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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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gewöhnlich von Lieferanten benutzt — und von Butlern.« Er lächelte Will verschmitzt zu.
    »Und hier ist wirklich einmal die alte Schmiede gewesen?«
    »Auf alten Plänen des Schlosses heißt es das ›Schmiedetor‹«, sagte er. »Historiker, die über Buckinghamshire und über Huntercombe schreiben, zerbrechen sich gern den Kopf, warum es so heißt. Sie raten immer falsch.«
    Will blickte durch die Bäume zu den hohen gotischen Kaminen und Giebeln des Schlosses hinüber. »Ist Miss Greythorne zu Hause?«
    »Ja, sie ist jetzt zu Hause. Aber hast du sie nicht in der Menge gesehen?«
    »Der Menge?« Will merkte, dass sein Mund vor Erstaunen offen stand und machte ihn schnell zu. Widersprüchliche Bilder jagten durch seinen Kopf. »Wollen Sie sagen, dass sie eine der Uralten ist?«
    Merriman zog die eine Augenbraue hoch: »Nun komm schon, Will, dein Verstand hat dir das längst gesagt.«
    »Ja ... nun, doch. Aber ich wusste nie genau, welche Miss Greythorne zu uns gehörte, die eine von heute oder die von der Weihnachtsfeier. Nun, nun ja, ich glaube, ich wusste auch das.« Er blickte zaghaft zu ihm auf. »Es ist dieselbe, nicht wahr?«
    »So ist es schon besser«, sagte Merriman. »Und Miss Greythorne gab mir, während du und John Wieland Smith bei der Arbeit wart, zwei Geschenke zur Zwölften Nacht. Das eine ist für deinen Bruder Paul und das andere ist für dich.« Er zeigte Will zwei kleine Päckchen, die in etwas Seidiges eingewickelt waren, dann ließ er sie wieder unter dem Umhang verschwinden. »Das Geschenk für Paul ist sozusagen ein normales Geschenk. Mehr oder weniger. Deins ist etwas, das du erst in der Zukunft benutzen darfst, wenn dein eigenes Urteil dir sagt, dass du es brauchst.«
    »Die Zwölfte Nacht«, sagte Will. »Ist das heute?« Er blickte zum grauen Morgenhimmel auf. »Merriman, wie haben Sie es fertig gebracht, dass meine Familie mich nicht vermisst hat? Geht es meiner Mutter wirklich gut?«
    »Natürlich«, sagte Merriman. »Und du hast die Nacht schlafend im Schloss verbracht ... Komm jetzt, das sind nur unwichtige Dinge. Ich kenne alle deine Fragen. Du wirst die Antworten bekommen, wenn du erst zu Hause bist, und in Wirklichkeit kennst du sie auch schon.«
    Er senkte sein Gesicht zu Will hinunter und die tiefen dunklen Augen starrten ihn zwingend wie Basiliskenaugen an: »Komm, Uralter«, sagte er leise, »erinnere dich. Du bist kein kleiner Junge mehr.«
    »Nein«, sagte Will. »Ich weiß es.«
    Merriman sagte: »Aber manchmal fühlst du, wie viel angenehmer das Leben wäre, wenn du es doch noch wärst.«
    »Manchmal«, sagte Will und grinste. »Aber nicht immer.«
    Sie wandten sich um, traten über das Rinnsal am Straßenrand hinweg und gingen zusammen die Huntercombe Lane hinunter auf das Haus der Stantons zu.
     
    Es wurde heller und ein Lichtstreifen zeigte sich vor ihnen am Horizont, dort, wo gleich die Sonne aufgehen würde. Ein dünner Nebel hing über dem Schnee zu beiden Seiten der Straße, wand sich um die kahlen Bäume und die kleinen Rinnsale. Es war ein verheißungsvoller Morgen, der dunstige, wolkenlose Himmel zeigte schon ein zartes Blau, ein Himmel, wie Huntercombe ihn schon seit langem nicht gesehen hatte. Sie gingen nebeneinander her wie alte Freunde, ohne viel zu sagen, teilten sich das Schweigen, das nicht so sehr Schweigen ist als vielmehr eine Art von stummem Gespräch. Ihre Schritte hallten auf der nackten, feuchten Straße; sonst war im Dorf nichts zu hören außer dem Lied einer Drossel und dem Geräusch von entferntem Schneeschaufeln. An der einen Seite ragten kahle Bäume empor und Will merkte, dass sie am Krähenwäldchen angekommen waren. Er schaute nach oben. Kein Laut kam aus den Bäumen oder aus den unordentlichen großen Nestern hoch oben in den nebelverhangenen Zweigen.
    »Die Krähen sind sehr still«, sagte er.
    Merriman sagte: »Sie sind gar nicht da.«
    »Nicht da? Warum nicht? Wo sind sie?«
    Merriman lächelte, ein kurzes, grimmiges Lächeln. »Wenn die Himmelhunde jagen, darf sich kein Tier und kein Vogel sehen lassen, sonst werden sie vor Angst wahnsinnig. In diesem ganzen Königreich werden die Bauern da, wo Herne mit der Wilden Jagd vorbeigekommen ist, ihre Tiere nicht mehr finden, wenn sie gestern frei herumgelaufen sind. In den alten Tagen wusste man das besser. Überall auf dem Lande wurden am Vorabend der Zwölften Nacht die Haustiere eingesperrt, für den Fall, dass die Jagd ritt.«
    »Aber was geschieht? Kommen sie um?« Trotz aller

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