Lichterspiele
auch nirgends wa schen, und wenn ich sie trotzdem waschen würde, würde es Stunden dauern, bis sie trocknen.“ Sie sprach ungern über ihre Haare. Sie fehlten ihr, ihre Schwere und Vertrautheit und die beruhigende The rapie des allabendlichen Bürstens. „Deshalb hat ein Mädchen im Theater sie mir abgeschnitten.“ Sie hatten auf dem Fußboden des Künstlerzimmers gelegen wie dunkle Seidenstränge, und Emma war sich wie eine Mörderin vorgekommen.
„Arbeiten Sie gern am Theater?“
Sie dachte an Collins.
„Nicht besonders.“
„Müssen Sie denn...?“
„Natürlich nicht. Aber Christo ist den ganzen Tag dort, und hier gibt es nicht viel zu tun, wenn ich allein bin. Brookford ist schreck lich langweilig. Ich wußte gar nicht, daß es so langweilige Städte gibt. Und als das andere Mädchen eine Blinddarmentzündung bekam, hat Christo es hingebogen, daß ich einspringen konnte.“
„Was wollen Sie tun, wenn sie zurückkommt?“
„Ich weiß nicht. Darüber hab ich noch nicht nachgedacht.“
Hinter ihr kochte das Wasser. Emma drehte das Gas ab und wollte den Kessel auf das Tablett setzen, aber Robert sagte: „Mo ment noch.“
Sie runzelte die Stirn. „Ich muß doch Kaffee machen.“
„Der Kaffee kann warten. Lassen Sie uns erst alles andere klären.“ Emmas Gesicht wurde verschlossen. „Es gibt nichts zu klären.“
„O doch. Und ich möchte Marcus berichten können, was passiert ist. Zum Beispiel - wie haben Sie Christopher aufgespürt?“
„Ich hab ihn angerufen - neulich am Sonntag morgen. Ich hab ihn aus der Telefonzelle angerufen. Sie hatten eine Kostümprobe, deshalb war er im Theater. Er hatte mich nämlich vorher schon gebeten, zu ihm nach Brookford zu kommen, aber ich konnte nicht, wegen Ben.“
„Sie hatten schon mit ihm gesprochen, als ich kam, um mich zu verabschieden?“
„Ja.“
„Und Sie haben mir nichts gesagt!“
„Nein, ich hab's Ihnen nicht gesagt. Ich wollte etwas ganz Neues anfangen, ein vollkommen neues Leben, ohne daß jemand davon wußte.“
„Ich verstehe. Deshalb haben Sie Christopher angerufen...“
„Ja, und am Abend hat er sich Johnny Riggers Wagen geliehen, ist nach Porthkerris gefahren und hat mich hierhergebracht. Wir haben das Cottage abgeschlossen. Den Atelierschlüsel hab ich im Sliding Tackle abgegeben.“
„Der Wirt wußte nicht, wo Sie sind.“
„Ich hab ihm nicht gesagt, wo ich hingehe.“
„Marcus hat ihn angerufen.“
„Das hätte Marcus nicht tun sollen. Marcus ist nicht für mich verantwortlich. Ich bin kein kleines Kind mehr.“
„Marcus fühlt sich für Sie nicht bloß verantwortlich, Emma. Er hat Sie sehr gern, das sollten Sie begreifen. Haben Sie was von Ben gehört?“
„Ja, ich bekam an dem Montag morgen einen Brief, bevor ich Porthkerris verließ. Und auch einen von Melissa... sie hat mich ein geladen, sie zu besuchen.“
„Haben Sie zurückgeschrieben?“
Emma schüttelte den Kopf. „Nein.“ Sie wurde rot und spielte verlegen an einem gesplitterten Daumennagel.
„Warum nicht?“
Sie zuckte die Achseln. „Ich weiß nicht. Ich dachte wohl, ich würde ihnen im Weg sein.“
„Ich hätte gedacht, daß im Weg sein immer noch besser wäre als dies...“ Seine Geste umfaßte die unordentliche Küche, die ganze schäbige Wohnung.
Es war keine sehr geschickte Bemerkung.
„Was stört Sie daran?“
„Es ist nicht bloß diese Wohnung, es ist das miserable Theater, dieser Irre mit dem Bart, der Sie angebrüllt hat...“
„Sie haben mir doch gesagt, ich soll mir einen Job suchen.“
„Aber nicht so einen. Sie haben Verstand. Sie sprechen drei Sprachen, Sie wirken einigermaßen vernünftig. Was ist das für eine Aufgabe, Möbel rücken in einem drittklassigen Theater?“
„Meine eigentliche Aufgabe ist es, bei Christo zu sein!“
Sie hatte es fast herausgeschrien, und danach folgte eine span nungsgeladene Stille. Draußen auf der Straße fuhr ein Auto vorbei.
Christophers Stimme drang durch den Fliesenflur, untermalt von der leise spielenden Platte. Auf der Treppe kreischte eine Katze. Endlich sprach Robert. „Möchten Sie, daß ich das Ihrem Vater sage?“
Emma war jetzt wirklich wütend. „Ich nehme an, deswegen sind Sie gekommen. Um für Ben zu spionieren.“
„Ich bin einfach nur gekommen, um zu sehen, wo Sie sind und wie es Ihnen geht.“
„Berichten Sie ihm nur sämtliche grauenhaften Einzelheiten. Uns macht es nichts aus, und ihm ist es sowieso egal.“
„Emma...“
„Vergessen Sie nicht, er
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