Lichtschwester - 8
kampfbereit.
Und die Angriffswelle der wilden Hrogi brach sich an ihrer Mauer
aus Schilden, Panzern und Waffen.
Kelf schlug seinem Gegner die drohend gereckte Speerspitze ab
und lähmte ihm mit einem Fußtritt das Knie, fand aber nicht die
Zeit, ihm einen tödlichen Streich zu versetzen. Denn schon stürzte
sich ein halbes Dutzend Hrogi mordlüstern auf ihn, und die Ge-
fährten zu seiner Linken und Rechten waren viel zu sehr mit ihren
Gegnern beschäftigt, um ihm beistehen zu können.
Eine Streitaxt traf ihn in die Seite. Die Klinge schälte Haut und
Muskel von den Rippen, und zerbrochene Glieder seines Ketten-
hemds durchbohrten ihm die Adern. Er taumelte benommen.
Aber Reila nahm seine Schmerzen in sich auf. Sie schrie laut auf,
wie immer, bei seiner ersten Verwundung in einer Schlacht. Und
Kelf stieß, vom Schmerz erlöst, dem Axtkämpfer die Spitze seines
Schwerts durchs Panzerhemd mitten ins Herz.
Reila leitete ihre Schmerzen so schnell wie möglich in die Erde ab -
was ihr aber wie immer zu langsam zu gehen schien —, und die
Göttin schickte ihr dafür jäh Genesungskraft und neue Stärke. Ihr
Energiestoß traf sie wie ein machtvoller Kuß. Sie formte ihn neu
und sandte ihn Kelf zu.
Nun wuchsen die durchgetrennten Muskeln des Bundkriegers
wieder zusammen, sein Leib spie die Metallsplitter aus, und seine
Haut schloß sich über der Wunde. Und das alles erfolgte so rasch,
daß Kelf schon fast wieder heil und unversehrt war, als er mit
einem Ruck sein Schwert zu lösen suchte.
Aber die Klinge saß so fest im Kettenhemd des Axtkämpfers, daß
es Kelf Zeit kostete, sie herauszuziehen. Schon streifte eine Keule
seinen Helm, trafen Breitschwerter seine Oberarmschienen.
Reila ließ das Dröhnen und Klingen in seinem Kopf verstummen
und nahm den Schwerthieben ihre Wirkung - die Schläge hatten
ihn zwar nicht verletzt, waren aber so wuchtig gewesen, daß sie
seine Arme ohne ihr Eingreifen für eine Weile gelähmt hätten.
Einer der Hrogi, der Kelfs Benommenheit ausnutzen wollte und
zum Hieb seine eigene Deckung öffnete, bezahlte die Keckheit mit
dem Leben.
Reila sog noch mehr von Kelfs Schmerzen ab - das strengte sie so
an, daß ihr der Schweiß ausbrach und ihr das Haar näßte und von
der Nase troff. Die Göttin gab ihr großmütig noch mehr von ihrer
Essenz. Und sie leitete die Gabe an ihren Mann weiter.
Sie nahm, obwohl auf Kelf konzentriert, doch das ganze Gesche-
hen wahr: Die Hrogi stürmten von allen Seiten an. Schon lagen
einige sterbende Inselkrieger zwischen den Heidekrautbüschen
und Steinen und Grasbüscheln. Aber die fünf Bundkrieger teilten
unbeirrt ihre Hiebe aus und bremsten so den Ansturm. Und doch
zogen die Feinde ihren Kreis um den Grabhügel immer enger,
wenn auch nur um einen hohen Preis an Blut und Menschen-
leben.
Als aber die Hrogi sahen, daß diese Bundkrieger Hiebe und Wun-
den überlebten, die für gewöhnliche Männer Ohnmacht oder Tod
bedeutet hätten, konzentrierten sie die Attacke auf die fünf. Reila
konnte Kelf in dem wilden Getümmel kaum mehr ausmachen.
Aber es griffen so viele Hrogi zugleich an, daß sie sich gegenseitig
in die Quere kamen - und der Großkrieger Fonis in dieser Schar
leichter Ziele mit seiner Streitaxt wahre Verheerungen anrichten
konnte.
Reila war von dem Schmerz schon so betäubt und von der ständi-
gen, unsäglichen Mühe, enorme Energiemengen zu kanalisieren,
schon so verwirrt, daß ihr Tranceblick nun über das Getümmel
hinwegglitt.
Da sah sie am Rand der Walstatt einen athletischen Hrogi-Krieger
stehen. Er trug einen Helm mit zwei gewaltigen Wisenthörnern
und einem Zierstreif aus winzigen Rubinen. Den linken Arm hatte
er in einer Schlinge ruhen, und mit der rechten Hand, die ein
Fäustling aus Leder und Stahl schützte, schwang er sein blankes, noch nicht mit Blut bedecktes Breitschwert, und er schwang es so
locker, als ob es eine ranke Weidengerte und nicht eine für zwei
starke Hände bestimmte Klinge sei.
Der Anführer. Reila sandte ein stummes Stoßgebet zum Himmel,
daß einer ihrer Krieger sich aus dem Schlachtgewühl löse, um sich
auf den Mann zu werfen und ihm den reichverzierten Helm samt
Kopf zu spalten. Denn der mußte die treibende Kraft hinter den
ständigen Hrogi-Attacken der letzten beiden Tage gewesen sein.
Aber Kelf konnte ihr Flehen zum Glück nicht hören. Er hätte sich
auch dann nicht von der Stelle rühren können, wenn die Hiebe
nicht so dicht auf ihn niedergesaust wären. All das vergossene
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