Licht und Dunkelheit
der Axt auf der Uniform und Oriander, dessen Uniform einen Schild zeigte. Später bekam sie die Gelegenheit, die Bekanntschaft mit dem letzten Offizier in der Garde des hohen Lords zu machen – Eremis, dem Mann des Bogens.
Er bemerkte, wie sie nachdenklich immer wieder die Embleme auf den Uniformen betrachtete, und fragte sie, ob sie die Bedeutung der Symbole kennen würde. Als sie verneinte, erklärte er sie ihr:
Der Adler, so erfuhr sie, stand für Weitsicht, der Löwe für Stärke, das Pferd für Schnelligkeit, die Schlange für Listigkeit. Die Axt symbolisierte Kraft, der Schild Sicherheit, der Bogen den weitreichenden Arm der Garde. Die gekreuzten Schwerter hingegen stellten ein Symbol für die Bereitschaft der Männer dar, den Herrscher mit ihrem Leben zu schützen.
Die Offiziere der Garde begegneten Levarda mit Offenheit und einer gewissen Neugierde. Die Gespräche mit ihnen fielen ihr leicht und es überraschte sie, wie zwanglos sie sich in ihrer Gegenwart benahmen. Der Umgang mit den Frauen unterdessen gestaltete sich schwierig.
Einige von ihnen bedachten sie mit einem neidischen Blick oder mit einer gewissen Feindseligkeit, was Levarda verunsicherte, da sie nicht wusste, woher diese Gefühle kamen. Einzig die Frau von Egris, Celina, hatte sich aufrichtig nett und freundlich ihr gegenüber gezeigt.
Das Beste allerdings war, dass sich die Gruppe im Garten tummelte und Levarda die Gelegenheit bekam, die frische Luft und die milde Nacht zu genießen.
Zwischendurch verschwanden die Offiziere, um ihren Pflichten nachzukommen. Celina nahm sie mit zu den unverheirateten Hofdamen, die zum inneren Kreis derjenigen Damen zählten, die der Gemahlin des Herrschers Unterhaltung und Gesellschaft boten.
Levarda hatte das alles von Lady Eluis erklärt bekommen. Sie würde mit den Frauen, Lady Eluis und Lady Smira in dem rechten Gebäudebereich der Festung leben. Die gesamte Festung bestand aus drei quadratischen Gebäudeteilen, die jeweils in der Mitte einen Garten beherbergten.
Der mittlere und bei Weitem größte Teil war für offizielle Anlässe vorgesehen wie den Empfang von Botschaftern anderer Länder, für Feste oder die monatlich stattfindenden Sitzungen des Beraterstabs des hohen Lords. Der linke Gebäudeteil war dem hohen Lord sowie seinen unverheirateten Offizieren vorbehalten. Die verheirateten Offiziere lebten im inneren Kreis der Stadt, rund um die Burg. Hier hatten einige Familien einen zweiten Wohnsitz für den Winter. In dem Gebäudeteil der Frauen besaß jede Hofdame einen Raum für sich. Es gab Gemeinschaftsräume, die allen zur Verfügung standen: einen, in dem alle gemeinsam die Mahlzeiten einnahmen, einen, wo sie ihren Handarbeiten nachgehen oder Gäste empfangen konnten, einen letzten für die körperliche Pflege und dann noch den Garten. Letzterer war nicht so prachtvoll und großzügig wie der des mittleren Teils, dennoch bot er die Möglichkeit, an der frischen Luft zu sein.
In den Kreis der unverheirateten Hofdamen berufen zu werden, galt als eine große Ehre. Die jungen Frauen erhielten so die Gelegenheit, sich den unverheirateten oder verwitweten Männern aus den Herrscherhäusern zu zeigen und durch Heirat politische Verbindungen für ihre Familien zu knüpfen. Eine gewisse Konkurrenz unter den Mädchen war daher ganz natürlich gegeben, schließlich ging es allen um die interessantesten Bündnisse. Lady Eluis hatte sich wenig zuvorkommend so ausgedrückt, dass diese ‚gackernden Hühner‘ von der ersten Hofdame davor bewahrt werden mussten, sich gegenseitig die Augen auszuhacken. Levarda entschied abzuwarten, ob sie selbst etwas davon zu spüren bekäme oder nicht. Sie hoffte, dass sie in diesem Spiel außen vor blieb, solange das Beil des Henkers über ihrem Kopf schwebte. Sie musterte die Frauen neugierig, als Celina sie ihr vorstellte, und hätte gern ergründet, ob sie sich freiwillig auf dem Markt feilbieten ließen, oder ob sie sich dagegen wehrten.
Es gab insgesamt sechs Hofdamen: Ilana, Serafina, Hamada, Dajana, Felicia, und Galina. Hamada gab in der Gruppe offensichtlich den Ton an. Wenn sie sprach, wagte keine der anderen sie zu unterbrechen. Serafina dagegen war ein sehr schüchterner Mensch und die Jüngste. Felicia kicherte bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit. Die Farbe in den Gesichtern der jungen Mädchen verwischte die Unterschiede in ihrem Aussehen. Levarda sah kostbare Kleider mit feinsten Stickereien und eine schmale Taille neben der anderen,
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