Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)
bis ihr einfiel, was gerade passiert war.
„Krass. Er hat uns komplett vergessen. Deswegen sollte er es aufschreiben?“
Ju lächelte. „Als ob man so ein bezauberndes Wesen wie dich vergessen könnte.“
Der alte Schleimer!
„Du übertreibst!“, antwortete sie und musste dennoch grinsen.
Sie lenkte sich damit ab, Milch und Zucker in den Kaffee zu rühren, nahm die Tasse zur Hand und trank einen winzigen Schluck. Gott!, tat das gut. Als hätte sie seit Ewigkeiten keinen getrunken.
Thanju lehnte sich wieder zurück, legte die verschränkten Hände auf seinem nicht vorhandenen Bauch ab. Eine Geste, die eindeutig zu alt für ihn wirkte.
„Bist du nicht zu jung, um Kaffee zu trinken?“
„Hallo? Ich bin einundzwanzig!“
„Zu meiner Zeit hätte es das nicht gegeben.“
Er machte sich lustig über sie. „Zu deiner Zeit lebten auch noch Dinosaurier“, antwortete Elín und schlürfte zufrieden ihren Kaffee.
Ju kniff die Augen zusammen und stieß sie mit dem Knie an.
„Aua!“ Sie trat mit dem Schuh nach seinem Fuß, doch den hatte er schon außer Reichweite gezogen. „Blödmann.“
„Wusstest du eigentlich, dass Kaffee bei Akkadiern die Triebe anregt?“
„Ja! Na Klar. Und ich bin der Kaiser von China!“
Er lachte auf. „Nein. Das war ich. Aber mach dir nichts draus.“
Elín runzelte die Stirn. „Du sollst mich nicht ständig verarschen!“
Ju hob besänftigend die Hände, nicht ohne amüsiert zu grinsen. „Das tue ich nicht. Ich bin ehrlich zu dir. Wie du es wolltest.“
„Ach ja? Und wie lange bitte warst du Kaiser von China?“
Er schaute an die Decke, als würde er überlegen. „Von 889 bis 904 nach Christus. Dann ließ mich der Kanzler hinrichten“, erklärte er, als wäre es ein normaler Arbeitstag gewesen.
Elín kam der Anfang ihres Traumes wieder in den Kopf. Eine Hinrichtung. Genau das war es gewesen. „Oh Gott! Das ist wirklich passiert?“ Sie stellte die Tasse ab und klammerte sich daran fest.
Jetzt war er es, der die Augenbrauen zusammenzog. „Wie meinst du das?“
„Ich … hab geträumt, ich würde von lauter Schwertern durchbohrt werden. Nur, dass es sich echt anfühlte. Wie auch alles danach.“ Sie schluckte den Kloß hinunter, musste unweigerlich wieder an Li Zhu denken.
Ju stützte den Kopf in die Hände – eine Geste, die sie bei ihm noch nie gesehen hatte und die genauso wenig zu ihm passte.
Elín konnte nicht anders. Sie ließ ihre Tasse los und legte eine Hand auf seinen Unterarm. Sofort schloss er seine Pranke darum und sah sie an. Sein Gesicht sprach Bände, ganz anders als früher. Vielleicht hatte sich aber auch ihre Wahrnehmung ihm gegenüber geändert.
„Es war nicht so schlimm“, log sie.
Ju zog ihre Hand an seinen Mund und küsste sie, presste sie gegen seine Stirn. „Ich weiß noch sehr gut, wie es sich anfühlte.“
„Aber es ist vorbei“, beteuerte sie und legte ihre Hand an seine harte Wange.
„Ich wollte nicht, dass du das alles durchmachen musst.“
Die Akkadia fand es nicht schlimm. Es gehörte zu ihm und sie wollte all das wissen, würde jede seiner Erinnerungen teilen, egal ob Freude oder Leid.
„Ist schon okay.“
Er schüttelte den Kopf. „Du bist unglaublich.“
„Ich? Hallo? Du warst der Kaiser von China! Das ist mal unglaublich“, lachte sie.
„Das ist so lange her, dass es schon gar nicht mehr wahr ist. Ganz anders als das hier.“ Er küsste in ihre Handinnenfläche. Plötzlich spürte sie seine Zunge. Das Kribbeln kehrte schlagartig zurück. Elín zog an ihrer Hand, doch er hielt sie fest und biss leicht hinein. Und wenn sie ehrlich war, wollte sie ihre Hand eigentlich auch gar nicht zurückhaben. Er konnte mit ihr machen, was er wollte.
Sie versank in seinen dunklen Augen und ließ ihre Finger unter den Tisch gleiten, legte sie auf sein Knie und krabbelte den Oberschenkel hinauf. Sehr weit kam sie nicht, aber es reichte um ihn in Fahrt zu bringen. Und das freute sie. Wenigstens war sie mit ihrem Verlangen nicht allein.
„Ich könnte dich auffressen“, knurrte er gegen ihre Haut und brachte ihr Becken zum Zucken.
„Hach! Da kommt mein Essen!“, rief sie laut, beinahe hysterisch, und zog ihre Hände ruckartig an Ort und Stelle.
Während der Kellner ihren Teller vorsichtig abstellte und sie beide zum dritten Mal begrüßte, beobachtete Ju jeder ihrer Bewegungen und lehnte sich mit angespanntem Kiefer langsam zurück.
„Danke“, murmelte sie der Bedienung zu.
Thanjus Knie schlossen sich enger um
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