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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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heiratet.«
    »Nein, sie hat recht, ich bin abstoßend.«
    Levarda stellte sich ans Fenster und streckte die Hand aus. Geduldig wartete sie, bis sich die Magd entschloss, zu ihr zu treten. Sachte strich sie über das Mal. Es brannte heftig unter ihren Fingern, glühte regelrecht, was ihr zeigte, dass es immer noch von Unreinheiten genährt wurde.
    »Wie alt warst du, als es passierte?«
    »Vierzehn«, flüsterte das Mädchen.
    »Wie alt bist du jetzt?«
    »Zweiundzwanzig.«
    Levarda sah ihr forschend in die Augen. Es war ungewöhnlich, dass eine Narbe so lange brannte. Sie überlegte, ob sie es wagen konnte, Adrijana zu helfen. Es gab keinen direkten Befehl von Lady Tibana, dass sie ihre Heilkünste nicht anderen Menschen zur Verfügung stellen durfte. Andererseits würde all ihre Kraft gebraucht werden, sobald sie in die Festung des hohen Lords kamen und sich ihre Cousine mit ihm vermählte, und es durfte nicht auffallen, dass Levarda Kräfte besaß, damit sie kein Misstrauen weckte. Allerdings hatte sie zweimal diese Künste ohne unmittelbare negative Folgen bei den Soldaten angewandt, ein Umstand, den sie Lord Otis verdankte.
    Levarda erinnerte sich daran, was ihr Lady Tibana erzählt hatte. Dass es eine Strömung im Land Forran gab, die in der Anbetung von Lishar eine Verehrung der dunklen Mächte sah. In einem Dorf seien eine Frau und ihre Tochter von den Bewohnern verbrannt worden, nur weil jemand beobachtet hatte, wie die Mutter bei Vollmond Lishar um die Segnung ihrer Tochter bat. Levarda schenkte solchen Schauermärchen keine Beachtung, doch hatte Lady Tibana sie zur Vorsicht gemahnt. Sowohl was die Erwähnung des Namens der Göttin betraf, als auch die offene Anwendung ihrer Kräfte.
    Das Leid des Mädchens rührte sie an. In Levarda steckte so viel Energie, dass es ihr sogar guttun würde, etwas davon an jemand anderen abzugeben. Sie mochte Adrijana trotz deren Zuneigung zu Lord Otis.
    »Lass mich dir helfen.«
    »Wie wollt Ihr das anstellen? Ihr könnt nicht ungeschehen machen, was in der Vergangenheit passiert ist. Außerdem tut es nicht mehr weh.«
    Levarda konnte am Brennen der Haut unter ihren Fingern spüren, dass dies eine Lüge war. In Adrijana brannte ein Hass, der sich deutlich in dem verunstalteten Gesicht zeigte. Noch einmal zögerte sie, da sie keine Ahnung hatte, was sie erwartete. Acht Jahre waren eine lange Zeit für so ein Gefühl.
    »Wir werden sehen. Leg dich in das Bett.«
    Die Magd sah sie zweifelnd an.
    »Ich weiß nicht, ob ich dir helfen kann, Adrijana, aber du verlierst auch nichts, wenn du es mich versuchen lässt.«
    Ihre Worte überzeugten das Mädchen. Während es die Tagesdecke vom Bett zurückzog, holte Levarda einige Kräuter aus ihrer Tasche. Sie würden die Magd schläfrig machen. Das wiederum würde ihr den Zugang zu dem Ereignis erleichtern, welches zu der Narbe geführt hatte, ohne die Gefahr, dass die Gefühle des Mädchens sich zu sehr auf sie übertrugen.
    Sie musste eine lange Zeit zurückgehen, und so, wie die Narbe aussah, würde sie Schmerzvolles aufdecken. Ein Teil der Arbeit als Heilerin bestand darin, den Herd der verunreinigten Energie zu finden und ihn zu klären. Das ging nur, wenn man noch einmal das Erlebnis durchging.
    Sie erhitzte einen Krug mit Wasser, füllte die Kräuter hinein, ließ sie einige Minuten ziehen und wartete, bis sie sich abgesetzt hatten. Sie schüttete das Getränk in einen Becher, kühlte es ab, damit Adrijana es direkt trinken konnte, und brachte es ihr ans Bett.
    Die Augen des Mädchens weiteten sich angstvoll. »Wird es wehtun?«
    »Ja, es wird noch einmal wehtun, aber du brauchst keine Angst zu haben, ich bin bei dir, ich werde dich nicht verlassen und dir deinen Schmerz nehmen.«
    Gehorsam trank Adrijana.
    Levarda wartete, bis der Magd die Augen zufielen. Sie setzte sich zu ihr auf das Bett und ergriff eine Hand. Ihre andere Hand legte sie auf die Narbe in Adrijanas Gesicht. Sie schloss die Augen und tauchte ein in die Seele des Mädchens.
    Zuerst sah sie alles nur verschwommen. Warme Blicke, streichelnde Hände, ein wohliger Schauer. Das waren keine Erinnerungen, die sie interessierten. Sie spürte die Schmerzen der Narbe unter ihrer Hand. Pochend, brennend pulsierten sie, je weiter und tiefer Levarda hinabstieg. Sie sah eine Frau in weißem Gewand auf einem Bett liegen, sah ein kleines Mädchen mit lockigen Haaren davor stehen. Sommersprossen zierten die Stupsnase, aber dem Mädchen rannen Tränen die Wangen hinab. Ein Mann

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