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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Grenze haben sie aus den wenigen Tieren gezüchtet,
die das Massensterben überlebt haben. Ist streng mit den Schafen und sieht gut aus.« Er räusperte sich und machte eine förmliche Geste. »Oh, ich fürchte, ich werde nachlässig. Cohen, darf ich dir Dibbuk vorstellen. Dibbuk, das ist Cohen.«
    Cohen lachte und vergrub das Gesicht im dichten Fell der Hündin. Dann stand er auf, und nach einem unmerklichen Moment des Zögerns trat er vor und umarmte den Fremden. Sie küssten sich ausgiebig auf arabische Art. Dann nahm Cohen das Gesicht des Menschen zwischen die Hände und sah ihn aus einer Armlänge Abstand auf eine Weise an, die Arkady plötzlich erkennen ließ, wie alt die KI sein musste und dass selbst Menschen, die sie als Freunde betrachtete, auf sie wie Kinder wirkten.
    »Du brauchtest doch nicht gleich mit der Kavallerie aufzulaufen«, sagte der Mensch. »Du hättest mich bitten können, dich in deinem Hotel zu besuchen. Äh … ach ja, richtig … nun, es scheint mir, ich sollte doch etwas öfter nach meiner Post sehen.«
    »Ach, Gavi«, sagte die Maschine und tätschelte den Mann mit derselben offenen, unkomplizierten, ehrlichen Zuneigung, die er eben für den Hund gezeigt hatte. »Was soll ich nur mit dir machen?«
     
     
     
    S ie folgten Gavi zwischen den hohen Bäumen bis zu einem Gebäude, das man wie ein Messer in die Hügelflanke getrieben hatte. Er blieb vor einer Glastür stehen, die für ganze Busladungen von Touristen bemessen worden war, und lächelte sein süßes, verwundetes, selbstironisches Lächeln. »Wir wissen alle, was die Spinne zur Fliege sagte und wie das Ganze endete«, sagte er. »Aber kommt trotzdem rein.«

    Das riesige Foyer verlor sich zu allen Seiten in Staub und Schatten. Gavi schritt zielstrebig über das ausgedehnte, widerhallende Marmorparkett und duckte sich unter einer herabhängenden Feuertür hindurch in ein schlecht beleuchtetes Labyrinth aus Wartungskorridoren und Verwaltungsbüros.
    Arkady hatte das Gefühl, als ob er in ein Theater geführt wurde, auf die Bühne stieg und über die Seitenbühne in die engen Korridore und Garderoben vordrang, wo die Schauspieler lebten. Dieser Teil des Gebäudes wirkte zugleich verlassen und voller Unordnung. Gavi schien hier mehr zu kampieren als zu wohnen, und der leichte Kerosingeruch in der Luft deutete auf mehr als gelegentliche Stromausfälle hin.
    Unterwegs kamen sie an einem Zimmer voller schmutziger Wäsche vorbei. Gavi zog die Tür zu, grinste verlegen und murmelte etwas in der Art, dass das Hausmädchen frei habe. »Wenn ich gewusst hätte, dass ihr kommt, hätte ich mir Schuhe angezogen«, sagte er, ohne dass der Zusammenhang im ersten Moment erkennbar war, »aber als ich zuletzt in der Stadt war, habe ich vergessen, mir Socken zu kaufen. Und eigentlich sollte ich die waschen, die ich habe. Aber irgendwie ist mir das ganze Wäschewaschen in diesem Monat über den Kopf gewachsen.«
    Li schnaubte.
    »Ich habe das übermenschliche Talent, Dinge auf die lange Bank zu schieben«, erklärte Gavi. Arkady fiel auf, dass er ebenso wie Osnat die Fähigkeit hatte, Dinge wie in Versalien auszusprechen. Vielleicht hatte es etwas mit dem Hebräischen zu tun. »Das Problem mit einem solchen Talent ist allerdings«, fügte er wehmütig hinzu, »dass man es nicht zum Bösen nutzen kann. Man kann es nur zum Nichtstun nutzen.«
    Osnat starrte ihn einen Moment lang konsterniert an, dann brach sie in Lachen aus.
    »Es ist schön, dich zu sehen«, sagte Gavi zu ihr. »Wie geht’s dir? Ich hoffe gut.«

    Sie runzelte die Stirn und schaute weg. »Warum sind wir eigentlich hier? Ich will in einer solchen Gegend ungern im Dunkeln nach Hause gehen.«
    Gavi wandte sich Cohen zu, und in seinem lebhaften Gesicht machte sich ein Ausdruck von Beunruhigung breit. »Ihr wollt doch wohl heute Abend nicht mehr zurück? Das wäre furchtbar gefährlich. Ich will meine Nachbarn nicht in Schwierigkeiten bringen, aber ich weiß zufällig, dass in den letzten sechs Monaten mindestens vier EMET-Patrouillen überfallen worden sind, weil es jemand auf ihre technische Ausrüstung abgesehen hatte.«
    »Das weißt du zufällig?«, fragte Osnat mit einer Stimme, die so hart wie ihr Blick war.
    »Ich muss hier draußen leben«, sagte Gavi schlicht.
    Osnat wandte sich ab, und ihr Mund zuckte dabei, als wollte sie ausspucken.
    Gavi blickte sie einen Moment lang an, bevor er sich wieder Cohen zuwandte. »Ihr bleibt doch sicher, oder nicht?«
    »Wir bleiben«, schaltete

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