Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)

Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)

Titel: Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jordan Bay
Vom Netzwerk:
schwarzen Wolke. Auch der Körper verdampfte, bevor er zu Boden sinken konnte. Tausend kleine Lichter strömten aus dem Dunst hervor und schossen gen Himmel – Seelen getöteter Menschen, die der Taryk einst in sich aufgenommen hatte.
    Nachdem sein Mitstreiter besiegt war, verlor der andere Gegner den Mut und flüchtete.
    Ju ließ das Kurzschwert einmal in der rechten Hand rotieren, holte aus und schleuderte es einem Wurfstern gleich in Richtung des fliehenden Taryk. Mit einem kurzen Ploppen durchdrang es dessen Hals und löste den Seelenreißer in Rauch auf.
    Der Akkadier holte Luft und krümmte sich vor Schmerzen. Aus der Wunde zwischen seinen Rippen lief goldenes Blut, und sie würde erst heilen, wenn er Nahrung zu sich nahm.
    Angestrengt säuberte er die Klinge des Gùn an seinem Leinenmantel und ließ den Langstock zurück in das Rohr an seinem Rücken gleiten. Dieser Angriff war alles andere als mühelos verlaufen. Wie würde wohl der nächste ausgehen? Falls Ju sich nicht nährte und er die Schwäche, die seinen Körper nach und nach lähmte, ignorierte, würde er das Schicksal herausfordern.
    Schicksal … „Als ob –“, entfuhr es Ju. Früher hatte er nie an den Entscheidungen der Götter gezweifelt. Aber wie lang war das Früher schon her?
    Der Boden unter seinen nackten Füßen wurde plötzlich heller.
    Ju sah nach oben in den Himmel.
    Tatsächlich strahlte ein Stern in ungewohnt starkem Licht am Firmament, so als hätte ihn jemand eben erst angezündet.
    Im Innersten des Akkadiers regte sich etwas. Kein Würgereiz, kein Schmerz, sondern etwas gänzlich anderes, geradezu Erhebendes.
    „Meine Güte! Diriri!“
    Ju langte nach seiner Brust und versuchte, die Flut in sich zu kontrollieren und zu verstehen. Sein Blut raste, seine Muskeln arbeiteten, die blasse Haut begann zu prickeln. Solch beflügelnde Unruhe hatte er … noch nie gespürt. Als hätte sein Körper erst jetzt zu leben begonnen.
    „Diriri, bist du es?“
    Sprach er gerade mit den Sternen? War es jetzt soweit? Verlor er den Verstand?
    Hinter dir!, flüsterte der Wind.
    Ju wirbelte herum. Doch dort war niemand, nur die lautlose Eislandschaft. Sein aufgebrachter Atem stieß weiße Wolken in die Nacht. Er hätte sich beruhigen müssen. Klar denken. Konzentrieren. Doch die Unruhe wollte einfach nicht verebben.
    Der Akkadier sah nach rechts, dann nach links. Bei Annelha! Hier war irgendetwas. Oder irgendjemand. Etwas suchte seine Aufmerksamkeit, verlangte Gehör, wollte erkannt werden. Und er wollte es finden.
    Ju versuchte seine Sinne, trotz der fehlenden Kraft, zu schärfen. Der Wind bewegte sich um ihn herum. Manchmal schien er Form anzunehmen, doch wenn Thanju blinzelte, war die Gestalt verschwunden.
    Etwas zog an ihm.
    Ein Duft.
    Akkadisches Blut?
    Heilige Muttergöttin! Sollte es möglich sein? War Diriri zurückgekehrt?
    Er rannte los.
    Der Akkadier beschleunigte mit aller Kraft, die ihm zur Verfügung stand, trieb mit solcher Geschwindigkeit in die Nacht hinein, dass er glaubte, die Besinnung zu verlieren, sobald er anhielt.
    Der Duft wurde stärker. Rückte näher. Immer intensiver.
    Eisiger Wind zerrte an Jus Mantel, jagte ihm Tränen in die Augen und leistete doch keinen Widerstand. Ließ den Unsterblichen passieren, wies ihm beinahe den Weg.
    Er musste schon mehrere Kilometer gerannt sein. Ohne Zweifel – akkadisches Blut. Diriri!
    Ju erklomm den nächsten Hügel, sprang hinab und lief weiter, folgte einer Fährte, von der er sich binnen Sekunden die Welt erhoffte, die Erlösung, die Wiedergutmachung.
    Schlitternd kam er auf dem Eis zum Stehen. Spitze Steine zerschrammten seine Fußsohlen. Jus Atem rasselte durch seine Lungen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Die Muskeln seiner Oberschenkel krampften panisch, befürchteten, noch mehr leisten zu müssen.
    Nein. Er war hier richtig. Er war angekommen.
    Langsam und mit dieser unbekannten Hoffnung in sich ging er den Hügel hinauf.
    Hatte er sie tatsächlich gefunden? Sollte sein Martyrium schon nach so kurzer Zeit vorbei sein?
    Ein letzter Schritt trennte ihn von der Quelle des Duftes.
     

Kapitel 3
     
    Elín war kurz davor, die gesamte Insel lautstark zu verfluchen. Sie hatte sich vollkommen verlaufen.
    Verlaufen, von wegen! Konnte man es überhaupt so nennen, wenn man in einer Gegend umherirrte, die man nie zuvor besucht hatte?
    Sie schlang die Arme um ihren Leib und versuchte, das letzte bisschen Wärme in ihrem Körper zu halten. Zwecklos. Mit jedem Schritt wurde sie

Weitere Kostenlose Bücher