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Lichtschwester - 8

Lichtschwester - 8

Titel: Lichtschwester - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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höhnisch an und stieß der neben ihr liegenden toten
Großhexe die Stiefelspitze in die Rippen, und Reila klagte laut, als
sie Maers Leichnam so mißhandelt und geschändet sah. »Oh, wir
fanden«, fuhr er ruhig fort, »in einem Zelt so viele tote Frauen, wie
wir an Kriegern erschlagen hatten. Sie lagen starr, aber ganz un-
versehrt auf dem Boden, und auf ihren Lippen war nicht die Spur
von Gift.«
    Nun kniete er sich neben Reila und fragte leise: »Und warum bist
du noch am Leben ?«
    Ja, sie war noch am Leben. Aber jetzt, da der Schock der Schlacht
und die Verwirrung des Erwachens schwanden, ging ihr auf, was
das bedeutete.
    Und er wandte sich um, als ob er in ihren geweiteten Augen etwas
gelesen hätte, und beschrieb mit seinem Schwert einen Bogen, der
das ganze Schlachtfeld einschloß. »Seht nach, ob zwischen all den
Toten noch ein lebender Hrolf liegt. Aber tötet ihn mir nicht!«
  Reila, die dank seines Timbres und seiner Aussprache den Sinn des in Hrogi erteilten Befehls erfaßt hatte, stöhnte in ihrem Herzen.
Ja, nun würde der Häuptling das Geheimnis lüften, aufgrund des-
sen ihr Volk sein kleines Tieflandreich zwei Jahrhunderte lang ge-
gen alle Invasionsversuche hatte verteidigen können.
  Als sie sich mit Mühe auf die wackligen Ellbogen stützte und halb
aufrichtete, sah sie, daß zwei Hrogi von ihrer Leichenfledderei ab-
ließen und die gesamte Walstatt systematisch nach Überlebenden
abzusuchen begannen, und sah auch, daß der Krieger, der ihr das
Amulett geraubt hatte, sich ihnen sogleich anschloß.
  Drei Männer. Mit ihrem Häuptling vier. Wer von den Feinden
sonst noch lebte … lag schwer verwundet auf der blutgetränkten
Heide, machte mit seinen Schutzgöttern seinen Frieden und
würde ja bald seinen Verletzungen erliegen. Einen Sieg hatten
diese Invasoren eigentlich nicht errungen.
    »Ihr habt mich mehr Männer gekostet, als ich für möglich gehal-
ten hätte«, sagte der Häuptling. »Mehr, als ich riskiert hätte, wenn
ich das geahnt hätte. Aber vielleicht hat es sich am Ende ja doch
gelohnt.«
    Er erhob sich, steckte sein Schwert ein und holte aus den Falten
seines Armtuchs ein Halsband hervor, in dem Reila sofort das des
Großkriegers Fonis, des Mannes von Maer, erkannte. Und der
Hrogi-Anführer kniete sich neben Maers Leiche und legte diesen
Anhänger neben den der toten Großhexe.
    »Ich finde immer ein Gegenstück«, sagte der Häuptling. »Ja, jeder
Hrolf-Talisman hat eine eigentümliche Turmalinzier, aber zu je-
dem findet sich am Hals einer eurer Hexen das exakte Pendant.«
Die Bundwächter hätten ihre Amulette nicht in der Schlacht tra-
gen dürfen, dachte Reila bitter. Aber … wie hätten sie es über sich
bringen sollen, das Symbol ihres Bundes abzugeben?
  »Ich heiße Thros«, fuhr der Hrogi fort und erhob sich. »Und
du?«
    Da wandte Reila ihr Gesicht zur Seite, verweigerte ihm nicht nur
ihren Namen, sondern auch den Klang ihrer Stimme, die nicht
durch Hrogi-Ohren beschmutzt werden durfte.
  Der Häuptling schnaubte höhnisch. »Vielleicht bekomme ich ja noch Gelegenheit, deinen Namen zu erfahren.«
    Da wußte sie, daß er sie vorläufig am Leben ließe. Nicht für eine
Vergewaltigung, obwohl auch die wahrscheinlich dazugehören
würde - sondern um ihr ihr Wissen abpressen zu können.
  Thros. Der Name war ihr bekannt. Neffe des Königs von Hrog …
  Und Kommandeur der Invasionstruppen. Es mußte ihm viel daran
gelegen haben, ihre Schar zu vernichten. Hätte er sonst das Risiko
einer Verfolgungsjagd tief ins Landesinnere hinein auf sich ge-
nommen?
    Nun verstand sie auch, warum dieser Einfall so viel vernichtender
war als der ein Jahrzehnt zuvor und so viel bedrohlicher als alle
anderen seit der Vereinigung der drei Königreiche und der Bildung
der Bundgarde.
    Ein Aufschrei des Suchtrupps ließ Thros herumfahren und Reila
die Augen öffnen.
    Sie hatten Kelf gefunden! Mit all dem Blut, dem wüst zerhauenen
Kettenhemd und dem zerfetzten Wollwams sah er aus wie ein To-
ter. Aber Reila wußte, daß er noch am Leben war. Und auch Thros
wußte das.
    »Fesselt ihn gut und bringt ihn her«, befahl er. Sein Blick ruhte
schon auf Reila und las in ihrem Gesicht ihr Entsetzen.
Tränen rannen aus ihren Augen, gruben tiefe Rinnen in den
Schmutz auf ihren Wangen. Schrecklich fahl war ihr Mann! Die
feindlichen Krieger schleppten ihn, unter der Schwere des er-
schlafften Leibs ächzend, zur Spitze des Grabhügels und warfen
ihn einfach obenauf auf die Leichen von Hara

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