reihen der Zwölf in die Mitte trat und Eure Hand ergriff. Er appellierte an Eure Vernunft und daran, dass ihr nicht irgendeine Tochter von Mintra seid, sondern Levarda. Ihr müsstet die Entscheidung des Rates akzeptieren oder die Konsequenzen tragen, wenn Ihr dagegen handeltet.«
    Levarda starrte ihn an. Wie und wann war es dazu gekommen, dass er alles gesehen hatte, was sie so tief in ihrem Innern verborgen hielt? Mit heiserer Stimme stellte sie die nächste Frage, deren Antwort sie bereits kannte.
    »Habt Ihr Lord Otis davon erzählt?«
    Sendad wich ihrem Blick aus, sah auf seine Hände und nickte.
    Levarda drehte sich um und ließ die Füße in den See baumeln. Die Berührung mit dem kühlen Wasser klärte ihre Gedanken. Welche Schlüsse konnte der erste Offizier der Garde, dessen Aufgabe darin bestand, den Herrscher von Forran zu schützen, aus dieser Vision ziehen? Dass niemand sie geschickt hatte? Dass sie gegen den Willen des Ältestenrats ihres Volkes handelte und es keinen Weg zurück für sie gab? Dass, wenn sie, eine Tochter von Mintra, den Tod fände, die Forraner keinen Angriff der Mintraner zu befürchten hätten?
    Sie fühlte sich seltsam erleichtert. Es war gut, was Sendad gesehen hatte. Nichts konnte Lord Otis besser versichern, dass sie keine Gefahr darstellte.
    »Ich weiß, dass Ihr versucht, eine Änderung im Land herbeizuführen«, unterbrach Sendad mit ruhiger Stimme ihre Gedanken. »Ich weiß nur nicht, wie weit Ihr dafür gehen werdet.«
    Levarda schwieg. Darauf konnte sie ihm keine Antwort geben, denn sie wusste es selbst nicht.
    Bernar winkte vom Ufer aus und deutete auf die Sonne.
    »Ich glaube, wir müssen zurück«, sagte sie, ohne auf die letzten Worte von Sendad einzugehen. Sie stand auf, aber er hielt ihre Hand fest, als sie an ihm vorbeiging.
    »Wir Offiziere haben einen Eid gegenüber dem hohen Lord geschworen, den niemand von uns brechen wird.«
    Sie sah ihn an. »Ich weiß, Sendad, und das würde ich von Euch auch niemals erwarten.«
     
    Am nächsten Tag half Levarda Adrijana bei den letzten Kleidern. Zwischendurch saß sie auf dem Fenstersims und las in dem Heilkräuterbuch. Ein umfassenderes Werk über Heilkräuter hatte sie bisher nicht gelesen. Nach dem gestrigen Ausgang fehlte ihr die Natur heute umso mehr.
    Die Sonne stand hoch, das Blau des Himmels lockte nach draußen. Schließlich fragte sie an, ob sie Lady Smira in ihren Gemächern besuchen dürfe. Sie erhielt die Erlaubnis, und es wurde ihr gestattet, sich ohne einen Diener auf den Weg zu machen.
    Ihre Cousine saß über einer Stickerei und bekam von Melisana die Füße mit duftenden Ölen eingerieben. Dann wurden ihre Nägel mit einem rauen Stein bearbeitet, der sie fein abschmirgelte. Allen Überredungskünsten Levardas trotzend, blieb sie im Zimmer, während sich Levarda in den Garten begab.
    Sie steckte

Weitere Kostenlose Bücher