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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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Frühstück?«
    »Die Lichtgeborenen … «, sagte Merivan und hielt inne. Sie hatte ihre hochmütige Maske abgelegt, und an deren Stelle trat flammende Genugtuung über ein Puzzle, das langsam aufging, und Entsetzen über das Bild, das sich daraus ergab. An diese Genugtuung erinnerte sich Telmaine noch aus dem Klassenzimmer, vor Merivans Einführung in die Gesellschaft und den Lektionen, die sie daraus gezogen hatte. Das Entsetzen war etwas Neues, etwas, das in Merivans zwanghaft geordnetem Leben sicher selten vorkam. Merivan hauchte: » Onkel Artos .«
    »Bitte?« sagte Telmaine, deren Nerven für einen moderaten Ton allzu angespannt waren.
    Mit der Überheblichkeit einer älteren Schwester: »Davon weißt du natürlich nichts.«
    »Weiß ich wohl«, sagte Telmaine pikiert. »Onkel Artos starb, als wir klein waren. Er hat sich versehentlich ausgesperrt.«
    »Nein«, sagte Merivan. »Nicht versehentlich.«
    Und nun war Telmaine an der Reihe zu merken, wie sich Teile zu einem Ganzen zusammenfügten. Bruchstücke von Gesprächen, im Kinderzimmer und auf Fluren belauscht, Gefühle und Gedanken erahnt, als sie noch zu klein war, jeglicher Berührung auszuweichen. Trauer und Scham und Schuld und Sorge waren die ersten erwachsenen Emotionen, die sie kennenlernte. Mittlerweile erinnerte sie sich kaum noch, ob von ihrer Mutter oder ihrem Vater. Doch die Emotionen drehten sich um den Bruder ihrer Mutter – Artos.
    Von dem Moment an, als sie wusste, dass sie mit Florilinde schwanger ging, hatte sie sich eingeredet, dass Magie nicht erblich wäre. Doch Vladimer hatte gesagt, die lichtgeborenen Magier pflegten ihre Blutlinien, um die Magie ihrer Nachkommen zu stärken.
    »Falls … «, begann sie. Hielt inne, sammelte Kraft. »Wenn du das meinst, was ich glaube, dann, ja, ich bin wie Onkel Artos.«
    »Unmög…«, begann Merivan, ein Bellen, ein Reflex, doch sie brachte das Wort nicht mal zu Ende. »Doch«, brach es aus Telmaine hervor. »Ich bin eine Magierin.«
    Sie hörte ihre Schwester näherkommen. Ihr Peilstrahl fing Merivans Hand ein, die auf sie hernieder fuhr. Die Emotion, die sich durch diese Berührung übertrug, war ein Schlag ins Gesicht, ebenso heftig wie die Ohrfeige selbst. »Wie kannst du es wagen!«
    »Ich bin so auf die Welt gekommen!«, schrie Telmaine. Merivan antwortete nicht, ragte noch immer über ihr auf, atmete schnell und harsch. Im Gegenzug ließ Telmaine Peilungen auf ihre Schwester einprasseln, was einem Schlag ins Gesicht gleichkam.
    »Nicht so laut!«, sagte Merivan, mit den Händen am Kopf, in einer selten theatralischen Geste. »Lass mich nachdenken . Mir ist so übel . Erst diese erbärmliche Unpässlichkeit – und jetzt das . Mama, arme Mama! Wie kannst du es wagen , auch nur anzudeuten … Weiß sie? Nein, sag nichts !«
    »Ich weiß nicht, ob sie es weiß. Aber nach allem, was geschehen ist … Ich kann es nicht sagen.«
    »Wer weiß noch davon?«, sagte Merivan und beruhigte sich ein wenig.
    »Balthasar. Baron Strumheller«, sagte Telmaine. »Fürst Vladimer. Und Kip ahnt vermutlich etwas.«
    Merivan raffte ihre Röcke zusammen und setzte sich. »Strumhellers Wort hat kein Gewicht. Vladimer ist verrückt. Kip wird schweigen oder ins Gefängnis wandern. Dafür wird Theophile schon sorgen. Und dein Mann sollte besser seine Zunge hüten.«
    »Merivan!«, rief Telmaine aus. »Ich kann nicht … « Doch was es war – ob Ich kann nicht zurück, kann es nicht tun, kann es nicht ertragen – , wusste sie nicht, vielleicht alles gleichzeitig. Sie beugte sich vor und schlug die Hände vors Gesicht.
    Barsch sagte Merivan: »Wenn du Hoffnung auf ein anständiges Leben hegst, dann wirst du können müssen.«
    »Ein anständiges Leben!«, sagte Telmaine durch ihre Finger. Sie wollte lachen, wollte kreischen. »Alle Hoffnungen auf ein anständiges Leben starben, als ich … « Zum ersten Mal die Gedanken eines anderen gespürt habe? Warum sollte man eine Fünfjährige verdammen? Als ich beschloss, mein Geheimnis für mich zu behalten, wenn ich auch kaum ahnte, was es bedeutete, Magierin zu sein, und lediglich wusste, dass mein Geständnis mein Kindermädchen zu Tränen erschreckte? Als ich meine Magiersinne dafür verwendete, einen Mann zu finden, der mich lieben und ehren und mich nicht als Trittbrett für seinen Ehrgeiz und als Gebärmaschine für seine Erben ausnutzen würde? Als ich mit dem berüchtigten Baron Strumheller getanzt habe, trotz seiner Hände in den Handschuhen und seines

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