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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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leise. »Und irgendwie scheint es ein Überlebenskampf immer mit sich zu bringen, dass ehrliche Idealisten von unehrlichen Manipulierern verdrängt werden.«
    »Das ist bei uns nicht anders«, sagte Osnat. »Es liegt in der Natur des Menschen. Und offenbar nicht bloß des Menschen. «
    Das unterste Scheit des Feuers leuchtete hellrot auf, knackte laut und zerfiel zu einem Stück Holzkohle. Die restlichen Scheite gerieten in Bewegung und rutschten nach. Aus der Dunkelheit außerhalb des Lichtkreises hörte Arkady die leisen, verstohlenen Geräusche des nächtlichen Lebens in der Wüste.
    »Diese Frau, die schwanger geworden ist, Arkady. War dein Freund wirklich sicher, dass es an dem Fieber lag?«
    »So sicher, wie man es bei Feldarbeit unter Zeitdruck sein kann.«
    »Was, meinst du, würde es mit uns Menschen anstellen? Was … nur als Beispiel … würde es deiner Meinung nach mit mir machen?«
    Arkady starrte sie durch das Feuer hindurch an, aber die Augen, die seinen Blick erwiderten, waren nicht Osnats Augen; es waren die Augen eines Kaninchens, das vor einem Fuchs davonlief. Ein qualvolles Schuldgefühl zog Arkady die Brust zusammen und machte ihm schwer zu schaffen. Wenn das Novalis-Virus und die Fruchtbarkeit, die es mit sich brachte, Osnats Begehren weckte, was würde der Rest ihrer Spezies tun? Wie tief würde der Wahnsinn reichen? Und welch einen brutalen Preis würden die Erdbewohner zahlen müssen, wenn ihre rasch wachsende Bevölkerung sie in einen offenen Krieg mit dem Orbitalring trieb? Zum erstem Mal verstand Arkady die Myriaden Auswirkungen,
die das Virus in Schockwellen um die Erde schicken würde – so dramatisch und unumkehrbar wie das Auslösen einer Kaskadenreaktion in einer frisch terraformten Biosphäre. Wie weit würden sich die Schockwellen ausbreiten? Würden sie das zarte Spinnennetz zerreißen, das die Erde mit den abhängigen Bevölkerungen ihrer entlegenen Kolonien verband?
    Wie viel Blut würde an seinen Händen kleben, wenn es vorbei war?
    »Das menschliche Immunsystem unterscheidet sich grundlegend von unserem«, erklärte er, um der Frage auszuweichen. »Es könnte sein, dass nichts geschieht. Es könnte auch sein, dass dich das Virus umbringt.«
    »Vorausgesetzt, dass ich mich bei dir mit dem Virus anstecken kann.« In einem Funkensprühen rutschte ein Scheit zu Boden. Arkady hörte das Blut in seinen Ohren pochen, spürte die Wölbung des Planeten, die unter ihm in die Dunkelheit abfiel. »Ist das möglich?«
    »Vielleicht hast du dich schon angesteckt.«
    Er sprach die Worte aus, ohne dass er sich bewusst dazu entschlossen hatte. Selbst als er in ihrem Gesicht das Verständnis dämmern sah, war er sich bei weitem nicht sicher, ob er das Richtige getan hatte.
    »Bist du dir sicher?«, fragte Osnat. Das Begehren war aus ihrer Stimme verschwunden. Sie war wieder die abgebrühte und praktisch denkende Soldatin. »Hast du Beweise?«
    »Keine Beweise. Nur … es passte auf einmal alles so gut zusammen, als ich mich fragte, ob Korchow mich geschickt hat, um das Virus zu verkaufen oder um es zu verbreiten.«
    »Hast du es sonst jemandem gesagt?«
    Er zögerte. »Nein.«
    Sie bezweifelte es. Er sah es ihr an. Aber sie wandte den Blick ab und beließ es dabei.
    »Das ändert alles«, sagte sie nach kurzem Schweigen. »Didi muss davon erfahren.«

    »Aber wie sollen wir ihn erreichen?«
    »Nicht über Ash. Alles, was Ash weitergibt, geht über zu viele Schreibtische, bevor Didi es zu Gesicht bekommt. Wir müssen uns an jemanden wenden, der direkten Kontakt zu Didi hat und die üblichen Kanäle umgehen kann.«
    »Gavi?«
    »Nein!«
    Er dachte wehmütig an Safik, verdrängte aber den Gedanken, weil er ohne nachzufragen wusste, wie sie reagieren würde, wenn er vorschlug, sich PalSec anzuvertrauen. Dann fiel ihm ein, was Safik über Cohen gesagt hatte, dass er nämlich alles tun würde, um seine Freunde zu beschützen.
    »Wie wär’s mit Cohen?«, fragte er. »Hat er eine direkte Verbindung zu Didi?«
    »So direkt wie kein anderer.«
    »Dann wenden wir uns an Cohen. Direkt. Nicht über Li. Wir bitten die Maschine, uns zu helfen.«
     
    Allerdings stellte sich heraus, dass es nicht so einfach war, die Maschine zu erreichen.
    »Er ist nicht hier«, sagte Li, als sie endlich durchgestellt worden waren. Sie sagte es in einem Ton, der andeutete, dass sie nicht mehr verraten durfte.
    »Wann wird er denn wieder zurück sein?«
    »Woher soll ich das wissen? Wer ist denn am Apparat? Warum kann ich

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