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Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)

Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)

Titel: Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Bay
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nun, Zufall sah anders aus.
    Doch während sich in Island die vier Seelen von Ju, Elín und ihren beiden akkadischen Bestien miteinander anfreundeten, geriet in Enûma etwas außer Kontrolle.
    Jolina hatte herausgefunden, dass ihr Bruder Noah seine Aufgaben als Ahn mit besorgniserregender Achtlosigkeit vernachlässigte. Völlig außer sich lief sie in diesem Moment in der großen Säulenhalle im Tempel der Ishtar auf und ab, spielte an ihren goldenen Fingernägeln herum und ließ ihre weiße Robe bei jeder Drehung durch die Luft wirbeln.
     
    Die Halbgöttin verzweifelte. Was sie soeben gesehen hatte, ließ ihr gesamtes Weltbild einstürzen.
    Noah …
    Jolina müsste ihren eigenen Bruder anklagen.
    „Verdammter Narr!“, entfuhr es ihr. Hatte er nicht genug durchgemacht? War denn nichts für ihn eine Lehre gewesen?
    Sie musste etwas unternehmen. Ihre Mutter durfte nichts davon erfahren. Noah mochte es egal sein, ob er bestraft würde. Doch Jolina ertrug es kein zweites Mal, ihn diesen Qualen ausgesetzt zu sehen.
    Die Ahne raffte ihre Robe und eilte die Halle hindurch nach draußen, wo sie von warmer Sommerluft empfangen wurde. An den meterhohen Säulen vorbei lief sie die Treppe hinunter und verlangsamte zu einem normalen Schritttempo, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Sie scherte nach rechts herum, passierte den Tempel ihrer Mutter und folgte dem gepflasterten Weg Richtung Zentrum.
    Um diese Tageszeit spazierten nur wenige Bewohner durch die göttliche Stadt. Aus den umliegenden Monumenten drangen Stimmen, Gelächter und Musik nach draußen. Doch der Frieden, der die Umgebung einhüllte, konnte die Angst in Jolina nicht besänftigen.
    Wenige Querpassagen hinter dem Tempel befand sich der zentrale Platz der Götterstadt. Sie schritt die Treppen hinunter und schaute sich um. Niemand hier, der sie kannte.
    Um die Bauwerke rankten sich Bäume und Pflanzen jeder Art. Tausende farbenfrohe Blütenblätter wirbelten durch die Luft, zeichneten Kreise und Schleifen und liebkosten jeden, der ihren Weg kreuzte. Sie verweilten einen Augenblick in Jolinas blonden Locken und setzten ihre Reise fort gen Himmel. Hinter wenigen Wolken schimmerte das Firmament orange und türkis hervor und kündete die bevorstehende Nacht an. Die Zeit in Enûma war eine andere, verlief langsamer und damit auch ruhiger als auf der Erde. Zumindest empfand Jolina dies so.
    Sie überquerte den zentralen Platz, ging an dem imposanten Springbrunnen vorbei und grüßte Armada, die ihr entgegenkam, mit einem freundlichen Kopfnicken. Die Tochter des Feuergottes Nusku würde Jolina sicher nicht verraten, kam sie doch selbst aus eben jenem Seitenweg, der auch Jolina in den Wald führen würde. Durch schmale Gassen, hinaus aus dem Zentrum der Stadt, führte ein Pfad, den nur wenige beschritten. Wenn man hier gesehen wurde, wusste jeder, wohin man ging. Sich der Tragweite dieser Entscheidung bewusst durchquerte Jolina die Pforten der Außenmauer.
    Das Licht wurde schwächer, Geräusche und Stimmen verstummten, wurden vom Dickicht der Pflanzen verschluckt. Auf weichem Gras folgte sie dem Weg durchs Grün. Nur abendliches Zirpen und Zwitschern begleiteten sie. Von den Blättern der Bäume tropften Wasserperlen hinab und die Luft um sie herum wurde zunehmend schwüler.
    Die Halbgöttin war erst ein einziges Mal hier gewesen. In diesem Wald sollte man sich als Frau ihres Standes nicht sehen lassen. Aber das alles spielte momentan keine Rolle.
    In der Ferne tauchte ein warmes Licht auf. Der Duft, der den Wald erfüllte, wurde schwerer, die Luft noch feuchter, sammelte sich auf Jolinas Haut und perlte hinab.
    Mit einem mulmigen Gefühl im Magen tauchte sie unter einer Liane hindurch und trat aus dem Pflanzenmeer.
    Vor ihr lag die Brücke, die sie auf die Insel der Nihren führen würde – ein Ort, der viele anzog, und ein Ort, von dem manche nie zurückkehrten. Wie bei jeder anderen Brücke im Götterreich Enûmas glitzerte die Balustrade in sattem Gold. Nebel schlich über die hellen Steine hinweg, verursacht durch die Wasserfälle, die rechts und links der Brücke ins Bodenlose fielen. Auch der Wind trug diese Feuchtigkeit in sich.
    Jolina betrat die Verbindung zur nächsten Insel und lugte vorsichtig über den Rand.
    Was man von hier oben sah, ließ jeden, selbst die mächtigsten Götter, innehalten. Nur am Rande aller Inseln und auf den Brücken konnte man eins zu eins in die Welt der Sterblichen blicken. Genau unter Jolinas Füßen lag die Erde. Doch

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