Lichtbringer - Lichtbringer
knirschten und brachen beim leichtesten Druck.
»Sie sind nicht eingesponnen«, stellte Leiri fest. »Es wächst aus ihnen heraus!«
Loricas machte weiter. Ohne viel Kraftaufwand schlug er zu, mit der Waffe, mit der bloßen Hand, und durchtrennte die Stränge mühelos. Schließlich legte er die Armbrust weg, weil sie ihn behinderte. Jetzt konnte er sich mit beiden Händen einen Weg zu seinen Gefährten bahnen. Er arbeitete sich durch das Geflecht, das splitterte wie dünne Keramik.
Dann hielt er inne. Seine Haut kribbelte überall da, wo das Untergewand sie nicht bedeckte, am Gesicht, am Hals, an den Handgelenken. Er zog einen Handschuh aus und sah im Schein der Lampe pockenartige Auswüchse an dem Gelenk. Sie wucherten weiter, während er hinblickte.
»Lucans Gnade«, stöhnte er ungläubig. Das Kribbeln erfasste seinen ganzen Körper. Der Ausschlag an den Handgelenken breitete sich weiter aus, über die Hände, über die Finger. Die Knoten auf der Haut wuchsen weiter zu langen weißen Fäden, die sich in den Raum streckten.
Loricas hörte einen entsetzten Laut von Leiri, dann Schritte. Er blieb allein zurück und sank zu Boden. Die Fäden verwoben sich mit dem Stein und mit dem Gespinst rings um die beiden toten Gefährten. Das Prickeln wurde zu einem Brennen, und Loricas spürte, wie sein Körper in dem Maße verdorrte und zusammenfiel, wie die Fasern wuchsen.
Er war wie gelähmt, seine Augen waren blind. Aber er hörte Leiri zurückkehren, dazu die Stimmen der Zauberer. »Wie Nervenstränge«, vernahm er undeutlich. »Thaumagelschaden ...«
Loricas konnte sich nicht mehr konzentrieren. Die Stimmen verwischten zu einem Rauschen und verstummten schließlich ganz. Aber da war etwas anderes! Schmerzhaft zuckten Eindrücke durch sein Denken, wie vertraute Stimmen in seinem Kopf. Und er war entsetzt, als er sie erkannte.
›Das ist etwas Fremdes.‹
›Es ist in dir.‹
›Fresi - wir sind Fresi!‹
›Woher stammt diese Erinnerung? ‹
Die Gedanken verwirbelten immer schneller, gleißten in seinem Kopf wie Funken. Das Grauen verschwand, all seine Empfindungen wurden fortgespült. Loricas' Bewusstsein ging auf in der Ekstase einer Verschmelzung.
»Wenn man es nicht berührt, kann es sich nicht verbreiten«, sagte Becas. Er hatte die Hände vorgestreckt und die Augen halb geschlossen. Er zitterte.
Vor ihnen hatten sich die drei Knäuel fremdartiger Nervenstränge ineinander verflochten und die Körper leblos und ausgelaugt zurückgelassen. Dennoch fühlten beide Zauberer, wie sich in den drei Gehirnen und an den weißen Fasern Leben regte, wie Gedanken flossen. Die Auren der Opfer ließen sich nicht mehr unterscheiden, so wenig wie die Persönlichkeiten in dem Gemenge. Das gesamte Gespinst bildete ein untrennbares Ganzes. Und doch, wie in dem Wurzelwerk des Elfenwaldes, spürte Ledesiel den Nachhall der Geister, die darin aufgegangen waren.
»Sie leben noch«, flüsterte sie.
»Wir müssen etwas tun«, sagte Leiri. »Wir können sie nicht so zurücklassen!«
Sie hob hilflos die Waffe und schaute auf die Überreste ihrer Gefährten, auf die weißgraue Masse, in der drei Elfen scheinbar tot und erstarrt auf dem Höhlenboden lagen.
»Es war meine Schuld«, sagte Ledesiel. »Leuchmadans Blut füllt den ganzen Meteoriten aus. Es ist überall, nicht nur tief unter der Erde. Ich hätte es früher bemerken müssen, aber es ist so fremd, so stark, so anders als auf unserer Welt. Es hat meine Sinne regelrecht betäubt, und ich habe es nicht erkannt.«
»Es muss sich verändert haben, seit es auf unsere Welt kam.« Becas schaute versonnen in den Höhlenraum.
Ledesiel schüttelte den Kopf. »Das hier ist die ursprüngliche Form. Bei uns ist es sanfter geworden. Es hat sich dem Leben auf unserer Welt angepasst, so wie es umgekehrt auch das Leben vergiftet, auf das es einwirkt.«
Leiri sah misstrauisch zur Höhlendecke hinauf und schob den Helm zurecht. »Wenn unsere Kameraden noch leben, wenn sie denken, dann leiden sie. Wir müssen ihnen helfen!«
»Es gibt nichts, was wir für sie tun können«, befand Ledesiel.
Die drei Elfen blickten einander an. Leiris Lippen zitterten, aber sie schwieg.
Becas ergriff das Wort: »Elfen töten keine Elfen. Und heilen können wir sie nicht. Wir müssen sie ... zurücklassen.«
»Aber das geht nicht!«, fuhr Leiri auf. »Loricas ... und Pleras und Fresi ... Nicht so! Wenn sie tot wären ... Aber nicht so!« Sie zögerte, und Hoffnung blitzte in ihren Augen auf: »Unsere
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