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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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klang auf, verschmolz mit der Begleitung des Weihnachtsliedes und war verklungen. Er schritt mit Merriman in das Licht hinein, in eine andere Zeit und ein anderes Weihnachtsfest; er sang, als könne er alle Musik der Welt in seinem Lied vereinigen — und er sang mit solcher Hingabe, dass der Chorleiter der Schule, der so streng auf erhobene Köpfe und weit geöffnete Münder achtete, vor Stolz und Überraschung verstummt wäre.

Das Buch Gramarye
    Sie standen wieder in einem hell erleuchteten Raum, einem Raum, wie Will noch nie einen gesehen hatte. Die Decke war hoch, mit Bäumen, Wäldern und Bergen bemalt; die Wände waren mit einem golden glänzenden Holz getäfelt, hier und da waren weiß strahlende, kugelförmige Lampen angebracht. Der Saal war von Musik erfüllt, viele Stimmen hatten in ihr Lied eingestimmt, die Stimmen einer zahlreichen Gesellschaft, die wie auf einem bunten Bild im Geschichtsbuch gekleidet war. Die Frauen hatten entblößte Schultern und trugen Kleider mit bauschigen, kunstvoll gerafften und rüschenbesetzten Röcken; die Anzüge der Männer waren von dem Merrimans nicht sehr verschieden, auch sie trugen Fräcke, lange enge Hosen, weiße Rüschen oder schwarze Seidenbinden um den Hals. Will betrachtete Merriman genauer und merkte, dass die Kleider, die er trug, nicht eigentlich zu einem Butler passten, dass sie einem anderen Jahrhundert angehörten, nur wusste er nicht, welchem.
    Eine Dame in einem weißen Kleid kam auf sie zu, während die anderen ihr respektvoll Platz machten, und als das Weihnachtslied zu Ende war, rief sie: »Wie schön, wie schön! Kommt herein, kommt herein!«
    Die Stimme war genau wie die von Miss Greythorne, und als er zu der Dame aufblickte, sah er, dass es wirklich Miss Greythorne war. Es waren dieselben Augen, das schmale Gesicht, dieselbe freundliche, aber gebieterische Art — nur war diese Miss Greythorne viel jünger und hübscher.
    »Komm, Will«, sagte sie und nahm ihn bei der Hand. Sie lächelte ihm zu und er ging willig mit ihr; es war klar, dass sie ihn kannte und dass auch die anderen, Männer und Frauen, junge und alte, alle lächelnd und fröhlich, ihn kannten. Der größte Teil der glänzenden Gesellschaft verließ jetzt zu zweien oder in plaudernden Gruppen den Raum und ging den köstlichen Gerüchen nach, die deutlich anzeigten, dass irgendwo im Hause der Abendbrottisch gedeckt war. Aber eine Gruppe von vielleicht zwölf Personen blieb.
    »Wir haben auf dich gewartet«, sagte Miss Greythorne und zog ihn in den Hintergrund des Saales, wo in einem reich verzierten Kamin ein warmes, freundliches Feuer flackerte. Sie blickte auch Merriman an, richtete ihre Worte auch an ihn. »Wir sind bereit — es gibt kein — Hindernis.«
    »Sind Sie sicher?« Merrimans Antwort kam schnell und dunkel wie ein Hammerschlag und Will blickte neugierig zu ihm auf. Aber das hakennasige Gesicht war so verschlossen wie immer.
    »Ganz sicher«, sagte die Dame. Plötzlich kniete sie neben Will nieder, ihr Rock bauschte sich um sie wie eine große weiße Blume; sie war jetzt auf Augenhöhe mit ihm, nahm seine beiden Hände, sah ihm in die Augen und sagte leise und eindringlich: »Es ist das dritte Zeichen, Will. Das Zeichen aus Holz. Wir nennen es manchmal das Zeichen des Lernens. In jedem Jahrhundert, Will, alle hundert Jahre seit dem Beginn muss das Zeichen des Holzes erneuert werden, denn es ist das einzige der sechs, das seine Natur nicht unverändert erhalten kann. Alle hundert Jahre haben wir es erneuert. Und dies wird das letzte Mal sein, denn wenn dein eigenes Jahrhundert kommt, wirst du es für alle Zeit nehmen, wirst die Zeichen vereinen und dann braucht es nicht mehr erneuert zu werden.«
    Sie stand auf und sagte laut: »Wir freuen uns, dich zu sehen, Will Stanton, Zeichensucher. Sehr, sehr froh sind wir.« Ein zustimmendes Gemurmel setzte ein, hoch und tief, weich und fest; alle drückten ihr Einverständnis aus. Will dachte, es ist wie eine Mauer, an die man sich anlehnen kann, die einen stützt. Er fühlte eine Welle von Freundschaft, die ihm aus dieser kleinen Gruppe unbekannter, wohlgekleideter Menschen entgegenschlug, und er fragte sich, ob sie wohl alle Uralte seien. Er blickte zu Merriman auf und grinste vor Freude. Merriman lächelte mit einem solchen Ausdruck von offener Freude und Erleichterung zurück, wie Will ihn bis jetzt noch nie auf dem strengen, eher grimmigen Gesicht gesehen hatte.
    »Es ist beinahe Zeit«, sagte Miss Greythorne.
    »Zuerst sollten

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