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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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sich ein Knoten, denn noch nie in ihrem Leben war sie einer solchen Menschenmasse begegnet.
    Die Kutsche hielt an.
    Levarda betete, dass sie nicht zuerst aussteigen müsste. Sie wurde erhört. Sendad öffnete die andere Seite der Kutsche. Lina und Melisana erschienen, beide mit einem roten Gesicht, den Kopf gesenkt.
    Lady Smira schien von dem ganzen Aufmarsch nicht im Geringsten beeindruckt. Sie wartete, bis die beiden Mädchen ihre Schleppe auseinandergefaltet hatten. Dann erhob sie sich. Ganz langsam, jeden Moment auskostend, stieg sie Schritt für Schritt aus der Kutsche.
    Levarda hörte wie einen Windstoß den Ausruf der Menschen, dann brach Jubel aus. Ja, Lady Smira war eine hohe Gemahlin, wie sie sich jeder vorstellte.
    Levarda zögerte den Moment ihres Aussteigens so lange wie möglich hinaus. Sendad warf ihr einen scharfen Blick zu. Sie trat auf die Stufe, verhedderte sich in ihrem Gewand und verdankte es nur Sendads Geschick, dass sie nicht auf der Nase landete.
    Zum Glück zog Lady Smira alle Blicke auf sich, und niemand bemerkte ihre Ungeschicklichkeit.
    »Danke.«
    »Beeindruckend?«
    »Einschüchternd!«
    »Gut. Das war der Zweck.«
    Für einen Moment schien der alte Sendad durch den gestrengen hindurch, als er ihr mit einem Auge zuzwinkerte. Wie gern hätte sie sich von ihm die Stufen hochbegleiten lassen! Doch er wich zurück und nahm einen anderen Weg, hinauf zu den Reitern auf der zweiten Plattform, die Levarda erst jetzt sehen konnte.
    Da war er, der hohe Lord auf seinem schneeweißen Pferd. Der Schimmel war mit einer roten Decke mit goldenen Stickereien angetan, auf dem Kopf geschmückt mit einer buschigen weißen Feder in goldener Halterung. Vergoldete Zügel und Brustgeschirr rundeten den imposanten Auftritt des königlichen Reittieres ab.
    Der hohe Lord trug bis zum Knie reichende glänzend schwarz polierte Stiefel über einer dunkelroten, enganliegenden Hose. In Taillenhöhe teilte sich der Rock seiner dunkelblauen Uniformjacke, die mit Gold und Edelsteinen bestickt war, und um seine Hüfte lag ein goldener Gürtel, an dem er in einer reich verzierten Scheide ein Schwert trug.
    Sein Gesicht, schmal geschnitten und wohlproportioniert, wirkte erstaunlich jung. Nur an den Falten um die Augen erkannte Levarda sein Alter. Sein Blick richtete sich in einem Ausdruck tiefer Zufriedenheit auf die Braut, die sich in kleinen, würdevollen Schritten Stufe für Stufe näherte.
    Neben ihm, auf seiner rechten Seite, saß Lord Otis auf Umbra, der auf Hochglanz gestriegelt stolz den Kopf wölbte. Das Tier trug sein normales Sattelzeug, aber die blaue Decke war ausgetauscht gegen eine, auf der die Schwerter in goldenen Fäden prangten.
    Lord Otis trug die gleiche Uniform wie seine Männer: weiße, enganliegende Hosen, unter denen sich muskulöse Beine abzeichneten, einen schlichten, blauen Waffenrock mit dem in goldenen Fäden eingestickten Emblem der gekreuzten Schwerter auf der linken Brust. An einem schwarzen Gürtel steckte auf der linken Seite das Schwert in einer schlichten ledernen Scheide. Der Griff seines Schwertes, abgenutzt und dunkel vom Schweiß, setzte sich von dem glänzenden Schwertgriff des hohen Lords einprägsam ab. Levarda war sich nicht sicher, ob es an Umbra lag oder ob Lord Otis seine Aura einsetzte. Er wirkte stolz, unnahbar und furchteinflößend, sodass Levarda ein Schauer über den Rücken lief. So, wie er dort auf seinem Pferd saß, glich er so sehr dem Mann aus ihren Träumen, dass sie fast das Schwert fühlen konnte, das ihren Körper durchstach. Wie hatte sie nur ihr Leben in seine Hände legen können?
    Zur Linken des hohen Lords saß ein weißhaariger Mann auf einem Rappen, der in feinstem Silber gezäumt und ebenso geschmückt war wie der Waffenrock seines Reiters. Dies musste Lord Hector sein, der Heerführer des hohen Lords.
    Levarda schluckte, denn ein Hauch von Tod umwehte das Dreigestirn. So nahe war sie der Gewalt, der Grausamkeit und dem Tod noch nie gewesen. Sie konzentrierte sich auf die Stufen und folgte dem Schatten von Lady Smiras Glanz.
    Die hohe Braut erreichte den Absatz, auf dem die Reiter standen. Sie ging weiter, bis ihre Schleppe zwischen Melisana und Lina in ihren silbernen Kleidern ausgebreitet auf dem Absatz lag.
    Die drei Männer stiegen ab. Gemessenen Schrittes kamen sie auf die Braut zu. Kurz vor ihr blieb der hohe Lord stehen. Kleiner als seine Begleiter, überragte er dennoch seine zukünftige Gemahlin mitsamt ihrer kunstvoll hochgesteckten Haarpracht

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