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Lichtbringer - Lichtbringer

Titel: Lichtbringer - Lichtbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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Union mit ihrer Technik, ihren Bauten und Fahrzeugen macht alles gleich und überdeckt leicht all die Unterschiede. Aber ich habe gehört, dass Nachtalben ganz andere Vorstellungen von Moral und Tugend haben als die Menschen von Bitan. Dass sie ... Experimenten nicht abgeneigt sind.«
    »Experimenten?« Frafa beugte sich zu Descidar hin. »Ich dachte, Sie wollten nicht über Ihre Arbeit reden?«
    »Oh«, sagte Descidar. »Ich mag meine Arbeit. Ich mag neue Erkenntnisse und Erfahrungen. Ich mag es, Grenzen zu überschreiten. Ich habe gehofft, in Daugazburg könnte man ein wenig mehr von dem erleben, was nicht gerade in einem Laborkittel stattfindet.«
    »Und was soll das sein?«, fragte Frafa.
    Descidar legte seine Hand auf die ihre. »Der Zauber der Nachtalben ... Ihr Zauber, Mademoiselle Frafa! Wie es heißt, suchen Nachtalben ihr Vergnügen ohne Tabus und ohne Schranken. Die Begegnung für den Augenblick, um Freuden zu genießen, an die Menschen nicht einmal zu denken wagen, und frei von der Last des Morgen.«
    Frafa lachte auf. Sie schob ihre Finger zwischen seine und verschränkte sie, sodass sie Descidars Hand auf dem Polster festhielt. Dann beugte sie sich vor und öffnete den Mund zu einem breiten Lächeln, das zwei Reihen mit spitzen, feinen Zähnen entblößte. »Gewagt, Herr Doktor Descidar«, säuselte sie. »Sie schwelgen in bitanischen Bühnenphantasien, wie mir scheint. In Daugazburg hätten Sie gewiss eine andere Albe mieten können, die für derlei menschliche Träumereien zur Verfügung steht. Was Sie in meinem Haus erwartet, können Sie nicht wissen.«
    Descidar streckte die freie Hand nach ihrem Gesicht aus. Frafa spürte, wie das Polster nachgab, als er sein Gewicht auf den Ellbogen stützte. Mit der Linken strich er ihr über die Wange, über ihre Nase, folgte der Linie ihrer Augen. In seinen Augen spiegelte sich der Schein der Leuchttafel von der anderen Seite der Straße, das hellste Licht, das derzeit in Frafas Apartment leuchtete. Sie sah die roten Punkte in Descidars Iris aufblitzen und bei jeder Bewegung seines Kopfes wandern.
    »Vielleicht«, sagte der Doktor. »Aber ich hatte eine Einladung von Ihnen. Warum sollte ich mich mit weniger zufriedengeben, wenn ich die beste Albe kennenlernen kann, die diese Stadt zu bieten hat? Das echte Daugazburg, keine gekauften Träume für menschliche Besucher, die billige Exotik suchen ...«
    Seine Stimme erstarb. Frafa fixierte ihn mit ihren Augen, die größer waren als die eines Menschen und ohne Weiß und ohne Iris - tiefe schwarze Schächte, die ein Mensch nur schwer ertragen konnte. Frafa wartete, bis ihr Blick seine Wirkung tat. Descidar schluckte.
    »Über diese Einladung«, sagte sie, »werden wir uns unterhalten müssen.«
    Sie musterte ihn, sein Gesicht, seinen Körper. Descidars brauner Anzug war zerknittert, als trüge er ihn schon länger. Er hatte sein Jackett geöffnet, aber nicht abgelegt. Frafas Blick ging tiefer.
    Dieser Mensch hatte eine gesunde Aura. Vom Blut der Erde berührt, gewiss, viel mehr noch als all die Menschen, die in Falinga heimisch waren und die das Mal dieses Landes trugen. Für einen Menschen blieb eine solche Berührung nicht ohne Folgen; die Finstervölker waren unempfindlicher gegen die thaumaturgischen Einwirkungen des Blutes der Erde, und was den Doktor über kurz oder lang vergiften würde, war für Frafa eine besondere Würze in seiner Aura.
    Sie beugte sich näher zu Descidar hin und atmete ein, versuchte das, was sie mit der Essenz spürte, auch mit den körperlichen Sinnen zu riechen. Magie war ein Geruch ... konnte ein Geruch sein, für Nachtalben. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. Eine Hand mit der des Doktors verschränkt, die andere um seinen Kragenbinder geschlossen, erhob sie sich vom Sofa und zog Descidar mit sich.
    »Wir werden darüber reden, aber nicht jetzt. Morgen vielleicht, wenn ich weiß, ob Sie stark genug waren für Ihre eigenen Träume und für Ihre Frechheiten.«
    Sie nahm Descidar mit in das Schlafzimmer. Die Spinnen raschelten hinter den Schränken. Descidar hatte nur Augen für Frafa. Der Mensch, der fast zwei Köpfe größer war und doppelt so viel wog wie die Albe, folgte ihr wie ein willenloser Skalkar, und seine freie Hand strich über ihren Körper, zeichnete die Linien nach.
    »So zart...«, murmelte er.
    Frafa packte ihn fester und drehte ihn so, dass sie einander vor dem Bett gegenüberstanden. Wieder schauten sie sich ins Gesicht. Descidar beugte sich zu ihr hin und

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