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Lichterspiele

Lichterspiele

Titel: Lichterspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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benutzt hatten, wann sie das letzte Mal hiergewesen war, aus welchem weit zurückliegenden Abschnitt der Geschichte dieser Geschirrberg stammte. Der Morgen schien drei Wochen zurückzuliegen. Nie hatte ein Tag länger gedauert als der heutige. Und jetzt war es nach elf, und er war immer noch nicht vorüber. Das Abendessen mußte gemacht, der Kessel fürs Kaffeewasser aufgesetzt, der Dosenöffner gefunden werden.
    Sie fand zwei saubere Untertassen und ging damit zu den anderen. Christo hatte eine Platte aufgelegt. Ohne ständiges Musikgeriesel konnte er nichts tun, nicht mal reden. Es waren Ella Fitzgerald und Cole Porter.
     
    Every time we say goodbye
    I die a little
     
    Sie sprachen über Daisies on the Grass. „Wenn Sie einem Text so viel Leben einhauchen können“, sagte Jane zu Christopher, „werden Sie es bestimmt weit bringen.“ Sie lachte. Emma stellte den Aschenteller hin, und Jane sah auf. „Danke. Kann ich irgendwas tun?“
    „Nein, gar nichts. Ich hol bloß ein paar Gläser. Möchten Sie Bier oder lieber Kaffee?“
    „Würde Kaffee zu viele Umstände machen?“
    „Nein, überhaupt nicht. Ich trinke selbst lieber Kaffee.“
    Wieder in der Küche, schloß sie die Tür, damit das Geschirrklap pern im Zimmer nicht zu hören war, band sich eine Schürze um und setzte den Wasserkessel auf. Jedesmal, wenn sie das Gas anzündete, gab es eine Stichflamme, und sie zuckte zusammen. Sie suchte ein Tablett, Tassen und Untertassen, die Kaffeedose und Zucker zusammen. Dosenbier stand in einer Kiste unter dem Spülstein. Auf dem Fußboden krabbelten Küchenschaben, und Johnny hatte den Abfalleimer nicht geleert. Sie hob ihn hoch, um ihn zur Mülltonne zu tragen, aber in diesem Moment öffnete sich hinter ihr die Tür. Als sie sich umdrehte, stand Robert Morrow vor ihr.
    Er sah auf den Eimer. „Wo bringen Sie den hin?“
    „Nirgends“, sagte Emma, wütend, ertappt worden zu sein. Sie drehte sich um, um ihn wieder unter den Spülstein zu schieben, aber Robert packte ihren Arm und nahm ihr den Eimer ab. Angewidert betrachtete er das Gemisch aus alten Teeblättern, geöffneten Dosen und nassen Papiertüten.
    „Wo kommt das hin?“
    Resigniert sagte Emma es ihm. „In die Mülltonne. Neben der Tür. Wo wir reingekommen sind.“
    Er trug den Eimer weg, den Flur entlang, ein lächerlicher An blick, und Emma kehrte an den Spülstein zurück und wünschte, er wäre nicht gekommen. Er gehörte nicht nach Brookford, ins Thea ter, hierher in die Wohnung. Sie wollte nicht, daß er sie bedauerte. Es gab schließlich nichts zu bedauern. Sie war glücklich, oder nicht? Sie war bei Christo, und das war alles, was zählte. Sie brauchten niemanden, der sich in ihre Angelegenheiten mischte.
    Sie betete, daß er und seine makellose Freundin gehen würden, bevor Johnny Rigger nach Hause kam.
    Als Robert mit dem leeren Eimer zurückkam, klapperte sie mit Geschirr, bemüht, einen geschäftigen Eindruck zu machen. Sie drehte sich kurz um und sagte kühl: „Danke. Ich komme sofort“, in der Hoffnung, er würde den Wink verstehen und sie allein lassen.
    Aber es nützte nichts. Er schloß die Tür, stellte den Abfalleimer auf den Boden, packte Emma an den Schultern und drehte sie zu sich herum. Er wirkte kühl und elegant in seinem leichten Anzug und einem blauen Hemd mit dunkler Krawatte. Emma hatte den Spüllappen in einer Hand und einen Teller in der anderen und mußte wohl oder übel aufsehen und sich den fragenden grauen Augen stel len.
    „Ich wünschte, Sie wären nicht gekommen“, sagte sie. „Warum sind Sie hier?“
    „Marcus hat sich Sorgen um Sie gemacht.“ Er nahm ihr den Spül lappen und den Teller ab und legte beides in den übervollen Spül stein. „Vielleicht hätten Sie ihm Bescheid geben sollen, wo Sie sind.“
    „Jetzt können Sie's ihm ja sagen, nicht? Robert, ich hab eine Menge zu tun, und in dieser Küche ist einfach kein Platz für zwei...“
    „Nein?“ Er lächelte. Er setzte sich auf die Tischkante, sein Ge sicht war jetzt auf gleicher Höhe mit ihrem. „Stellen Sie sich vor, als ich Sie heute abend im Theater sah, habe ich Sie zuerst nicht erkannt. Warum haben Sie sich die Haare abgeschnitten?“
    Er konnte sehr entwaffnend sein. Emma hob eine Hand und strich sich über den stoppeligen Nacken. „Als ich anfing, am Thea ter zu arbeiten, waren sie so lästig. Ständig hingen sie im Weg, und dann war es so heiß, und ich war immer voll Farbe, wenn ich die Kulissen gestrichen hatte. Hier kann man sie

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