Lichterspiele
sich vom Diwan. „Wir sollten vielleicht gehen.“
„Aber Sie haben Ihren Kaffee noch nicht bekommen. Was macht Emma?“
„Sie tut ihr Bestes, um Mr. Rigger zu stützen“, erwiderte Robert. „Ich schlage vor, Sie gehen hin und helfen ihr. Seine Beine scheinen nicht besonders verläßlich.“
Christopher nahm dies achselzuckend hin. Er hievte sich aus sei nem niedrigen Sessel. „Wenn Sie wirklich meinen, Sie müssen ge hen...“
„Ich denke, wir sollten aufbrechen. Danke für...“
Die Worte verloren sich. Es gab nichts zu danken. Christopher machte ein amüsiertes Gesicht, und Jane kam Robert abermals zu Hilfe.
„...danke für Ihre wunderbare Vorstellung heute abend. Wir werden sie nicht vergessen.“ Sie streckte die Hand aus. „Auf Wiedersehen.“
„Auf Wiedersehen. Und auf Wiedersehen, Robert.“
„Auf Wiedersehen, Christopher.“ Und dann mußte er es wohl oder übel sagen: „Kümmern Sie sich um Emma.“
Sie fuhren in unerlaubtem Tempo nach London zurück. Auf der Autobahn kletterte die Tachonadel höher und höher. 130, 140, 160 Stundenkilometer...
„Wir sind nicht allein auf dieser Autobahn“, bemerkte Jane. „Du könntest Schwierigkeiten kriegen.“
„Hab ich schon“, sagte Robert kurz und bündig.
„Hattest du Krach mit Emma?“
„Ja.“
„Ich fand, du sahst etwas besorgt aus. Worum ging's?“
„Schnüffeln. Und Moralpredigten. Und Einmischung. Und den Versuch, einem im Grunde intelligenten Mädchen den kleinsten Funken Vernunft beizubringen. Sie hat auch schrecklich ausgese hen. Krank.“
„Ihr wird schon nichts fehlen.“
„Als ich sie das erste Mal sah, war sie braun wie eine Zigeunerin, mit Haaren bis zur Taille und schimmernder Pfirsichhaut.“ Er erin nerte sich an das Wohlgefühl, als er sie zum Abschied küßte. „Warum müssen die Menschen sich selbst so furchtbare Dinge antun?"
„Ich weiß nicht“, sagte Jane. „Vielleicht wegen Christopher.“
„Wie fandest du ihn? Ich meine, abgesehen davon, daß du dich in ihn verliebt hast.“
Sie hörte darüber hinweg. „Er ist klug. Er ist aufrichtig. Er ist ehrgeizig. Ich glaube, er wird es weit bringen. Aber allein.“
„Du meinst, ohne Emma.“
„Würde ich sagen.“
Selbst um ein Uhr morgens war London hell erleuchtet; auf den Straßen fuhren noch überraschend viele Autos. Sie bogen in die Sloane Street ein, umrundeten den Sloane Square und kamen schließlich in die schmale Straße, die zu Janes Wohnviertel führte.
Vor ihrem Häuschen stellte er den Motor des Alvis ab. Es war sehr still, das Kopfsteinpflaster glänzte im Licht der Straßenlaterne. Robert griff nach einer Zigarette, aber Jane war schneller. Sie steckte ihm die Zigarette in den Mund und gab ihm Feuer. In diesem Au genblick wirkten ihre Augen groß und geheimnisvoll umschattet, und unter dem Bogen ihrer Unterlippe bemerkte er einen kleinen, verlockenden Schatten, der aussah wie ein verwischter Fleck.
Sie ließ das Feuerzeug zuschnappen. „Es war ein gräßlicher Abend“, sagte er. „Und es tut mir leid.“
„War mal was anderes. Ich fand's interessant.“
Er nahm die Mütze ab und warf sie auf den Rücksitz. „Meinst du“, sagte er, „sie leben zusammen? Ich meine, richtig?“
„Woher soll ich das wissen.“
„Aber sie liebt ihn.“
„Würde ich sagen.“
Sie schwiegen ein Weilchen. Dann streckte und dehnte Robert sich nach der langen Fahrt. Er sagte: „Wir sind überhaupt nicht zum Abendessen gekommen. Ich weiß nicht, wie's bei dir aussieht, aber ich habe Hunger.“
„Wenn du willst, mach ich dir Rühreier. Und einen großen kalten Scotch on the rocks.“
„Du bist eine Überredungskünstlerin...“
Sie lachten leise. Nachtgelächter, dachte er. Bettgelächter. Er legte die Hand um ihren Nacken, schob die Finger in ihre Haare und beugte sich vor, um sie auf den Mund zu küssen. Sie schmeckte süß und frisch und kühl. Ihre Lippen öffneten sich, und er warf seine Zigarette fort und zog Jane fest in seine Arme.
Nach einer Weile löste er seinen Mund von ihrem. „Worauf war ten wir, Jane?“
„Eins muß ich erst noch sagen.“
Er lächelte. „Worum geht's?“
„Um mich. Ich will nichts anfangen, was nie zu Ende geführt wird. Ich will nicht, daß mir noch einmal weh getan wird. Auch nicht von dir, Robert, und Gott weiß, wie gern ich dich habe.“
„Ich werde dir nicht weh tun.“ Es war ihm ernst, und er küßte den Schatten um ihren Mund.
„Und bitte“, sagte sie, „nichts mehr von den
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